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Nachhaltiges Bauen: Warum recycelter Beton die Zukunft sein kann

Holz gilt als nachhaltiger Baustoff, doch er hat einen entscheidenden Nachteil. Deshalb plädierten zwei Expert*innen bei einem Fachgespräch im Parlamentarischen Beirat des Bundestages dafür, verstärkt alten Beton wiederzuverwerten.
von Uwe Roth · 11. Mai 2023
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Stanimira Markova leitet an der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule (RWTH) in Aachen den Forschungsbereich „Zukunftstechnologien Gebäudenachhaltigkeit“. Gleich zu Beginn ihres Vortrags sorgte die Diplomingenieurin unter den Mitgliedern des Beirats für Verwirrung. Der beschäftigt sich im Bundestag mit Themen zur nachhaltigen Entwicklung und dort galt Holz bislang als ein ideales Baumaterial, weil es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt. Baumstämme statt Beton – für Markova geht die Gleichung aus wissenschaftlicher Sicht nicht auf.

Holz ist nur begrenzt verfügbar

„Holz ist keine endlose Ressource“, argumentierte sie mit Verweis auf den weltweit rasant wachsenden Bedarf der holzverarbeitenden Industrie. „Alle sechs Sekunden verschwindet auf der Welt Wald mit der Fläche eines Fußballfelds“, wusste sie und rechnete hoch: „180 Millionen Hektar Wald sind auf dem Globus für immer verloren.“ In manchen Staaten gebe es ehrgeizige Quoten für die Verwendung von Holz anstatt Beton, der zweifellos mehrere negative Eigenschaften habe, aus ihrer Sicht aber als Baustoff unverzichtbar ist. Staatliche Vorgaben ließen die Nachfrage nach dem Baustoff Holz weiter steigen. Doch mit Blick auf den gesamten Gebäudebestand ändere sich trotz eines verstärkten Einsatzes von Holz am Beton-Anteil nur wenig. Dafür die Ressource Wald zu schröpfen, ergibt aus ihrer Sicht keinen Sinn.

Sie setzt auf Wiederverwertung von Abbruch-Beton. „Wir brauchen unbedingt Quoten für Recycling-Materialien“, verlangte die Wissenschaftlerin. In der Schweiz sei es durch die Einführung einer Mindest-Einsatzquote für Recycling-Beton von 20 Prozent gelungen, dutzende Bauwerke zu schaffen, die vollständig aus Recycling-Beton hergestellt seien und dennoch höchsten Anforderungen an die Tragfähigkeit genügten. Das sei inzwischen „ganz normaler Standard“.

Aus Beton wird Kies

Zum Fachgespräch am Mittwochabend war auch ihr Wissenschaftskollege Volker Thome eingeladen worden. Er ist der Leiter der Abteilung „Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling“ am Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Valley. Auch für ihn ist ausgedienter Beton kein Abfall, der auf der Mülldeponie landen sollte. Trotz der negativen Vorgeschichte: Die Herstellung von Beton ist wegen des hohen Energie-Einsatzes klimaschädlich, da viel CO2 freigesetzt wird. Außerdem werden große Mengen an Kies und Sand verbraucht. Beide Baustoffe sind inzwischen Mangelware und deswegen auch teuer geworden. Und darin liege das Gute im Schlechten, teilte Thome den Beiratsmitgliedern mit: Denn mit entsprechender Technologie, der sogenannten Pyrolyse, lasse sich Beton in wiederverwertbaren Kies verwandeln.

Die Beiratsmitglieder zeigten sich angetan von den modernen Möglichkeiten fürs Recyceln. „Sie sprechen mit sehr aus dem Herzen“, sagte zum Beispiel Franziska Mascheck (SPD), die im Bauausschuss Mitglied ist und viel vom Cradle to Cradle-Prinzip hält. Dieses besagt, dass Materialien am Ende ihrer Tage vollständig wiederverwertet werden sollten.

Experte plädiert für staatliche Vorgaben

Mascheck sah allerdings einen Punkt in den Ausführungen kritisch: Ob Ordnungsvorgaben tatsächlich sein müssten und wirtschaftliche Anreize nicht ausreichten, um das Beton-Recycling anzukurbeln, fragte sie. Doch Markova und Thome äußerten ihre Zweifel, dass Förderprogramme allein reichten. Den unverrottbaren Baustoff auf der Deponie zu entsorgen oder als Müll zu exportieren, sei der einfachere Weg als die Wiederverwertung, auch wenn dafür die Kosten signifikant gesunken seien, sagte Thome.

Wichtig sei zudem, die Akzeptanz für sekundäre Rohstoffe in der Öffentlichkeit zu erhöhen. „Keiner will sein Haus mit dem Bauschutt vom Nachbarn bauen“, sagte Thome. Daher müsse klar festgelegt sein, ab wann Abfall ein sekundärer Rohstoff sei. Der Fraunhofer-Experte schlug vor, in öffentlichen Ausschreibungen verpflichtend die Verwendung eines gewissen Prozentsatzes an sekundären Rohstoffen vorzuschreiben. Zudem plädierte er für den Erlass von CO2-Zertifikaten bei Verwendung von klimaneutralem sekundärem Kalk.

Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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