Kitaleitungs-Studie: Für die Bildung fehlen Zeit und Personal
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Personalmangel, zu wenig speziell geschulte Fachkräfte und zu wenig Zeit für Leitungsaufgaben: Mit diesen Problemen müssen sich viele Kitaleitungen herumschlagen. Das offenbart eine Umfrage unter mehr als 3.000 Kitaleitungen, die am Dienstag zum Start des Deutschen Kitaleitungskongresses (DKLK) vorgestellt wurde. Durchgeführt wurde sie vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) und dem Kongressveranstalter Fleet Education. Der Zeitpunkt der Befragungen reichte von Oktober 2023 bis Januar 2024.
Einen besonderen Fokus legte die DKLK-Studie 2024 auf die Sprachbildung. Kindertagesstätten sollen die Kinder auf die Schule vorbereiten. „Lesen und Schreiben lernen ist aber nur möglich, wenn man die Sprache ausreichend beherrscht“, betont Fleet-Education-Kommunikationsleiter Udo Beckmann.
Fachkräfte sprechen nicht die Sprache der Kinder
In der Umfrage gaben zwar drei von vier Befragten an, sie seien mit der sprachlichen Bildung in ihrer Kita tendenziell zufrieden. Aber jede dritte Kita hat laut der Studie keine speziell für diesen Bereich qualifizierte Fachkraft zur Verfügung.
Ein weiteres Problem: In vielen Einrichtungen gibt es Kinder, die Sprachen sprechen, welche vom Kita-Personal nicht verstanden werden. Im Durchschnitt spricht die Gesamtheit der Kinder in einer Kita insgesamt sechs Sprachen, die Gesamtheit der Fachkräfte aber nur drei. „Wenn die Fachkräfte vor Ort nicht die Muttersprache der Kinder sprechen, kann es eine Hürde in der Kommunikation und auch bei der Vermittlung der Deutschen Sprache darstellen“, erklärt der stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende Tomi Neckov.
Betreuung oft unzureichend
Darüber hinaus offenbart die DKLK-Studie eine weiterhin prekäre Situation in vielen Kitas. Mehr als jede zweite Leitung gab an, dass die Einrichtung im zurückliegenden Jahr mehr als 20 Prozent der Zeit in Personalunterdeckung gearbeitet hat. Das bedeutet: Es standen nicht genügend Mitarbeitende zur Verfügung, um die Vorgaben zur Aufsichtspflicht zu erfüllen. Statistisch gesehen arbeiteten die Kitas also an einem Tag pro Woche mit zu wenig Personal. „Eigentlich müssten sie die Kinder an diesem Tag nach Hause schicken“, sagt Tomi Neckov.
Jede siebte Kita gab sogar an, in über 60 Prozent der Zeit weniger Personal zur Verfügung zu haben, als sie einsetzen müsste, um die Vorgaben zur Aufsichtspflicht zu erfüllen. Immerhin gibt es einen Aufwärtstrend: In der Vorjahres-Umfrage hatte die Personalunterdeckung noch zehn Prozentpunkte höher gelegen. Gleichzeitig gaben jetzt aber 84 Prozent der Kitaleitungen an, dass sich der Personalmangel im zurückliegenden Jahr verschärft habe.
Die Personalnot wirkt sich auch auf den Alltag der Führungskräfte aus. Für Leitungsaufgaben bleibt häufig zu wenig Zeit. „Kita-Leitungen müssen immer häufiger in den Gruppen aushelfen“, schildert Uwe Beckmann. Jede zweite Leitung arbeite selbstausbeuterisch.
Was sich der Verband wünscht
Wenig überraschend erscheint da die Nachricht, dass der wissenschaftlich empfohlene Personalschlüssel nicht eingehalten wird. Im bundesweiten Durchschnitt betreut bei den Unter-Dreijährigen eine Fachkraft fünf Kinder. Expert*innen empfehlen eigentlich einen Personalschlüssen von 1:3. Bei den Über-Dreijährigen wird ein Personalschlüssel von 1:7,5 empfohlen, tatsächlich erreicht wurde 1:10,8.
„Wann und wie soll die frühkindliche sprachliche Bildung unter diesen Voraussetzungen verbessert werden?“, fragt VBE-Vize Neckov. Sechs Forderungen formuliert er an die Politik: Das Kitaqualitätsgesetz müsse auf hohem Niveau fortgesetzt werden. Bund, Länder und Kommunen müssten gemeinsam eine Fachkräfteoffensive starten. Ausländische Berufsabschlüsse sollen leichter anerkannt werden. Weiter fordert Neckov nachhaltige Investitionen in Ausstattung und Personal, eine Anpassung der Leitungszeiten an den tatsächlichen Bedarf und multiprofessionelle Teams für die Kitas.
Mehr Informationen:
Ergebnisse der DKLK-Studie 2024
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.