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Kommunalwahl in Bayern: Warum ein 27-Jähriger für die SPD Landrat werden will

Gerade wurde Omid Altai 27 Jahre alt. Doch dem Jura-Studenten blieb kaum Zeit zum Feiern. Er möchte für die SPD im Kreis Ebersberg bei München Landrat werden. Als einer der Jüngsten in Bayern.
von ohne Autor · 17. Februar 2020
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„Vielleicht war ich etwas vorlaut“, sagt Atai und lacht. Am 15. März stehen in Bayern Kommunalwahlen an und der 27-Jährige ist im Kreis Ebersberg bei München Landratskandidat der SPD, einer der jüngsten Bewerber*innen in Bayern. Er habe im vergangenen Sommer dem Kreisverstand signalisiert, dass er sich eine Kandidatur vorstellen könne. Im Herbst wurde er unter großem Jubel nominiert. Der Ebersberger Kreisverband wollte mit der Kandidatur nicht nur einen Generationenwechsel einleiten, sondern mit neuem Denken und einem partizipativen Ansatz einen neuen Weg einschlagen.

Für ein rotes Landratsamt

Atai sagt, er möchte ein Bild aufzeigen, wie eine lebenswerte Zukunft im Landkreis aussehen kann. Seine politischen Ziele für eine stetig wachsende Region im Schatten der teuren Isarmetropole setzt der angehende Jurist langfristig. „Ich möchte ein rotes und nachhaltiges Landratsamt, um den Landkreis zu einem sozialen und smarten Landkreis weiterzuentwickeln.“

Dabei kommt Atai eher zufällig zur SPD. „Als ich angefangen habe, mich für Politik zu interessieren, habe ich mir die Sitzungen des Gemeinderats angeschaut und zugehört, was die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker dort erzählt haben.“ Nach einer Sitzung spricht ihn der SPD-Bürgermeister Albert Hingerl an. Kurz darauf tritt Atai mit 17 Jahren in die SPD ein.

„Ein gesellschaftspolitisches Zeichen“

Seine Kandidatur sieht er auch als „gesellschaftspolitisches Zeichen“. Denn zuletzt sorgte ein Fall im schwäbischen Wallerstein für Schlagzeilen, als Sener Sahin von der CSU-Basis als Bürgermeisterkandidat abgelehnt wurde, weil er muslimisch ist. Atai sagt dazu: „Die SPD hat geschafft, wovon die CSU noch weit entfernt ist: die Vielfalt der Gesellschaft und die Lebensumstände abzubilden und offen für Neues zu sein.“

Denn in der SPD gebe es schon traditionell eine viel größere Offenheit für Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen. „Bei uns ist fast alles möglich, weil wir die Gleichheit innerhalb der Partei leben und nicht diese starren, hierarchischen Strukturen haben.“ Die CSU kritisiert er hart: „Sie haben viele Strukturen, die auf die heutige Gesellschaft nicht übertragbar sind und sind gleichzeitig nicht bereit, sich weiterzuentwickeln. Wenn es trotzdem Versuche gibt, werden sie gestoppt.“

Atai will Rassisten mit weltoffenem Heimatgefühl begegnen

Atai ist in München geboren und in der Gemeinde Poing im Landkreis Ebersberg aufgewachsen. Dort sitzt er seit sechs Jahren im Gemeinderat, war lange Jugendbeauftragter und engagiert sich bei der Feuerwehr und beim Roten Kreuz. Atais Eltern stammen aus Afghanistan. Sein Name und seine Hautfarbe haben einige als Angriffsfläche gesehen und ihn rassistisch angefeindet, nachdem seine Kandidatur bekannt wurde.

Zuhause im Landkreis Ebersberg: Omid Atai will Rassismus mit einem weltoffenen Heimatgefühl begegnen.
Zuhause im Landkreis Ebersberg: Omid Atai will Rassismus mit einem weltoffenen Heimatgefühl begegnen.

Der 27-Jährige sagt: „Das Thema Rassismus begleitet mich schon etwas länger.“ Er versucht es wegzulachen und wird dann doch sehr ernst: „Ich vorverurteile Menschen nicht, sondern versuche zu verstehen, welche Hintergründe sie haben und was ihr Verhalten begünstigt haben könnte.“

Er will Rassist*innen trotzdem mit Respekt begegnen, selbst ein positives Beispiel setzen. „Solange die Mehrheit der Gesellschaft für Offenheit, Toleranz und Vielfalt eintritt, wird mein Landkreis für mich der schönste Ort zum Leben sein“, sagt Atai. Rassismus will er mit einem positiven, weltoffenen Heimatgefühl entgegentreten.

Wahlkampf im Aufzug

Für die verbleibenden vier Wochen im Landratswahlkampf hat er sich vorgenommen, möglichst vielen Bürger*innen persönlich über den Weg zu laufen. Unter dem Motto „Ebersberg wechselt“ ist der überzeugte Bus- und Bahnfahrer im gesamten Landkreis unterwegs. „Ich bin jemand, der am liebsten mit den Menschen Zeit verbringt“, sagt Atai. Im Zweifel auch an ungewöhnlichen Orten: „Neulich habe ich jemanden im Aufzug angesprochen. Das war auch sehr nett“, erzählt der Landratskandidat.

Der Artikel ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen und wird mit freundlicher Genehmigung des Berliner vorwärts Verlags veröffentlicht.

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