Kommunen in Geldnot: Städte und Gemeinden fordern Kurswechsel vom Bund
Viele Kommunen häufen Defizite an, während die Zahl der Aufgaben steigt, die sie erledigen sollen. So könne es nicht weitergehen, kritisiert der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Von der Bundesregierung fordert er eine „neue Politik des Machbaren“.
IMAGO / Metodi Popow
Hauptgeschäftsführer André Berghegger und Präsident Uwe Brandl präsentierten am Freitag die Bilanz 2024 und den Ausblick 2025 des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).
Zum Jahresauftakt gibt der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) traditionell einen Ausblick auf die kommenden Monate und blickt auf das vergangene Jahr zurück. Die Bestandsaufnahme fiel diesmal besonders düster aus. Deutschland stecke in einer Schieflage, kommentierte DStGB-Präsident Uwe Brandl am Freitag. „Wir leisten und versprechen mehr, als wir uns tatsächlich leisten können.“ Stattdessen forderte er eine „neue Politik des Machbaren”.
Kommunen schreiben rote Zahlen
Damit bezog er sich auf den Personalmangel sowie auf die finanzielle Situation der Kommunen. Für 2024 rechnet der DStGB mit einem kommunalen Finanzierungsdefizit von 17 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte es bei knapp sieben Milliarden gelegen. Ein Grund seien steigende Sozialausgaben, so der Verband. Jahr für Jahr gebe es Anstiege im zweistelligen Prozentbereich. „Wir werden im Jahr 2025 erstmals mehr als 80 Milliarden Euro für diesen Bereich aufwenden müssen“, so Brandl.
Zudem verschleiße die kommunale Infrastruktur, machte Hauptgeschäftsführer André Berghegger deutlich. Täglich gebe es eine Wertverlust in Höhe von 13 Millionen Euro. Der Investitionsrückstand der Kommunen belaufe sich mittlerweile auf 186 Milliarden Euro.
Angesichts dieser Entwicklung fordert der kommunale Spitzenverband ein Moratorium für neue staatliche Leistungsversprechen. Schon jetzt seien viele neue Aufgaben, die den Kommunen übertragen wurden, nicht ausfinanziert. Als Beispiele nannte Berghegger die Aufnahme und Integration von Geflüchteten, den Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen oder die Vorgabe an Kommunen, nur noch emissionsfreie Fahrzeuge anzuschaffen. Bund und Länder hätten nur einen Teil der dafür anfallenden Kosten übernommen.
Forderungen an den Bund
Der DStGB will deshalb das Konnexitätsprinzip auf allen staatlichen Ebenen etablieren: Wenn Kommunen durch neue Aufgaben oder veränderte Standards höhere Kosten entstehen, sollen sie vollständig gegenfinanziert werden. Präsident Brandl warb zudem für einen „Konjunkturturbo“ für Wirtschaft und Infrastruktur. Deutschland müsse durch Deregulierung und günstige Energiepreise wieder wettbewerbsfähiger werden. Helfen könne dabei auch eine Investitionsoffensive im Bausektor. Die Sozialsysteme will Brandl unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ neu ausrichten, indem zum Beispiel Einkommen und Vermögen stärker berücksichtigt werden, wenn es um Leistungen wie Kita-Betreuung oder Schulwegbegleitung geht.
Verbesserungsbedarf sieht der DStGB auch bei der Digitalisierung. Jedes neue Gesetz müsse auf digitale Kompatibilität geprüft werden, forderte Brandl. Nötig sei ein einheitlicher Datenaustausch. In Aufgabenbereichen, wo Kommunen keinen eigenen Ermessensspielraum haben, könnten die Leistungen auch zentral erbracht werden. Beispielsweise könne das Kraftfahrbundesamt sich um die Autozulassung kümmern.
Kritik übten Brandl und Berghegger an Versprechungen aus der Bundespolitik, die Grundsteuerreform werde aufkommensneutral erfolgen. Die Reform ist zum Jahresbeginn in Kraft getreten, womit sich die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer verändert hat. Für viele Eigentümer*innen steigen nun die Steuerbeiträge, während sie für andere sinken. Brandl und Berghegger betonten: Die Hebesätze festzulegen sei Hoheitsrecht der kommunalen Selbstverwaltung. Und unter Umständen könnten Kommunen mit finanziellen Schwierigkeiten sogar von der Rechtsaufsicht gezwungen werden, ihre Hebesätze moderat zu erhöhen.
SPD-Politiker Daldrup für bessere Grundfinanzierung der Kommunen
Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernhard Daldrup stimmte den Forderungen des DStGB in Teilen zu. Seine Partei habe die Absicht, die staatliche Steuerverteilung zu ändern, erklärte er in einer Mitteilung. „Wir stärken durch zahlreiche Förderprogramme die Investitionskraft der Kommunen. (…) Dennoch brauchen wir eine bessere Grundfinanzierung der Kommunen.“ Auch die Länder müssten ihre finanzielle Verantwortung für die Kommunen besser wahrnehmen, merkte der SPD-Politiker an.
„Die dynamische Entwicklung der Sozialkosten muss gebremst, ihre Finanzierung verbessert werden“, forderte Daldrup. Zwar habe der Bund seine Unterstützung bei den Kosten der Unterkunft und für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten bereits deutlich erhöht. Dennoch bräuchten die Kommunen weitere Entlastungen. Die SPD unterstütze auch die Forderung der Kommunen nach einem Investitionsfonds, um damit Erhaltungs- und Transformationsaufgaben nachhaltig finanzieren zu können. „Ohne eine Reform der Schuldenbremse wird das nicht zu bewältigen sein“, fügte Daldrup hinzu.
Bilanz 2024 und Ausblick 2025 des DStGB als PDF:
dstgb.de
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.