Social Media: Was Ronnenberg sich vom neuen Tiktol-Kanal verspricht
Die Stadt Ronnenberg hat einen eigenen Tiktok-Kanal gestartet, um die junge Generation zu erreichen. Welche Vorteile er sich davon verspricht, erzählt Bürgermeister Marlo Kratzke im Gespräch mit der DEMO.
Stadt Ronnenberg
Marlo Kratzke, Bürgermeister von Ronnenberg, nutzt den neuen Tiktok-Kanal für die Personalsuche.
DEMO: Warum geht man als Verwaltung auf TikTok?
Marlo Kratzke: Uns ist sehr wichtig, dass wir die junge Generation erreichen. Es gibt mittlerweile klare Statistiken, wie viele gerade von der Generation Z ihre Zeit auf Tiktok verbringen. Und nicht nur die Generation Z, sondern auch die Generationen darüber sind auf der Plattform. Zwar erreichen wir über Zeitung, Pressemitteilung und Website schon viele Menschen. Die Millenials kann man oft auf Instagram ansprechen. Tiktok ergänzt das Angebot. Das allererste Video auf Tiktok hatte übrigens sogar über 30.000 Ansichten. Das ist eine ziemlich hohe Zahl für eine Stadtverwaltung von einer kleinen Kommune.
Der zweite Punkt ist tatsächlich der Fachkräftemangel, mit dem wir auch als Stadt Ronenberg zu kämpfen haben. Gerade in der jüngeren Generation ist es immer schwieriger, gute Leute zu gewinnen. Und wenn sie der Stadt Ronnenberg auf diese Weise positiv begegnen, dann ist das, glaube ich, eine sehr gute Maßnahme.
Haben Sie konkret schon Stellen ausgeschrieben?
Wir haben jetzt gerade unsere Azubi-Stellen für das kommende Jahr ausgeschrieben und auch ein Video bei TikTok veröffentlicht.
Können Sie jetzt schon etwas über Zahl und die Qualität der Bewerbungen sagen oder ist das noch zu früh?
Das ist noch zu früh, weil wir tatsächlich einen relativ langen Bewerbungszeitraum haben. Die Auswertungsphase beginnt erst ungefähr in einem Monat, aber wir haben auf jeden Fall schon eine hohe Zahl an Bewerbungen. Das Tiktok-Video hatte tatsächlich eine Reichweite von 3.000 Nutzern.
Sie haben ja bereits kurz die Boomer-Generation angesprochen, also die Älteren. Sie sind auf Tiktok eher die Ausnahme. Wie sind die Reaktionen von älteren Bürgerinnen und Bürgern auf den neuen Kanal?
Tatsächlich habe ich aus der Bevölkerung sehr viel positives Feedback bekommen, was mich auch gefreut hat. Zum Beispiel auch von Vereinsvorsitzenden über 70, die das sehr cool fanden. Aber es gab auch – das gehört zur Wahrheit dazu – kritische Anfragen von CDU und FDP. Das werden wir jetzt im kommenden Sitzungslauf, also im Verwaltungsausschuss und auch in der öffentlichen Ratssitzung aus Verwaltungssicht beantworten und dann natürlich auch mit den Ratsmitgliedern diskutieren.
Worum ging es bei der Kritik?
Es ging um ein Video im speziellen, wo wir mit Verwaltungsklischees gespielt haben, in diesem Fall damit, dass Mitarbeiter am Freitag schon um 13 Uhr Feierabend machen. Aus meiner Sicht wurde der satirische Charakter nicht verstanden. Trotzdem haben wir das Video gelöscht, weil es anscheinend von gewissen Leuten fehlinterpretiert wurde.
Wie viele Ressourcen haben Sie in der Verwaltung für den Start des Kanals verwendet?
Es gibt in unserer Verwaltung keine Stelle, die sich nur mit Social Media beschäftigt, sondern nur eine Kollegin, die motiviert ist und Lust auf die Aufgabe hat. So hält sich der Aufwand wirklich in Grenzen. Teilweise hat sie Schulungen besucht oder recheriert. Im laufenden Betrieb ist der Zeitaufwand für die Videos sehr unterschiedlich: Bei manchen dauert der Schnitt eine Stunde, bei manchen ein bisschen länger. Das ist vor allen Dingen bei TikTok mehr als bei anderen Social-Media-Kanälen eine kreative Arbeit. Die kurzen Filme sind mehr humoristisch als reine Faktendarstellung, wie das oft oft bei Instagram oder Facebook der Fall ist.
Denken Sie schon daran, den Kanal thematisch auszubauen über Stellenanzeigen und witzigen Verwaltungsthemen hinaus? Zum Beispiel mit Hinweisen für junge Touristen?
Ja, daran wird schon gedacht. Touristische Geheimtipps zum Beispiel könnte ich mir sehr gut vorstellen. Bei TikTok ist es wichtig, wirklich in den ersten Sekunden die Leute anzusprechen und das Gefühl zu vermitteln, sie haben einen Mehrwert davon. Bei touristischen Geheimtipps gäbe es ja einen solchen Mehrwert, selbst für jene, die nicht aus Ronenberg kommen. Und der Kanal soll ja auch insgesamt die Stadt Ronnenberg bekannter machen.
Wird das Tool auch genutzt, um die jüngere Bevölkerung zur Beteiligung anzuregen?
Es ist kein echtes Beteiligungstool. Aber aus meiner Sicht könnte es eine gute Möglichkeit sein, dazu aufzurufen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir auf eine Briefaktion null Rückmeldung bekommen haben. Deswegen gehen wir schon heute andere Wege mit Onlinebeteiligung, zum Beispiel durch Kooperation mit den Schulen.
Haben Sie kommunale Vorbilder gehabt, als Sie den Kanal gestartet haben? Was Tiktok angeht, nicht. Das kam tatsächlich komplett ohne ein Vorbild zustande. Wir haben entschieden, dass das für uns richtig ist und deswegen machen wir das. Anders war es beim unserem WhatsApp-Channel, was auch sehr fortschrittlich ist für eine Kommune. Da hatten wir die Stadt Köln als Vorbild, die das sehr professionell und toll machen.
Sind schon Kollegen auf Sie zugekommen, also andere Bürgermeister, die sich informieren wollten?
Direkt nicht, aber wir haben eine Auszeichnung bekommen, bei der die Stadt Ronnenberg als Vorbild für andere Kommunen in moderner Behördenkommunikation gesehen wurde. Besonders Tiktok und WhatsApp wurden hier herausgehoben. Instagram und Facebook machen ja mittlerweile sehr viele Kommunen.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.