Magdeburg und Kleve mit Gender Award ausgezeichnet
Fehlende Wertschätzung, zu wenig Geld: Die Gleichstellungsarbeit in den Kommunen hat oft einen schweren Stand. Dass es auch positive Beispiele gibt, zeigte die Preisverleihung des „Gender Award“ in Berlin.
Höck
Preisverleihung an Magdeburg: Die Landeshauptstadt überzeugte mit ihrer umfassenden und strategischen Planung der Gleichstellungsarbeit.
Alle zwei Jahre vergibt die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen den „Gender Award“. Damit wird hervorragende Gleichstellungsarbeit gewürdigt. Während der diesjährigen Preisverleihung in den Räumen des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) waren viele nachdenkliche Töne zu hören.
Widerstand gegen Gender-Themen ist spürbar
Es fehle an Wertschätzung und Geld für die Gleichstellungsarbeit, sagte Antje Wunderlich vom Bundesministerium. Die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten werde von Widerständen, Hürden und teils auch Hass begleitet, der ihnen entgegenschlage. Ähnliches berichteten auch andere Teilnehmende der Veranstaltung am 9. Mai. Ihr Tenor: Gleichstellungsarbeit stehe unter Druck. Einige Kommunen hätten sich in diesem Jahr gar nicht für den Award beworben, weil die Gleichstellungsarbeit rückläufig sei.
Doch einige Beispiele zeigen, dass es auch anders geht. Solche wurden nun in Berlin ausgezeichnet. „Bei allen Preisträgerkommunen wird deutlich, dass die Gleichstellungsarbeit von Politik und Verwaltungsspitze unterstützt wird und nicht ausschließlich eine Sache von Gleichstellungsbeauftragten ist“, teilte die BAG dazu mit. Außerdem sei das Bestreben erkennbar, einen möglichst ausgeglichenen Anteil von Frauen in den politischen Gremien und bei Führungspositionen zu erreichen.
Magdeburg und Kleve überzeugten die Jury
Die ersten Preise im Jahr 2025 gingen nach Magdeburg (in der Kategorie über 100.000 Einwohner*innen) sowie Kleve (Kategorie unter 100.000 Einwohner*innen).
Den Ausschlag für Magdeburg habe „die umfassende und strategische Planung sowie Umsetzung der Gleichstellungsarbeit“ gegeben, erklärte Renate Sternatz vom DGB Hessen-Thüringen in ihrer Laudatio. Dazu gehöre der Beitritt zur Europäischen Charta zur Gleichstellung im Jahr 2015. In den verschiedensten Politikfeldern würden gezielte Maßnahmen umgesetzt, ob Arbeit, soziale Absicherung oder Gesundheit. In der Kinder- und Jugendhilfeplanung werde mit einer geschlechtergerechten Haushaltsteuerung und konkreten Zielzahlen gearbeitet. „In Magdeburg werden die verschiedenen Lebenswirklichkeiten von Frauen – alleinerziehende Frauen, in der DDR geschiedene Frauen, geflüchtete Frauen, Frauen mit Beeinträchtigungen – bei Vorhaben und Aktivitäten der Verwaltung mitgedacht“, so Sternatz. Dazu komme die Netzwerkarbeit, um die Stadtgesellschaft beim Thema Gleichstellung zu aktivieren, etwa mit einem Politischen Runden Tisch der Frauen.
In Kleve werden alle städtischen Maßnahmen einem Gleichstellungscheck unterzogen, berichtete Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung. „Von der Väterausstellung zu modernen Väterrollen über Genderkompetenz als Grundvoraussetzung für Führungskräfte bis hin zur Erstellung des Haushaltsplanes unter Überprüfung des Nachhaltigkeitsziels Gleichstellung – beeindruckt hat uns als Jurymitglieder die thematische Vielfalt der Projekte, Maßnahmen und Aktivitäten, die Kleve als kleine Kommune auf den Weg gebracht und umgesetzt hat.“
Zweite Plätze für Münster und Verden (Aller)
Mit dem jeweils zweiten Platz wurden Münster und Verden (Aller) ausgezeichnet. In Münster habe sich die Gleichstellungsarbeit über die Jahre stetig weiterentwickelt, lobte die ehemalige Bürgermeisterin von Gütersloh Maria Unger (SPD). „Ein bedeutender Meilenstein war die Einführung von Gendermonitoring und Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen.“ Der Anteil von Frauen in Führungspositionen sei innerhalb der Stadtverwaltung in den letzten vier Jahren auf 42 Prozent gestiegen. Seit dem Jahr 2020 habe die Stadt auch personelle Ressourcen, um die erweiterten Arbeitsbereiche LSBTIQ* und „Jungen und Männer in der Gleichstellungsarbeit“ anzupacken.
In Verden seien fast 50 Prozent der kommunalen Mandate mit Frauen besetzt, während es bundesweit nur 30 Prozent seien, begründete Cécile Weidhofer die Jury-Entscheidung. Weidhofer arbeitet bei der Beratungs- und Forschungsorganisation EAF Berlin. „Was Verden besonders macht, ist das Zusammenspiel: die vielfältigen Perspektiven im Rat, das aktive Engagement der Zivilgesellschaft, der klare politische Wille der Verwaltung und die mutige Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten und des Bürgermeisters.“
Haltung als Einstellungskriterium
Mit letzterem war Lutz Brockmann (SPD) gemeint. Er war ebenfalls nach Berlin gekommen und berichtete, dass eine „inklusive Haltung“ in Verden ein Einstellungskriterium sei, wenn man in der Stadtverwaltung arbeiten wolle. „Die kann man nicht lernen, das muss man mitbringen“, meinte er.
Die BAG kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen vertritt nach eigenen Angaben 1.900 Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in Deutschland. Den Gender Award verleiht sie seit 2016 im Zweijahresrhythmus. Insgesamt hatten sich in diesem Jahr zehn Kommunen beworben, von denen neun nominiert worden waren.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.