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Stadtwerke müssen ihrer Kundschaft viel erklären

2,42 Cent je Kilowattstunde wird die Umlage zur Gasbeschaffung hoch sein. Von 1. Oktober an wird diese über die Versorger erhoben. Das hat die Trading Hub Europe GmbH (THE) bekanntgegeben. Auf die Stadtwerke kommt einige Aufklärungsarbeit zu.
von Uwe Roth · 15. August 2022
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Kochen und Heizen mit Gas wird teurer. Um die Auswirkung auf den Geldbeutel der Haushalte zu verdeutlichen, hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen den Betrag 483,80 Euro in die Medienwelt gegeben. Mit diesem Aufschlag müsse ein vierköpfiger Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden jährlich rechnen, heißt es in einer Stellungnahme der Vorständin Ramona Pop. In vielen Berichten hat die Redaktion den Betrag auf 500 Euro aufgerundet. Energieberater*innen setzen diesen Verbrauch für eine mit Gas beheizte Wohnfläche mit allerdings etwa 130 Quadratmetern an. Bei einer 80 Quadratmeter großen Wohnung sind es demnach etwa 11.000 Kilowattstunden und eine Verteuerung von 266 Euro im Jahr.

Stadtwerke sollen Kommunikation verstärken

Stadtwerke erwarten in den kommenden Tagen viele Anrufe von verunsicherten Kund*innen. Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) rät Stadtwerken zu einer intensiven Kommunikation, „um die eigenen Kundinnen und Kunden durch diese herausfordernde Zeit zu begleiten“, schreibt sie in einer Mitteilung. Wichtig sei es nun umso mehr, „die Kundinnen und Kunden ernst zu nehmen“, so ASEW-Geschäftsführerin Daniela Wallikewitz.

Diese suchten nach Möglichkeiten, mit den Preissteigerungen umzugehen. Stadtwerke könnten ihre Rolle „als Vor-Ort-Greifbarer ausspielen“. Sei es eine Basis-Energieberatung, Tipps zu einfachen Gassparmöglichkeiten oder auch weitergehende Beratung etwa zu einem Heizungs-Contracting. Stadtwerke könnten „ihre Expertise sowie die feste regionale Verankerung ausspielen“.

Mannheimer Versorger führt Gasbonus ein

Diesen Weg geht der Mannheimer Versorger MVV (Vorsitzender des Aufsichtsrats SPD-Oberbürgermeister Peter Kurz). Haushalte bekommen einen Bonus, wenn sie im kommenden Herbst und Winter weniger Gas verbrauchen als in den beiden Vorjahren. MVV prämiert jede Kilowattstunde Gas, die zwischen 1. Oktober 2022 und 31. März 2023 eingespart wurde, mit fünf Cent brutto je Kilowattstunde. Maximal sind 125 Euro Bonus möglich. Außerdem gibt es noch einen „Communitybonus“. Dieser setzt sich aus der Einsparsumme aller Teilnehmenden, also der „Community“, zusammen. Dabei werden 20 Euro brutto zusätzlich pro Teilnahmeberechtigten ausgeschüttet, wenn die Gasersparnis der Community zusammengerechnet größer als zehn Prozent ist. Sparen die Teilnehmenden gemeinsam mehr als 15 Prozent ein, gibt es 40 Euro brutto extra. Inklusive Communitybonus können die Teilnehmer also bis zu 165 Euro brutto Gasbonus von MVV erhalten.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht neben einer große Arbeitsbelastung eine finanzielle Belastung auf die Stadtwerke zukommen: Aktuell sei das Verhältnis zwischen Gaslieferanten und Endkunden für die praktische Umsetzung der Umlage rechtlich nicht definiert, stellt Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing fest. Probleme gebe es mit Festpreisverträgen (rund ein Viertel aller Gaskunden in Deutschland) und bei der gasbetriebenen Fernwärme, bei denen die Weitergabe der Umlage aus VKU-Sicht nicht möglich ist.

VKU: Liquiditätsprobleme drohen

„Wenn Stadtwerke mit der Umlage belastet werden, müssen sie sie auch weitergeben können. Sonst würden Stadtwerke in Liquiditätsprobleme kommen“, sagte Liebing. Das dürfe niemand riskieren. Deshalb sei es gut, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Klärung dieser Probleme in Aussicht gestellt habe. Bei der Lösung der Probleme werden der VKU gern mitwirken. Grundsätzlich sei die Umlage aber „ein richtiger Beitrag, damit die höheren Wiedereindeckungskosten der Importeure fair verteilt werden“.

Laut einer Mitteilung des Deutschen Landkreistags ist die Gasumlage „generell zwar geeignet, eine wirtschaftliche Schieflage der kommunalen Versorger abzuwenden. Präsident Landrat Reinhard Sager betonte aber: „Im Zuge dessen müssen aber einkommensschwache und bedürftige Haushalte abgesichert werden, die sonst möglicherweise nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen.“

Landkreistag: Wohngeld um Heizkostenzuschlag erhöhen

Der Landkreistag fordert für das Wohngeld einen dauerhaften pauschalen Heizkostenzuschlag, da dort die Heizkosten bislang nicht einbezogen würden. Außerdem sei im Bereich der Jobcenter und der Sozialämter, die die Kostensteigerungen bei den Heizkosten gegenüber den Leistungsempfängern abfingen, Handlungsbedarf beim Haushaltsstrom gegeben: „Wenn bald höhere Abschläge anfallen, können das sehr viele bedürftige Haushalte nicht bezahlen. Dazu muss der Bund umgehend einen Vorschlag vorlegen. Das geltende Recht sieht jedenfalls keine Möglichkeit vor, den im pauschalen Regelsatz enthaltenen Kostenanteil für Strom zu erhöhen.“

Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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