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Stadtwerke zweifeln an Erreichbarkeit der Klimaziele

Zwei Drittel der kommunalen Unternehmen glauben nicht daran, dass die deutschen Klimaschutz-Ziele bis 2045 unter den geltenden Rahmenbedingungen erreicht werden können. Das geht aus einer Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen hervor.

von Carl-Friedrich Höck · 11. März 2025
Kohlekraftwerk im Sonnenuntergang

Kohlekraftwerk Boxberg: Bis 2045 will Deutschland so weit sein, dass das Land (netto) keine klimaschädlichen Gase mehr ausstößt.

Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland treibhausgasneutral sein. An diesem Ziel ist die deutsche Klimapolitik ausgerichtet. Doch nach Ansicht vieler Stadtwerke wird Deutschland diese Vorgabe verfehlen, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern.

Das offenbart eine Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) unter den eigenen Mitgliedsunternehmen. Die Ergebnisse wurden am Dienstag zum Auftakt der VKU-Verbandstagung in Berlin veröffentlicht. Hier kommen Stadtwerke-Vertreter*innen aus der gesamten Bundesrepublik zusammen, um sich mit Politik und Wissenschaft auszutauschen.

Zwei Drittel halten Ziele für unrealistisch

67 Prozent der befragten Unternehmen halten die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität 2045 unter den geltenden Rahmenbedingungen für nicht realistisch. Jedes vierte Unternehmen hatte keine klare Meinung dazu und nur sieben Prozent halten die Klimaziele ausdrücklich für realistisch.

An der Umfrage, die im Februar 2025 durchgeführt wurde, haben sich 536 Unternehmen aus den Bereichen der Energie-, Wasser-, Telekommunikations- und Abfallwirtschaft beteiligt. Die Antworten gaben die kaufmännischen und technischen Geschäftsführer*innen.

Als Hindernisse wurden unter anderem die hohen Kosten für kommunale Unternehmen, Wirtschaft und Bürger*innen genannt (37 Prozent). Häufig beklagt wurde zudem, dass die Finanzierung der Energiewende nicht geklärt sei (20 Prozent) und diese in Bürokratie ersticke (18 Prozent). 

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: 90 Prozent der Stadtwerke glauben nicht, dass die Energiepreise unter den aktuell geltenden Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren bezahlbar sein werden. Als Gegenmittel plädieren viele Unternehmen dafür, die Stromsteuer für alle zu senken oder Netzentgelte durch Zuschüsse aus Steuermitteln zu senken.

Kämpfer bangt um deutsche Vorbildfunktion

VKU-Präsident Ulf Kämpfer betonte am Dienstag in Berlin: „Wir wollen eine Energiewende. Aber wenn wir das nicht gut hinbekommen in Deutschland, weil es nicht bezahlbar ist, weil uns die Unterstützung wegbricht, dann werden wir auch nicht Vorbild sein können für andere.“

VKU-Präsident

Ulf Kämpfer auf der VKU-Verbandstagung am 11. März 2025 in Berlin: Der VKU-Präsident und Oberbürgermeister von Kiel (SPD) sieht politischen Anpassungsbedarf, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.

Ulf Kämpfer auf VKU-Verbandstagung am Rednerpult

Die kommunalen Unternehmen bräuchten Verlässlichkeit und eine klare Richtung, sagte Kämpfer. Er bedauerte, dass in der vergangenen Wahlperiode einiges liegengeblieben sei: das Heizungsgesetz sei umstritten und die geplante Kraftwerksstrategie habe die Ampel-Regierung nicht mehr beschlossen. „Vieles wird man neu anfassen oder erstmal regeln müssen“, so Kämpfer.

VKU will mehr Effizienz und weniger Bürokratie

Die Finanzierung wichtiger Projekte treibe ihn um, räumte der VKU-Präsident ein. Für die Energiewende müssten 721 Milliarden Euro bis 2030 mobilisiert werden. Die Wasserwirtschaft müsse 800 Milliarden bis 2045 investieren. Auch für andere Bereiche wie Kitas, Krankenhäuser oder Bundeswehr werde mit zwei- bis dreistelligen Milliardenbeträgen hantiert. Er habe keine Ahnung, wie das aufgehen solle, so Kämpfer. Trotz milliardenschwerer Sondervermögen werde das nicht gelingen. „Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht die nächste große Enttäuschung in der Bevölkerung produzieren.“ Der Staat müsse effizienter werden.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing richtete ebenfalls Wünsche an die Politik: Die kommunalen Unternehmen bräuchten Vertrauen und Unterstützung „und weniger Mikromanagement“. Die kommunalen Unternehmen fühlten sich gequält von überbordender Bürokratie. Nicht das Wünschenswerte solle Maßstab für die Gesetzgebung sein, sondern am Ende müsse alles realisierbar sein. Die deutschen Klimaziele seien ambitioniert, doch „wenn ambitioniert zu einem Synonym für unrealistisch wird, dann kommen wir auf eine schiefe Bahn.“

Liebing plädierte dafür, auch privates Kapital für die Energiewende zu mobilisieren. „Unser Ziel ist ein Energiewendefonds“, so Liebing. Bund und Länder könnten mit Garantien und Bürgschaften das Risiko für private Kapitalgeber reduzieren.

Weitere Informationen zur Befragung:
vku.de

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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