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Greensill-Pleite: Städte wollen Geld zurück

50 Kommunen und kommunale Eigenbetriebe haben bei der Bremer Greensill Bank Geld angelegt. Für sie hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in dieser Woche beim Amtsgericht einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Der Schaden liegt bei schätzungsweise 500 Millionen Euro.
von ohne Autor · 18. März 2021
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Das war der sprichwörtliche Schlag ins Kontor. Am 3. März verbot die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) der Bremer Greensill Bank praktisch jegliche Geschäftstätigkeit – Fachleute sprechen von Veräußerungs- und Zahlungsverbot oder Moratorium. Dieses beinhaltet die Schließung für den Kundenverkehr sowie das Verbot, Zahlungen entgegenzunehmen, die nicht zur Schuldentilgung dienen. So schreibt es die Bafin in ihrer Mitteilung. Sie begründet den Schritt mit drohender Überschuldung. In dieser Woche nun hat die Bafin einen Antrag auf Insolvenz gestellt, den das zuständige Amtsgericht Bremen inzwischen zugelassen hat. Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Bilanzfälschung.

Seit 2017: Keine Einlagensicherung

Es ist nicht die erste Bankpleite in der Bundesrepublik. Doch diese ist etwas Besonderes, denn rund 50 Kommunen, kommunale Eigenbetriebe und Rundfunkanstalten der ARD haben Geld in Höhe von 500 Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt. Das ist nun wohl verloren, weil öffentliche und öffentlich-rechtliche Einrichtungen seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 weder über die gesetzliche Einlagensicherung noch über einen Einlagenfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) abgesichert sind. Dieses Privileg haben nur Privatanleger. Vater Staat erstattet Einlagen bis zu 100.000 Euro, der BdB-Fonds ist gut 76,9 Millionen Euro schwer.

Zu den betroffenen Städten gehören unter anderem die Stadt Monheim mit einem Verlust von 38 Millionen Euro, Wiesbaden mit 15 Millionen sowie fünf Millionen der Messe, Osnabrück mit 14 und Nordenham mit 13 Millionen sowie die Kölner Bühnen, die 15 Millionen an der Weser geparkt hatten. Ob auch Landkreise darunter sind, ist nicht bekannt. „Wir wissen von keinen betroffenen Landkreisen“, sagt Markus Mempel, Sprecher des Deutschen Landkreistages, auf DEMO-Nachfrage. Den größten Anteil an den 500 Millionen Euro hat das Land Thüringen mit 50 Millionen.

Haftungsansprüche sollen geprüft werden.

Für die Städte ist es gerade jetzt bitter, weil ihnen aufgrund der Corona-Pandemie schon im vergangenen Jahr Einnahmen in Millionenhöhe weggebrochen waren. Notwendige Investitionen dürften mindestens verschoben werden. Beispiel Nordenham: Die Stadt im Landkreis Wesermarsch hatte ihr Geld bei der Greensill Bank angelegt, um das städtische Kanalnetz umfassend zu sanieren.

Um wenigstens einen Teil ihrer Einlagen aus der Insolvenzmasse zu retten, haben sich 38 Kommunen in den vergangenen Tagen zusammengetan, „um aus einer vorhandenen Insolvenzmasse zumindest noch Teile ihrer Anlagen zurückzuerhalten“, heißt es aus Monheim. Haftungsansprüche sollten gemeinschaftlich geprüft werden. Manche ziehen draus auch weitergehende Konsequenzen: Bereits kurz nach dem Bafin-Moratorium stoppte überdies die Stadt Osnabrück jede Geldanlage bei Privatbanken.

Holze: „Es gibt keine Garantie für Sicherheit“

Damit ist jedoch nicht gesagt, dass derartige Ausfälle für die Zukunft vermieden werden. Das zumindest glaubt Detlef Holze. Der Erste Stadtrat von Leer in Ostfriesland ist dort für die Kasse verantwortlich und Vorsitzender des Verbandes der Kämmerer Niedersachsen: „Es gibt keine Garantie für Sicherheit.“

Auch eine Kommune sei bemüht das Geld, das gerade nicht benötigt wird, möglichst gewinnbringend anzulegen. Deshalb schauten sich die Verantwortlichen natürlich auf dem Kapitalmarkt um. Dass es aber gerade bei der Greensill Bank zur Katastrophe gekommen sei, habe auch ihn erstaunt, meint Holze. Immerhin könne das Ursprungshaus, die NF Bank, eine über 100-jährige Geschichte vorweisen. Zudem habe die Greensill Bank ein gutes Rating gehabt, besitze eine deutsche Bankenlizenz, die Bafin habe nicht Alarm geschlagen und der Zinssatz für Anlagen sei mit 0,7 Prozent vergleichsweise hoch gewesen.

Einerseits sei es ein Fehler im System, dass die Kommunen als institutionelle Anleger im Jahr 2017 aus der Einlagensicherung herausgeflogen seien, meint Holze. Auf der anderen Seite könne man aber nicht immer nach dem Bund rufen. Sein Schluss: „Einlagensicherung wäre schön, aber der Gesetzgeber hat es anders beschlossen.“ Mit typisch ostfriesischem Humor blickt er in die Zukunft: „Wir hoffen, das löst keine post-traumatischen Finanzprobleme aus.“

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