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Notfallversorgung: Widerstand gegen Reformpläne

Die Kommunen äußern deutliche Kritik an den geplanten Reformen, insbesondere mit Blick auf den Rettungsdienst. Hier zweifeln sie die Gesetzgebungskompetenz des Bundes an.

von Karin Billanitsch · 11. November 2024
Rettungsddienste

Die Zuständigkeit für Rettungsdienste ist Ländersache. Die Trägerschaft des Rettungsdienstes liegt in der Regel bei den Kommunen. 

„Wir verlieren jeden Tag Menschenleben ohne Not, weil unsere Notfallversorgung nicht so gut ist, wie sie sein könnte.“ Mit diesen eindringlichen Worten hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am 9. Oktober im Bundestag für den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung plädiert. 

Mit der Reform soll den Patienten effektiver als bisher geholfen werden. Ambulanzen und Notfallaufnahmen seien überlaufen und überlastet, so der Minister. Nach Schätzungen hätten 30 Prozent der Patienten dort nicht behandelt werden müssen, sagte Lauterbach im Oktober. Anfang November hat die Regierung noch einen Änderungsantrag zum Rettungsdienst nachgeschoben, der im ursprünglichen Entwurf nicht enthalten war. 

In Deutschland gibt es die drei Bereiche vertragsärztlicher Notdienst, Notaufnahmen der Krankenhäuser und die Rettungsdienste. Sie müssten jedoch besser aufeinander abgestimmt und vernetzt werden. „Die Strukturen sind leider nicht stimmig“, so Lauterbach. Als Beispiel nannte er zwei unterschiedliche telefonische Anlaufstellen: die Rufnummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Notrufnummer 112 der Rettungsleitstellen. 

Einrichtung von Akutleitstellen

Die Rufnummern sollen vernetzt werden, indem das Konzept der Akut-Leitstellen eingeführt wird. Dazu soll es Kooperationsvereinbarung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen als Trägern der Akutleitstellen und den Trägern der Rettungsleitstellen geben. 

Integrierte Notfall-Zentren (INZ)

Außerdem sollen nach den Plänen sogenannte Integrierte Notfall-Zentren über die Fläche eingerichtet werden. Die INZ bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der KVen und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle, die digital miteinander vernetzt sind. Eine Ersteinschätzungsstelle soll den Patienten in die richtige Versorgung steuern. 

Nach der ersten Lesung haben die Abgeordneten den Entwurf an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen. Vor wenigen Tagen fand dort eine Experten-Anhörung statt. Allerdings sahen viele Experten Nachbesserungsbedarf.

Kritik: Fehlende Zuständigkeit des Bundes 

Der Deutsche Städtetag begrüßte in seiner Stellungnahme grundsätzlich die „dringend notwendige Reform der Notfallversorgung“ und eine bessere Vernetzung der 112 und der 116117. Aber er forderte gleichwohl Nachbesserungen. Die Experten warnten mit Blick auf den Rettungsdienst davor, in die bestehenden Strukturen einzugreifen. Kritisiert wurde insbesondere, dass der Rettungsdienst in das Sozialgesetzbuch V aufgenommen werden soll, welches die gesetzliche Krankenversicherung regelt. Der Rettungsdienst sei nicht nur eine rein medizinische Leistung, sondern Teil der Gefahrenabwehr, hieß es.

Die Vertreter des Städtetags argumentierten, gemäß „Artikel 30 und 70 Grundgesetz liegt die Gesetzgebungszuständigkeit für die Organisation des Rettungswesens grundsätzlich beim Landesgesetzgeber“. Der Deutsche Landkreistag betonte, dass die im Landesrecht vorgesehenen Träger des Rettungsdienstes „die Kreise und kreisfreien Städte“ seien.

Beide Verbände forderten, der Fokus solle darauf liegen, den § 60 SGB V zu überarbeiten. (Darin ist geregelt, welche Fahrkosten die Krankenversicherungen übernehmen.) Dort wäre klarzustellen, dass die Teilbereiche des Rettungsdienstes, die auf Landesebene über die Jahre entwickelt und ausgestaltet wurden, auch verlässlich finanziert werden, hieß es übereinstimmend.

Die kommunalen Vertreter lehnten auch den Vorschlag eines neuen „Qualitätsausschusses Notfallrettung“ ab. Es drohe eine bundesseitige zentralisierende Struktur für den Rettungsdienst und die Leitstellen allein aus medizinisch-fachlicher Perspektive, die zudem in die bestehenden Finanzierungsregelungen eingreife, lautete die Kritik. Der Städtetag befürchtet eine Steuerungseinwirkung auf Länder und Kommunen und moniert, dass in dem Gremium keine Vertreter der Kommunen als Träger (Deutscher Städtetag und Deutscher Landkreistag) genannt würden. 

Der Städtetag hielt in seiner Stellungnahme zudem die vorgesehene Wartezeit für die Akutleitstelle mit bis zu zehn Minuten für zu lang. Eine derart lange Wartezeit am Telefon würde die Betroffenen wieder zur 112 lenken, hieß es. „Wir fordern daher, dass die Akutleitstelle innerhalb von einer Minute für 75 Prozent der Anrufenden und innerhalb von drei Minuten für 95 Prozent der Anrufenden erreichbar sein muss.“

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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