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Heidenheims OB Salomo fordert Stresstest für öffentliche Haushalte

Die sich zuspitzende Finanznot der Kommunen war bestimmendes Thema bei der jährlichen Versammlung des Netzwerks Junge Bürgermeister*innen. Heidenheims Rathauschef Michael Salomo warnte davor, die Gemeinden von Berliner Fördertöpfen abhängig zu machen.

von Carl-Friedrich Höck · 4. Juni 2025
Porträtfoto Michael Salomo, aufgenommen bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags 2023

Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo (Archivbild) schlägt einen Stresstest für die öffentlichen Haushalte vor.

In Berlin hat am Mittwoch die Jahreshauptversammlung des Netzwerks Junge Bürgermeister*innen (NJB) begonnen. Zum Auftakt warnte der Vorsitzende Michael Salomo davor, dass Kommunen die Aufgaben, welche das Grundgesetz für sie vorsieht, immer weniger erfüllen könnten. Salomo ist auch Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim an der Brenz und SPD-Mitglied.

Er erinnerte an einen Ausspruch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dass die Verfassung in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte geschrieben worden sei. Sie garantiert die kommunale Selbstverwaltung. Salomo erklärte: Eine Grundidee sei es gewesen, dass die Kommunen normal weiterarbeiten können, auch wenn im Bund eine problematische Partei an die Macht käme.

Kommunen unter Spardruck

Doch die Realität sei, dass den Kommunen viele Aufgaben übertragen würden, ohne dass die dafür anfallenden Kosten ausreichend ersetzt würden. Deshalb würden Kommunen von der Rechtsaufsicht gedrängt, Gebühren zu erhöhen oder sogenannte freiwillige Leistungen herunterzuschrauben. (Gemeint sind Aufgaben, deren Ausführung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Darunter fällt zum Beispiel der Betrieb von Jugendclubs oder Schwimmbädern.)

Salomo erklärte, er wünsche sich von Bund und Ländern nicht einfach mehr Geld, „sondern einen Stresstest für unsere öffentlichen Haushalte“. Bund und Länder sollten die Haushalte dahingehend aufschlüsseln, ob die Kommunen ihre verfassungsmäßigen Rechte überhaupt noch ausüben und ihre Aufgaben aus eigener Kraft erledigen können. Salomo bezweifelte dies. Die Gemeinden seien finanziell abhängig geworden von Fördertöpfen. Damit würden die politischen Weichen zunehmend in Berlin und nicht mehr vor Ort gestellt.

Städte- und Gemeindebund sieht Handlungsfähigkeit gefährdet

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes André Berghegger bestätigte die von Salomo beschriebenen Probleme. „Der Staat funktioniert nicht mehr so, wie er funktionieren müsste“, sagte er auf dem Netzwerktreffen. Ein Antrag an die Verwaltung müsse in angemessener Zeit beschieden werden, Straßen müssten vernünftig sein und die Bürger*innen müssten einen Schul- oder Kitaplatz in unmittelbarer Nähe finden können.

Bund und Länder hätten sich Schuldenbremsen auferlegt, aber ihr Gestaltungswille sei ununterbrochen, erklärte Berghegger. Deshalb seien Wege gesucht worden, den Kommunen Aufgaben und Kosten aufzuerlegen. „Es gibt nicht eine Maßnahme, die unsere Handlungsfähigkeit in Frage stellt, sondern es ist die Summe der Entscheidungen“, kritisierte der DStGB-Hauptgeschäftsführer. Die Kommunen säßen dabei nicht mit am Tisch.

Täglich fehlen den Kommunen Millionen

Dazu nannte er konkrete Zahlen: Der Investitionsstau der Kommunen liege mittlerweile bei mehr als 200 Milliarden Euro. Das Gesamtdefizit der Kommunen habe im vergangenen Jahr knapp 25 Milliarden Euro betragen. Die Kommunen seien für 25 Prozent der öffentlichen Ausgaben zuständig, bekämen aber nur 14 Prozent der gesamtstaatlichen Steuereinnahmen. Die kommunale Infrastruktur verliere jeden Tag 13 Millionen Euro an Wert und den Gemeinden fehlten täglich 26 Millionen Euro, um ihre Ausgaben auszugleichen.

Zudem äußerte Berghegger die Sorge, dass die Kommunen bei der Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu wenig bedacht werden. „Diese finanziellen Spielräume sind für Zusätzliches gedacht“, betonte er und warnte, die Länder könnten kreative Ideen entwickeln, um möglichst viel Geld für sich zu behalten. „Lasst uns bitte nicht durchs Raster fallen!“, appellierte er an Bund und Länder.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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