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Obergrenze für Dönerläden? Was Kommunen regeln können

Die CDU in Heilbronn will die Anzahl der Dönerläden begrenzen. Darf eine Kommune so weit in die lokale Gewerbestruktur eingreifen? Es antwortet Professor Christian-W. Otto, Experte für öffentliches Bau- und Planungsrecht an der TU Berlin.
 

von Carl-Friedrich Höck · 2. September 2024
Ein Mitarbeiter eines Döner Schnellimbisses füllt eine Dönertasche.

Ein Mitarbeiter eines Döner-Imbisses befüllt eine Dönertasche.

DEMO: In der Stadt Heilbronn will die CDU die Zahl der Dönerläden begrenzen, weil es davon zu viele gebe. Ist das rechtlich überhaupt möglich?

Christian-W. Otto: Nein, jedenfalls nicht mit den Mitteln des Bauplanungsrechtes. Ein Bebauungsplan kann Flächen festsetzen, auf denen bestimmte Vorhaben zulässig sind. Er kann aber nicht die Zahl dieser Vorhaben festsetzen. Es ist auch nicht Sinn und Zweck des Planungsrechtes, den Markt und den Wettbewerb zu regulieren. Planungsrechtlich ist es deshalb nicht möglich, eine Obergrenze für die Zahl der Dönerläden festzulegen.

Haben die Kommunen andere Steuerungsmöglichkeiten, um gegen eine zu einseitige Gewerbestruktur vorzugehen?

Ja. Man könnte zum Beispiel für ein Misch- oder Wohngebiet festlegen, dass Schank- und Speisewirtschaften nur ausnahmsweise zulässig sind. Darunter fallen auch Dönerläden. Dann müsste für jede neue Schank- und Speisewirtschaft im Einzelfall geprüft werden, ob sie mit den städtebaulichen Zielen vereinbar ist. Wenn es in dem Gebiet bereits zu viele Schank- und Speisewirtschaften gibt und weitere nicht mehr gebietsverträglich sind, kann durch Versagung der Ausnahme verhindert werden, dass sich weitere Dönerländen ansiedeln.

Bedeutet das, man kann nur die Zahl der Imbisse generell reduzieren, aber nicht speziell die der Dönerläden?

Rein theoretisch könnte man Dönerläden schon zu einer „bestimmten Art“ erklären, für die spezielle Ausnahmeregelungen gelten. Paragraf 1 Absatz 9 der Baunutzungsverordnung erlaubt das. Aber dafür brauche ich einen besonderen städtebaulichen Grund, der dies rechtfertigt. Ich kann also nicht einfach sagen: Das sind mir hier zu viele Dönerläden, mehr wollen wir nicht! Das würde als Begründung nicht reichen.

Was könnte so ein städtebaulicher Ansatzpunkt sein?

Spontan fällt mir keiner ein. Denn dann müsste ich gut begründen können: Was unterscheidet einen Dönerladen aus städtebaulicher Sicht von einem vietnamesischen Schnellrestaurant oder von einem Burgerladen? Ich könnte Ihnen jetzt nicht sagen, warum der eine Laden zulässig sein soll und der andere aber nicht.

Können Kommunen in anderen Bereichen mehr Einfluss auf das Gewerbe nehmen? Zum Beispiel, wenn die Zahl der Kneipen und Bars in einem Stadtviertel zugenommen hat und damit auch der Lärmpegel steigt?

Ja. Wenn zu viele Leute von auswärts in ein Stadtviertel kommen, die Fahrzeuge sich auf der Straße stauen und die Stadt dort gleichsam überläuft, dann darf die Stadt natürlich gegensteuern. Sie darf dann auch einen Stopp für neue Kneipen und Läden verhängen. Die bereits genehmigten Gaststätten haben aber Bestandsschutz.

Wie sieht es mit Wettbüros aus?

Hierbei handelt es sich rechtlich um Vergnügungsstätten. Da kann die Kommune sogar sagen: Die wollen wir im Viertel nicht haben – und sie komplett ausschließen.

Baurechts-Experte

Professor Dr. Christian-W. Otto forscht am Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin. Sein Fachgebiet ist Bau-, Planungs- und Umweltrecht.

Porträtaufnahme Professor Otto

In Heilbronn wird nicht nur über Dönerläden diskutiert. Auch die Zahl der Ein-Euro-Shops habe zu sehr zugenommen, heißt es dort. Was kann eine Kommune da tun?

Auch hier bräuchte man für die Regulierung einen besonderen städtebaulichen Grund. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Es gab eine Zeit, als immer mehr Spielhallen in die Innenstädte eingezogen sind. Die haben eine vergleichsweise hohe Miete gezahlt, aber zu einer Abwertung des Gebietes geführt, den sog. Trading-Down-Effekt ausgelöst. Andere Geschäfte zogen deshalb weg, sodass die Innenstädte zu veröden drohten.

Die Kommunen haben dann den Trading-Down-Effekt als Grund angeführt, um gegen Spielotheken und Wettbüros vorzugehen. Auch sexuelle Dienstleistungsbetriebe lassen sich so verbannen. Aber man darf das nicht einfach machen, nur weil einem diese Betriebe nicht gefallen. Stets müssen die städtebaulichen Auswirkungen sehr genau untersucht werden. Im Prinzip könnte man dies auch bei den Ein-Euro-Shops machen. Dafür müsste man sie aber als Geschäfte zutreffend kategorisieren, dies ist nicht einfach.

Die Bundesregierung plant gerade eine Reform des Baugesetzbuches. Musikclubs sollen als eigene Kategorie in die Baunutzungsverordnung aufgenommen werden. Was bewirkt das für Clubs, die zum Beispiel von Verdrängung bedroht sind?

Zivilrechtlich gar nichts. Wenn ein Vermieter dem Musikclub kündigt, können Sie mit dem Bauplanungsrecht dagegen nichts ausrichten. Trotzdem kann das, was die Regierung plant, den Musikclubs helfen. Denn Musikclubs sind – sofern es sich nicht um Anlagen für kulturelle Veranstaltungen handelt – aus planungsrechtlicher Sicht Vergnügungsstätten. Und Gemeinden lassen Vergnügungsstätten oft nur in sehr geringem Umfang zu oder schließen sie ganz aus, weil sie den nächtlichen Lärm senken möchten. In Zukunft könnten solche Musikclubs auch dort erlaubt werden, wo sonstige Vergnügungsstätten unzulässig sind. Das Lärmproblem bleibt natürlich. Die Clubs dürfen also auch künftig nicht zu laut sein.

Christian-W. Otto ist Professor am Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist Öffentliches Bau- und Planungsrecht.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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