Stadt Essen gibt Widerstand gegen AfD-Parteitag auf
IMAGO/Michael Gstettenbauer
„Jetzt haben wir Klarheit. Im Ergebnis räumt das Verwaltungsgericht der Gleichbehandlung von Parteien einen sehr hohen Stellenwert an. Einen Anspruch der AfD auf Durchführung des Parteitags hatten wir auch gar nicht bestritten, lediglich mit einer Verpflichtung der AfD zur Verhinderung von möglichen Straftaten versehen“, sagte Essens Stadtoberhaupt Thomas Kufen (SPD) nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte am vergangenen Freitag beschlossen, dass die Stadt Essen der Partei Alternative für Deutschland (AfD) die Grugahalle für den 15. Bundesparteitag der AfD am 29. und 30. Juni 2024 zur Verfügung stellen muss. Sie darf den Zugang nicht von der Abgabe einer „strafbewehrten Selbstverpflichtungserklärung“ abhängig machen, wie dies der Rat der Stadt Essen in seinem Ratsbeschluss vom 29. Mai 2024 verlangt hat, hieß es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Der Essesner Rat hatte seine Entscheidung damit begründet, es sei hinreichend wahrscheinlich, dass beim Bundesparteitag etwa NS-Parolen geäußert werden könnten.
OB Kufer: „Wir vertreten andere Auffassung“
Gegen diesen Ratsbeschluss hatte sich die AfD juristisch gewehrt und einen Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie von der Stadt Essen verlangte, Zugang zur Grugahalle zu erhalten – mit Erfolg. Die Verwaltungsrichter*innen führten in dem Beschluss aus, „der Zugang dürfe nur versagt werden, wenn bei Nutzung die Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen bestehe.
Die Wahrscheinlichkeit strafbarerer Handlungen lasse sich vor der Veranstaltung nach Lesart des Beschlusses aber praktisch nicht nachweisen, sagte Kufen. Er machte deutlich: „Hier haben wir eine andere Auffassung vertreten. Daher entspricht der Beschluss des Verwaltungsgerichtes nicht unseren Erwartungen, ist aber letztlich zu akzeptieren, auch wenn mehrere für die Stadt wichtige Aspekte im Beschluss offen bleiben", so der Oberbürgermeister.
Im Beschluss hieß es laut Pressemitteilung: „Das Gericht konnte keine hinreichende Tatsachengrundlage erkennen, die die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit von Rechtsverletzungen hätte begründen können.“ Daher sahen die Richter*innen den Anspruch auf Chancengleichheit politischer Parteien aus Paragraph 5 Abs. 1, S. 1 Parteiengesetz und Art. 21, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verletzt.
Stadt verzichtet auf Rechtsmittel
Kufen folgerte nun: „Das heißt jetzt meines Erachtens, dass es Aufgabe der Stadt ist, klarere Regeln für die Vermietung von städtischen Veranstaltungsorten zu fassen", so das Stadtoberhaupt weiter. In zwei weiteren Eilverfahren der AfD-Ratsfraktion und von drei AfD-Ratsmitgliedern hat das Gericht die Anträge auf einstweilige Anordnung abgelehnt. Der Beschluss des Rates über das Vorgehen sei – wie auch von der Kommunalaufsicht bestätigt – nicht zu beanstanden.
Die Stadt verzichtet mehreren Berichten zufolge auf Rechtsmittel und hat entschieden, nicht in die nächsthöhere Instanz zu gehen Ein Termin vor dem Landgericht Essen, der am Montag Vormittag stattfinden sollte, wo es auf zivilrechtlicher Ebene um den Mietvertrag mit der Messe ging – wurde aufgehoben. Die Stadt Essen hat den geltend gemachten Verfügungsanspruch der Partei anerkannt.
Breite Proteste erwartet
Gegen die Veranstaltung sind breite Proteste geplant. Ein gesellschaftliches Bündnis hat einen gemeinsamen Aufruf gestartet, gegen die AfD-Versammlung zu protestieren. Unterstützer sind unter anderem auch die SPD Essen, die NRW SPD, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaftliche Vereinigungen sowie Initiativen gegen rechts aus ganz Deutschland.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.