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Kommunen stärken gegen Hetze und Rassismus

Viele Kommunen müssen sich mit Hass, Hetze und Rassismus auseinandersetzen. Eine Plattform soll ihnen dabei helfen. Unterstützt wird das Projekt von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Alabali-Radovan.
von Karin Billanitsch · 16. Oktober 2023
Staatsministerin Reem Alabali-Radovan bei einem Austauschtreffen mit Kommunen in Berlin.

Das gesellschaftliche Klima im Umgang mit Flüchtlingen und deren Integration ist rauer geworden. Rechte Anfeindungen und Hetze werden in Deutschland immer mehr. Ein Beispiel: Die Anzahl der Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte ist im Jahr 2022 laut Bundesinnenministerium gegenüber dem Vorjahr von 70 auf 121 gestiegen. Wie Kommunen aktiv gegen verschiedene Ausprägungen von Anfeindungen, Rassismus und Hetze vorgehen können, damit beschäftigt sich das Projekt „Kommunale Allianzen & Strategien gegen Rassismus und Hass” (KommA), das vom IMAP-Institut mit Förderung der Bundesintegrationsbeauftragten durchgeführt wird.

Projekt für resilientere Kommunen

Angeschoben hat es Reem Alabali-Radovan: Sie vereint in ihrem Amt als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und Antirassismusbeauftragte zwei Themen, die in den Kommunen stattfinden. „In meinem Arbeitsstab haben wir uns gefragt, wie können wir als Bund die Kommunen dabei unterstützen, zum einen resilienter zu werden gegen Hetze und Rassismus und zum anderen die Möglichkeit zu haben in einen Austausch zu kommen, aber auch zu lernen“, sagte Alabali-Radovan bei einem Treffen unter anderem von Vertreter*innen der zehn Modellkommunen des Projektes.

Mit welchen Situationen es die Kommunen zu tun haben, zeigt eine Umfrage von IMAP, dem Träger des Projektes. Es gibt Anfeindungen gegen Verwaltungsmitarbeitende von außen, auch intern sind manche rassistischen Bemerkungen oder Witzen ausgesetzt. Führungskräfte wissen oft nicht, wie sie reagieren sollen, wenn sich jemand im Team rassistisch verhält. Oder Bürge*innen beschweren sich über Diskriminierung ihnen gegenüber. Digitale Shitstorms werden zum Problem. Auch gezielte rechte Mobilisierung gegen politische Führungskräfte in der Kommune kann zum Problem werden.

Zehn Modellkommunen

Die zehn Modellkommunen, die ausgewählt wurden, sind über Deutschland verteilt: Wismar, Vorpommern-Greifswald und Berlin-Mitte sind dabei, ebenso wie Dinslaken, Kassel, Jena, Mittelsachsen, Görlitz Heilbronn und Augsburg. Eine Mischung, stellvertretend für die verschiedenen Kommunen Deutschlands, hieß es. Die Auswahl sei schwergefallen, sagte Bülent Arslan, Gründer von IMAP, dem Träger des Projektes. Deshalb wurde nachträglich noch eine erweiterte Austauschplattform eingezogen, an mehr als 60 Netzwerkkommunen teilnehmen. Sie alle wurden für die Umfrage konsultiert.

Aus der Umfrage lässt sich auch herauslesen, was sich die Beteiligten mit ihrer Teilnahme am Projekt vor allem erhoffen: Maßnahmen, um sich vor Anfeindungen zu schützen, insbesondere für jene, die viel direkten Kontakt mit Publikum haben. Das nennen 69,8 Prozent der Befragten. Ein weiteres Ziel ist, dass Führungskräfte angemessen und wirksam zum Schutz der Mitarbeitenden reagieren bei rassistischen Verhaltensweisen (67,9 Prozent). Für 66 Prozent ist es wichtig, dass die Verwaltung strategisch gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus kommuniziert und Bürgerdialoge deeskalierend umsetzt. 28,3 Prozent nennen gute Kommunikationsprozesse mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Beratungsstellen als ein wichtiges Ziel für die Teilnahme am Projekt.

Alabali-Radovan: „Stück für Stück gemeinsam angehen“

Jenni Winterhagen von IMAP umreißt die drei zentralen Instrumente. Als erstes nennt  sie Allianzen, die vor Ort gebildet werden können. „Das bedeutet die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Sicherheitsbehörden und Akteursgruppen der Zivilgesellschaft“, so Winterhagen. Als zweites Instrument nennt sie Strategie- und Strukturbildung. „Hier geht es um die Frage, was passiert, wenn Anfeindungen geschehen. Es geht darum, nicht ohnmächtig zu sein, gute Prozesse und Strukturen zu haben, falls solche Situationen eintreten.“ Dabei geht es um die Kommunikation nach innen in die Verwaltung hinein, aber auch um die strategische Kommunikation nach außen. Drittens gehören zu Mitteln auch individuelle Trainings und Coachings.

Wie blickt Reem Alabali-Radovan in die nahe Zukunft 2035? „Ich bin optimistisch, aber nicht naiv“, so die Antirassismusbeauftragte. „Ich sage nicht, dass wir 2035 keine Diskriminierung und Rassismus mehr erleben.” Aber man bringe auf den Weg, „dass wir nicht so ohnmächtig sind, dass wir diese Themen nicht, wie in der Vergangenheit, einfach ignorieren.“ Sie wolle im Jahr 2035 überall – in den Kommunen, in den Ländern, in der Regierung und in Institutionen – Strategien haben und Beratungsstellen, an die sich Betroffene wenden können. Alabali-Radovan hofft, dass die Gesellschaft stärker sensibilisiert wird. „Stück für Stück werden wir das gemeinsam angehen.“

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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