Schrei nach Liebe und Tracy Chapman: Mit Rockmusik ins Landratsamt
„Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe. Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit“ – den Rest des Stücks kann vermutlich jede*r mitsingen. Die Zeilen stammen aus dem 1993 veröffentlichten Lied „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten. Es richtet sich gegen Rechtsextremismus und ist insofern aktueller denn je. Das Lied gehört daher auch zum Repertoire von Christoph Maiers Band „Die Landräte“. Mit der tourt der 50-Jährige bis zur Kommunalwahl am 15. März durch den bayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck vor den Toren Münchens. Denn der SPD-Bewerber möchte den Namen seiner Band zum Beruf machen und Landrat werden.
„Ich neige nicht zum Träumen, aber glaube auch an Chancen“
Sein Hauptkonkurrent Thomas Karmasin von der CSU ist seit 1996 Landrat. Keine leichte Aufgabe, den Platzhirsch aus dem Amt zu verdrängen. „Ich neige nicht zum Träumen, aber ich glaube auch an Chancen“, sagt Maier. Der 50-Jährige will sich als Alternative präsentieren und setzt vor allem auf die Themen Klimaschutz, Bauen und Verkehr. Er will 3.000 kommunale Wohnungen in sechs Jahren für einen Mietpreis von zehn Euro pro Quadratmeter ebenso auf den Weg bringen wie ein 365-Euro-Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr. Bereits seit März 2019 ist der Unternehmer und Rechtsanwalt im Wahlkampfmodus. Zunächst habe er versucht, sich „ganz klassisch“ bekannt zu machen und seine Inhalte zu verbreiten. „Jetzt möchte ich schauen, dass ich noch ein bisschen auffalle“, sagt Maier.
Also kam er auf die Idee, den Wahlkampf mit dem zu verbinden, was ihm am meisten Spaß mache: der Musik. „Ich wollte eine andere Stimmung reinbringen“, sagt Maier. Wahlkampf sei oft sehr verkopft, über die Musik komme auch mal das Herz ins Spiel. Und Maier kann immerhin auf bereits 45 Jahre musikalische Erfahrung zurückschauen. Ganz klassisch begann er mit fünf Jahren, Blockflöte zu spielen. Später trat er jahrelang mit unterschiedlichen Bands als Keyboarder auf. Speziell für seinen Landratswahlkampf hat sich die Band „Die Landräte“ formiert mit einem Bassisten, einem Keyboarder, einem Schlagzeuger und ihm als Sänger.
Premiere mit Rockmusik im Unterhaus
Die Premiere für Maiers Wahlkampftournee war Anfang Januar im Unterhaus. Was nichts mit dem Brexit zu tun hat, aber viel mehr mit einer Musikbar in Fürstenfeldbruck, in der sich gleich etwa 50 Besucher*innen zum ersten Konzert des Landratskandidaten einfanden. Maier, der sonst eher im Bereich Blues oder Jazz zu Hause ist, setzt bewusst auf Rockmusik und politische Lieder. Neben den Ärzten gehören auch Udo Lindenberg, Sting und Wolf Maahn dazu. „Das Ziel des Formats ist es, noch mehr Menschen zu erreichen, die SPD-nah sind.“
Denn auch wenn es schwer wird, den CSU-Amtsinhaber am 15. März als Landrat zu verdrängen, zeigt sich der Sozialdemokrat ehrgeizig. Neben der Musik gilt Maiers Leidenschaft auch dem Sport. Zurzeit coacht er die B-Jugend des FC Puchheim. Als Fußballtrainer spielt er auch bei der Landratswahl auf Sieg. Die erste Hürde wäre, erst einmal in die Stichwahl zu kommen, was der 50-Jährige als Herausforderung beschreibt. Bei der Landtagswahl im Oktober 2018 landete die SPD im Landkreis mit weniger als zehn Prozent nur auf dem fünften Platz. Lakonisch sagt Maier: „Das sind wir in Bayern ja gewöhnt. Machbar ist es schon. Es ist ja eine Personenwahl und meine Person hat einiges zu bieten.“
Über die Revolution reden
Und wer weiß? Vielleicht gelingt ja gut 100 Jahre nach Kurt Eisner die nächste sozialdemokratische Revolution in Bayern. Immerhin singt Maier schon davon, wenn er Tracy Chapmans Hit „Talkin' Bout a Revolution“ auf der Bühne schmettert. Das nächste Mal schon am Donnerstagabend in der gut 14.000 Einwohner*innen zählenden Gemeinde Maisach. Immerhin die flächenmäßig größte im Landkreis Fürstenfeldbruck, den Maier künftig regieren will.
Der Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung von vorwaerts.de