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Koalitionsvertrag: Das plant die Ampel für Wohnen und Städtebau

In der Bau- und Wohnungspolitik haben sich SPD, Grüne und FDP viel vorgenommen. Geplant sind 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, mehr Sozialwohnungen und ein eigenes Bauministerium. Was Kommunen wissen müssen.
von Carl-Friedrich Höck · 24. November 2021
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Welchen Stellenwert das Thema Bauen im Bund künftig haben wird, unterstreichen die letzten zwei Seiten des Koalitionsvertrages von SPD, Grünen und FDP. Dort ist aufgelistet, welche Partei welche Ressorts übernehmen wird. Damit ist klar: Es wird ein eigenständiges, SPD-geführtes Bauministerium geben. Das ist ein Paradigmenwechsel, nachdem das Bauressort in den vergangenen Jahrzehnten – quasi als Anhängsel – mal dem Verkehrsministerium, mal der Umweltministerin und mal dem Innenminister zugeordnet war.

Das große Bauen

Die Ampel-Koalition hat aber auch viel vor: 400.000 neue Wohnungen sollen jährlich neu gebaut werden, darunter 100.000 öffentlich geförderte – also sogenannte Sozialwohnungen. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz hatte das im Wahlkampf versprochen, weil er sicherstellen möchte, dass jeder und jede eine bezahlbare Wohnung findet.

Um das zu ermöglichen, wollen SPD, Grüne und FDP ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteur*innen schließen. Mit einem ähnlichen Ansatz konnte Scholz bereits als Erster Bürgermeister von Hamburg große Erfolge beim Wohnungsbau erzielen. Die Koalition will „die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen“, heißt es im Vertrag. Außerdem soll eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen eingeführt werden.

Darüber hinaus sollen laut Koalitionsvertrag durch „serielles Bauen“, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung die Kosten für den Wohnungsbau gesenkt werden. Auch die klimapolitischen Ziele der Koalition sollen beim Wohnungsbau, etwa in Bezug auf energetische Sanierung, eine wichtige Rolle spielen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben soll mehr Freiheiten erhalten, um selbst zu investieren und zu bauen – aber auch weiterhin kommunale Bauvorhaben unterstützen.

FDP akzeptiert Mieterschutz-Regelungen

Bereits geltende Mieterschutzregelungen werden verlängert. Die Mietpreisbremse soll bis zum Jahr 2029 fortgeführt werden. Für angespannte Wohnungsmärkte wird zudem die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren abgesenkt – bisher durfte die Miete um 15 Prozent erhöht werden. Für Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohner*innen werden qualifizierte Mietspiegel verpflichtend. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten sieben Jahre herangezogen werden – und in ausgewählten Kommunen Angaben aus Steuererklärungen; dazu ist ein Pilotprojekt geplant. Angekündigt wird zudem ein Aktionsplan, um Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden.

Die Koalition plant, zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Dafür sollen die entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz entfristet und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren geschaffen werden.

Mitten in die Koalitionsverhandlungen hinein platzte eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum kommunalen Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten. Damit ist fraglich, ob Gemeinden es weiterhin einsetzen können, um Mieter*innen vor möglicher Verdrängung zu schützen. Die Ampel-Koalition will nun prüfen, ob sich aus der Gerichtsentscheidung „gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt“.

Grunderwerbssteuer, Städtebauförderung und Clubs

Aus der Grunderwerbssteuer könnte in Zukunft etwas weniger Geld an die Länder fließen – und damit auch an die Kommunen. Die Bundesländer sollen nämlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Zum Beispiel mit einem Freibetrag für alle, die eine Wohnung kaufen, um sie selbst zu nutzen. Die fehlenden Einnahmen will die Ampel-Koalition ausgleichen, indem sie Steuerschlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen schließt – gemeint sind sogenannte Share Deals.

Für Kommunen sind noch einige weitere Punkte interessant: Die Städtebauförderung wollen SPD, Grüne und FDP ausbauen. Damit sollen auch Maßnahmen zur Klimaanpassung sowie zur Senkung von Treibhausgas-Emmissionen finanziert werden. Das Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ soll mit der Städtebauförderung kompatibel gemacht werden. Geplant ist außerdem ein neues Smart-City-Kompetenzzentrum.

Die geltende Lärmschutz-Vorschrift (TA Lärm) soll angepasst werden, um in Innenstädten „Zielkonflikte zwischen Lärmschutz und heranrückender Wohnbebauung aufzulösen“. Damit will die Koalition auch den kulturellen Bezug von Clubs und Konzertbühnen anerkennen.

Der von Naturschützer*innen als „Flächenfraß-Paragraf“ geschmähte § 13b im Baugesetzbuch wird nicht verlängert und läuft somit Ende 2022 aus. Dieser erlaubt vereinfachte Genehmigungsverfahren für kleinere Wohnungsbauprojekte am Ortsrand. Er gilt als umstritten, weil er begünstigt, dass Ortschaften in die Breite wachsen und somit mehr Flächen versiegelt werden. 

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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