Prognose der Spitzenverbände: Kommunen erwarten Rekorddefizit
Die kommunalen Spitzenverbände haben neue Prognosedaten zur Finanzlage der Kommunen veröffentlicht. Für das laufende Jahr rechnen sie mit einem Defizit von mehr als 13 Milliarden Euro. Das habe mehrere Ursachen.
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Das Finanzierungssaldo der Kommunen ist laut Prognose der kommunalen Spitzenverbände auch in den kommenden Jahren negativ.
Mit drastischen Worten warnen die kommunalen Spitzenverbände vor zunehmender Geldnot. „Die finanzielle Lage der Kommunen verschlechtert sich rapide“, teilten der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) am Dienstag mit.
Anlass sind neue Prognosedaten, welche die drei Verbände vorgelegt haben. Demnach mussten die kommunalen Haushalte bereits im vergangenen Jahr ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro hinnehmen. Im laufenden Jahr verdoppele sich dieses Defizit voraussichtlich auf 13,2 Milliarden Euro, so die Spitzenverbände. Das sei ein neuer Rekord. Auch in den Folgejahren werde das Defizit auf ähnlichem Niveau verharren.
Die Ausgaben steigen
Ein Grund dafür seien wachsende Ausgaben, die von den Kommunen gar nicht beeinflusst werden könnten. Die Verbands-Präsidenten Markus Lewe (Städtetag), Reinhard Sager (Landkreistag) und Uwe Brandl (DStGB) sagten: „Die immer weiter steigenden Ausgaben der Kommunen sind nicht allein der Inflation geschuldet. Gerade im Sozialbereich führen steigende Fallzahlen sowie neue von Bund und Ländern beschlossene Rechtsansprüche zu wachsenden Ausgaben.“
Die drei Verbandspräsidenten warfen Bund und Ländern zudem vor, ihre eigenen Haushalte zu entlasten, „indem sie die Kommunen faktisch zwingen, als Ausfallbürgen einzuspringen“. Zum Beispiel seien die Krankenhäuser, das Deutschlandticket und die Wärmewende nicht ausreichend finanziert.
Weiter heißt es in der Mitteilung: „Die Defizite steigen so rasant, weil viele einzelne Ursachen zusammentreffen: eine Inflation, die sich stärker auswirkt als erwartet, steigende Fallzahlen im Sozialbereich, steigende Kosten im Sozialbereich (zum Beispiel Kosten der Unterkunft aufgrund der Wohnungsmarktkrise) oder Unterstützungsleistungen für kommunale Unternehmen (zum Beispiel aufgrund der unzureichenden Krankenhausfinanzierung).“ Hinzu komme der historisch höchste Tarifabschluss auf kommunaler Ebene aus dem vergangenen Jahr.
Investitionen könnten ausbleiben
Als Folge sei ab dem Jahr 2025 mit einem immer stärkeren Rückgang der kommunalen Investitionen zu rechnen. Der Investitionsrückstand von aktuell 186 Milliarden Euro werde weiter anwachsen.
Jahrelang war das Finanzierungssaldo der Kommunen in der Gesamtbetrachtung positiv, auch wenn bereits zahlreiche Kommunen mit wachsenden Schuldenbergen zu kämpfen hatten. Noch im Jahr 2022 konnten die Kommunen ein Plus von 2,15 Milliarden ausweisen. Doch 2023 rutschten sie in die roten Zahlen. Die Prognose der kommunalen Spitzenverbände sagt auch für die kommenden Jahre ein negatives Finanzierungssaldo voraus: 2025 in Höhe von 13,8 Milliarden Euro, 2026 von 14,4 Milliarden und 2027 von 12,1 Milliarden Euro.
„Die Kommunalfinanzen sind in einer dauerhaften Schieflage“, kommentierten Lewe, Sager und Brandl die Zahlen. Sie fordern Bund und Länder zum Umsteuern auf. Unter anderem drängen sie darauf, den Kommunen einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern zu gewähren.
Auch der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernhard Bernhard Daldrup meint: Die Prognose der kommunalen Spitzenverbände „verdeutlicht eindringlich, dass ebenso Investitionshilfen wie auch systematische Verbesserungen der Finanzierung der Städte und Gemeinden in Deutschland dringend geboten sind”. In einem Gastbeitrag für die DEMO fordert er Verbesserungen auf drei Handlungsfeldern: bei den kommunalen Altschulden, beim Abbau des Investitionsrückstandes und bei der kommunalen Beteiligung am Steueraufkommen.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.