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Kabinett beschließt Wiederaufbauklausel im Baugesetzbuch

Flutkatastrophen wie 2021 im Ahrtal könnten in Zukunft häufiger vorkommen. Die Bundesregierung will für solche Fälle eine Wiederaufbauklausel im Baurecht verankern. Damit würden planungsrechtliche Sonderregeln aktiviert.
von Carl-Friedrich Höck · 30. März 2023
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Die Flut im Ahrtal im Sommer 2021 zerstörte zahlreiche Gebäude und machte sie unbewohnbar. Um den Wiederaufbau zu beschleunigen, wurde damals im Baugesetzbuch eine Sonderregelung festgeschrieben (§ 246c) – befristet bis Ende 2022. Der Paragraf sieht vor, dass für die Menschen in von Hochwasserkatastrophen betroffenen Gemeinden schnell und unkompliziert mobile Gebäude errichtet werden können. Auch die nötige Infrastruktur sollte damit schneller geschaffen werden.

Klausel wird verstetigt

Nun hat das Bundeskabinett beschlossen, dauerhaft eine Wiederaufbauklausel in das Baugesetzbuch aufzunehmen. Der Formulierungsvorschlag der Regierung knüpft an die bisherige befristete Regelung an und entwickelt sie weiter. Damit sollen die 16 Landesregierungen die Möglichkeit erhalten, bei künftigen Katastrophenfällen bauplanungsrechtliche Sonderregelungen zu aktivieren, um schneller als bisher reagieren zu können. Diese gelten dann innerhalb festgelegter Gebiete.

„Wir hoffen nicht, dass die nächste Katastrophe kommt irgendwo in Deutschland. Aber man kann es nicht ausschließen“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Mittwoch nach der Kabinettssitzung. Viele Expert*innen gehen davon aus, dass es wegen des Klimawandels in Zukunft häufiger zu extremen Wetterereignissen kommen wird. Die Bauministerin erklärte: In Notsituationen wie bei der Flut im Ahrtal müsse es möglich sein, „dass Gebäude, Straßen und andere Infrastruktur in kürzester Zeit wiederaufgebaut werden können“.

Mobile Bauten sollen unkompliziert aufgestellt werden

Konkret sieht die geplante Klausel vor, dass in Katastrophengebieten dringend benötigte Gebäude wie Supermärkte oder Kitas schnell und unkompliziert errichtet werden können – für einen befristeten Zeitraum von fünf Jahren. In der Regel arbeite man in solchen Fällen mit mobilen Einrichtungen, erklärt Dietmar Horn, Abteilungsleiter für Stadtentwicklung und Raumordnung im Bundesbauministerium. Mit der Regelung werde das Recht eingeräumt, solche mobilen Bauten „ohne größere Planungen aufzustellen“.

Zweitens soll es mit der Wiederaufbauklausel möglich werden, Gebäude örtlich versetzt wieder aufzubauen, um künftige Schäden zu vermeiden. Wenn also beispielsweise ein Haus bisher nah am Wasser gestanden hat, könnte es somit an eine höhergelegene Stelle versetzt werden. Normalerweise müsste dafür ein Bebauungsplan aufgestellt oder das „Einfügegebot“ (§ 34 des Baugesetzbuchs) eingehalten werden – diese planungsrechtlichen Erfordernisse sollen im Katastrophengebiet entfallen.

Keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig

Falls das Haus im bisher unbeplanten Außenbereich wiederaufgebaut wird, wäre normalerweise eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig. Auch diese Vorgabe entfällt in ausgewiesenen Katastrophengebieten. Für kleinere Projekte mit einem Umfang bis 70.000 Hektar soll nur noch eine standortangepasste Vorprüfung durchgeführt werden. „Das erspart Zeit, das erspart bürokratischen Aufwand, das erspart Ermittlungsaufwand. Aber diese Vorprüfung ist erforderlich, weil das Ganze sonst nicht EU-fest wäre“, erklärt Abteilungsleiter Horn.

Die Wiederaufbauklausel soll es außerdem erleichtern, ganze Siedlungen an weniger gefährdete Standorte zu verlagern. Nämlich, indem neue Versiegelungen durch Entsiegelungen gleichen Umfangs in dem von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Siedlungsgebiet ausgeglichen werden.

Das seien ganz praktische Hilfen, mit denen die Länder die Kommunen im Katastrophenfall ermächtigen könnten, schneller auf- oder umzubauen, meint Horn.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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