Künstliche Intelligenz erleichtert Recherche in Parlaments-Dokumenten
IMAGO/Christian Ohde
Schriftliche Anfragen sind im parlamentarischen Alltag ein wichtiges Werkzeug. Abgeordnete können damit die Arbeit Regierung kontrollieren. Sie stellen Fragen, die Verwaltung muss antworten. Was dabei herauskommt, ist für jede*n öffentlich einsehbar. Doch oft nimmt kaum jemand von den Auskünften Notiz. In tausenden Parlamentsdokumenten eine konkrete Information zu finden ist selbst für Verwaltungsangestellte mühsam. Für ungeübte Bürger*innen gleicht es der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.
Ein neuer Assistent auf der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) soll das nun ändern. Das Berliner Innovationslabor CityLAB hat das Werkzeug namens „Parla“ entwickelt. Das Prinzip: Man kann ganz einfach eine Frage in ein Textfeld eintippen. Die KI durchsucht daraufhin 10.000 Dokumente aus der aktuellen Wahlperiode des Berliner Abgeordnetenhauses und spuckt eine kurze Antwort aus. Zusätzlich werden unter der Antwort die Quellen verlinkt – also Anfragen oder Hauptausschuss-Vorgänge.
KI-Tool macht Informationen leichter zugänglich
In wenigen Minuten kann man so beispielsweise herausfinden, wie viele Tatverdächtige nach den Silvesterkrawallen 2022/23 verhaftet wurden (es waren 145) oder welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einen Zebrastreifen einzurichten. „Mittels KI werden offene Parlamentsdaten für alle nutzbar gemacht: Abgeordnete, Journalistinnen und Journalisten sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger“, sagt die Berliner Digitalisierungs-Staatssekretärin Martina Klement (CSU).
Das CityLAB gibt es seit fünf Jahren und wird von der gemeinnützigen Technologiestiftung Berlin betrieben. Finanziert wird es fast ausschließlich vom Berliner Senat. „Alle unsere Projekte sind Open Source, also unter freier Lizenz“, sagt CityLAB-Direktor Benjamin Seibel. „Wir verkaufen unsere Sachen nicht, sondern verschenken sie sozusagen.“ Das bedeutet: Andere Parlamente oder auch Kommunalverwaltungen könnten „Parla“ adaptieren und für ihre Zwecke nutzen.
GPT kann ersetzt werden
Man brauche aber ein bisschen Entwicklungskompetenz, um die nötigen Anpassungen vorzunehmen, ergänzt Seibel. „Für einen kompetenten Entwickler ist das innerhalb weniger Tage machbar.“ Benötigt werde auch ein Zugang zu einem Sprachmodell, also einer API (Programmierschnittstelle). Das ist in der Regel kostenpflichtig. Die Kosten seien von der Zahl der Aufrufe abhängig, erklärt Seibel. „Für Parla rechne ich mit einem niedrigen dreistelligen Betrag im Monat.“ Außerdem müssten die Dokumente noch indiziert werden. Auch das koste etwas Geld.
Weiter erklärt Seibel: „Für Parla braucht man ein leistungsfähiges KI-Modell, um die Antworten zu generieren. Das ist im Moment GPT 3.5.“ Theoretisch sei das aber austauschbar. Perspektivisch will sich das CityLAB von dem US-Unternehmen OpenAI unabhängig machen, das GPT entwickelt hat. „Man könnte zum Beispiel auch ein Modell von Aleph Alpha nutzen, das hier aus Deutschland kommt.“ Es gebe spannende Entwicklungen im Bereich der Open-Source-Sprachmodelle, die dann frei lizensiert seien, zum Beispiel von Universitäten oder aus Open-Source-Communities. „Die sind im Moment noch nicht leistungsfähig genug, aber das entwickelt sich sehr schnell“, beobachtet Seibel.
Der KI-Assistent Parla ist ein Prototyp, es handelt sich also um einen Testlauf. „Jetzt sammeln wir erst einmal Rückmeldungen“, sagt der CityLAB-Direktor. Die Qualität der Ergebnisse will das Innovationslabor noch weiter verbessern. „Das kann man erreichen, indem man neben den parlamentarischen Dokumenten noch weitere Quellen hinzufügt, zum Beispiel Wikipedia oder die offiziellen Webseiten des Landes Berlin“, schildert Seibel mögliche Weiterentwicklungen.
Link zum KI-Assistenten:
parla.berlin
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.