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Forschungsprojekt in Karlsruhe: Pakete kommen mit der Straßenbahn ans Ziel

Die Stadtbahn als Paketzustellerin: In Karlsruhe endete nach drei Jahren das Projekt LogIKTram der kommunalen Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG). Es könnte den Gütertransport in Innenstädten umweltfreundlicher machen.

von Uwe Roth · 26. Juli 2024
Männer in Warnwesten mit Transportwagen vor einer Straßenbahn

Paket-Transport mit der Straßenbahn: Zum Abschluss des Forschungsprojektes in Karlsruhe wurde ein Prototyp präsentiert.

Wird aus dem Versuch ein Regelbetrieb, müssen sich Fahrgäste der AVG an eine autonom fahrende Gepäckbox als Mitreisende gewöhnen. Die Stadtbahn ist dann auch eine Gütertram. Der Kasten auf drei Rädern wartet auf einem Podest an der Haltestelle, bis sich die Türen der Stadtbahn geöffnet haben. Dann rollt er leise surrend im Zugabteil zur freien Fläche, auf der üblicherweise Fahrräder oder Kinderwagen abgestellt werden. Erreicht die fahrende Box ihr Fahrziel, sucht sie mit ihren Kameraaugen den Ausgang der Bahn.  

An der Haltestelle wird sie an ein Elektro-Lastenrad gehängt und von einem Kurier zur endgültigen Lieferadresse gebracht. In der Innenstadt ist die Stadtbahn in der Regel schneller als ein Transportfahrzeug, dass sich durch den Verkehr und das Einbahnstraßen-System quälen muss. Eine interessante Alternative zum klassischen Gütertransport sind Stadt- und Straßenbahnen, seit sie vielerorts ihre eigene Trasse haben und deswegen nie im Stau stehen. Und eine Parkplatznot gibt es auch nicht.

Auch eine Hofladen-Tram ist in Arbeit

Betreiber der Bahn in Karlsruhe und Umgebung ist die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD). Das kommunale Unternehmen hat bereits einiges ausprobiert, um die Vorteile des Schienenverkehrs nicht nur für den Transport von Menschen zu nutzen, sondern auch zu anderen Zwecken. So war ebenfalls vor drei Jahren der Versuch gestartet worden, aus einer Tram einen mobilen Hofladen zu machen. Im Gegensatz zu LogIKTram ist das Forschungsprojekt noch nicht abgeschlossen. Zwar findet man im Internet bereits einen Onlineshop, wo man künftig Produkte für die „Hofladen-Tram” bestellen kann, doch dieser ist bisher nur ein Entwurf.

Was Forschung und Wissenschaft betrifft, kann die Stadt Karlsruhe aus dem Vollen schöpfen. Institute gibt es in der Region in hoher Zahl. Sind es beim Stadtbahn-Hofladen Forschende der nahen Hochschule Offenburg, kommt die wissenschaftliche Begleitung des LogIKTram-Projekts gleich von mehreren Einrichtungen. Beteiligt sind das FZI Forschungszentrum Informatik, die Hochschule Offenburg, die INIT GmbH, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Marlo Consultants GmbH, die SimPlan AG, und die DB Engineering & Consulting GmbH.  

Forschungsbudget von 4,18 Millionen Euro

Das zeigt, die Projektpartner schätzen das Einsatzpotenzial von LogIKTram als hoch ein. Zu den Förderern gehört auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das 2,75 Millionen Euro beigesteuert hat. Insgesamt betrug das Budget für die dreijährige Laufzeit 4,18 Millionen Euro. Der Einsatz der Mittel soll sich schon deswegen lohnen, weil LogIKTram als Vorbild für andere Städte mit Straßenbahn- oder Stadtbahnnetzen dienen soll. Der regionale Schienenverkehr soll in die städtische Logistik einbezogen werden, so der Auftrag an die Forschenden. In der mobilen Gepäckbox steckt viel Hightech aus dem Bereich autonomes Fahren, und auch die Stadtbahn, die zu Demonstrationszwecken im Einsatz ist, musste für LogIKTram befahrbar gemacht werden.  

Laut der Pressestelle der AVG wurden beim LogIKTram-Projekt zwei sehr unterschiedliche Systeme zusammengebracht: die des Personenverkehrs und die der Logistik. Dafür habe es bisher weder Standards noch Schnittstellen für einen Datenaustausch gegeben. Zur Evaluierung des Konzepts wurde mit Simulationen gearbeitet. Sie veranschaulichten das Zusammenspiel von Fahrzeug, automatisierter Ladung und den Fahrten sowie die logistischen und bahnbetrieblichen Planungs- und Steuerungsprozesse.

LogIKTram könnte ab 2027 in den Dauereinsatz

Christian Höglmeier, technischer Geschäftsführer der AVG, sagte bei der Präsentation: „Ich freue mich sehr über den erfolgreichen Abschluss unseres gemeinsamen Forschungsprojekts. Diese Grundlagen-Arbeit ist von entscheidender Bedeutung, damit wir in möglichst naher Zukunft Güter klimafreundlich mit unseren Stadtbahnen in Karlsruhe transportieren können.“ Nach den aktuellen Plänen könnte dies ab 2027 der Fall sein. Dann wäre LogIKTram für das kommunale Verkehrsunternehmen eine zusätzliche Einnahmequelle. 

Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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