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Mehr Wohnungslose in Unterkünften untergebracht

Die Zahl der untergebrachten wohnungslosen Personen ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Der Anstieg ist auf ein verbessertes Meldeverfahren zurückzuführen. Die größte Gruppe sind Ukrainer*innen. 

von Karin Billanitsch · 16. Juli 2024
Einrichtung Unterbringung Wohnungslose

Eine Einrichtung zur Unterbringung wohnungsloser Frauen in Berlin. (Archivbild)

Ende Januar waren in Deutschland rund 439.500 Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht. Die Tendenz ist steigend: 2023 waren es 372.000, im Jahr davor 178.100. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Laut den Statistikern sei der Anstieg der Zahl der untergebrachten wohnungslosen Menschen vor allem auf Verbesserungen der Datenmeldungen im dritten Jahr seit der Einführung der Statistik zurückzuführen. 

„Alarmierende Zahlen“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe nannte die neuen Zahlen „alarmierend“. Sabine Bösing, Geschäftsführerin der BAG W, macht deutlich: „Diese extrem hohe Zahl ist besorgniserregend. Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter jeder Zahl ein persönliches Schicksal steckt – Menschen, die ihr Zuhause verloren haben und in große Not geraten sind.“

Das starke Wachstum führt die BAG W auf ein verbessertes Meldeverfahren zurück. Gleichwohl erhöhe die steigende Zahl nach Ansicht des sozialen Verbands den Handlungsdruck auf die Regierung, „den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit ‚Gemeinsam für ein Zuhause‘ (NAP), schnell mit effektiven Maßnahmen in die Umsetzung zu bringen“. 

Forderung nach bezahlbarem Wohnraum 

Die BAG forderte unter anderem mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und den Bestand an Sozialwohnungen deutlich zu erhöhen. Außerdem bräuchten die Betroffenen professionelle Hilfen. Jede Gemeinde oder Stadt, zumindest aber jeder Landkreis, sollte eine zudem eine Zentrale Fachstelle zur Verhinderung und Behebung von Wohnungslosigkeit haben, hieß es. Hierfür verlangte der Verband „ein Förderprogramm zu Initiierung durch den Bund“.

In der Statistik machen geflüchtete Ukrainer*innen mit 136.900 knapp ein Drittel (31 Prozent) aller untergebrachten wohnungslosen Menschen aus. Paul Neupert, Referent der BAG W, ordnet die veröffentlichten Zahlen ein: „Wir dürfen aber nicht der Mär der ‚problematischen Zuwanderung‘ als Grund für Wohnungsnot auf den Leim gehen. Das Problem liegt vielmehr darin, dass der Wohnungsmarkt seit langem nicht genug bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum bereitstellt, wo er benötigt wird.“ 

Insgesamt wurden laut Destatis 377.900 und damit deutlich mehr Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet als im Vorjahr (2023: 311.900), ihr Anteil an allen untergebrachten wohnungslosen Personen erhöhte sich von 84 auf 86 Prozent. 

Mehrheitlich Männer 

40 Prozent der gemeldeten Personen waren laut der Statistik jünger als 25 Jahre (2023: 38 Prozent). Der Anteil der Personen im Alter ab 65 Jahren blieb demnach mit 5 Prozent unverändert gegenüber dem Vorjahr. Im Durchschnitt waren die am Stichtag 31. Januar 2024 untergebrachten Personen 31 Jahre alt. 55 Prozent der untergebrachten wohnungslosen Personen waren Männer. 

Die Statistik erfasst Menschen, die zum Stichtag 31. Januar 2024 beispielsweise in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren. „Diese Zahl bildet nur einen Teil des erschreckenden Gesamtausmaßes der Wohnungsnot ab“, mahnt die BAG W. 

Nicht erfasst seien diejenigen, die in verdeckter Wohnungslosigkeit bei Familienmitgliedern, Freund*innen oder Bekannten unterkämen, sowie obdachlose Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße lebten. Auch Personen, die etwa in Frauen- und Gewaltschutzhäusern unterkommen, ganzjährig auf Campingplätzen oder auf Kleingartenparzellen leben oder etwa in Billigpensionen wohnen, sind nicht in der Statistik aufgeführt. 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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