Trotz Unterstützung: Zahl der Kommunen mit Haushaltsdefizit steigt sprunghaft
Die gute Nachricht vorneweg: Die finanziellen Hilfen des Bundes und der Länder haben den Kommunen geholfen, vergleichsweise gut durch die Corona-Krise zu kommen. Das bestätigt eine Befragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Demnach sind zwar die Einnahmen aus der Gewerbesteuer im Jahr 2020 um durchschnittlich 15 Prozent eingebrochen. Die Gesamteinnahmen sind aber nur um 4,3 Prozent gesunken. Die Ausgaben sind um 0,2 Prozent gestiegen, also im Wesentlichen stabil geblieben.
Unterm Strich bleibt oft ein Minus
Die schlechte Nachricht lautet: Eine längere Phase der Konsolidierung der Kommunalfinanzen ist im Jahr 2020 – zumindest vorerst – zu Ende gegangen. Wie EY mitteilt, waren die Schulden der Städte, Gemeinden und Kreise zwischen 2015 und 2019 von 144 auf 131 Milliarden Euro gesunken. Im gleichen Zeitraum hatte sich der Anteil der Kommunen mit Haushaltsdefizit von 44 auf 13 Prozent verringert. Für 2020 rechnen jedoch 47 Prozent der befragten Kommunen mit einem Minus im Haushalt. Und nur noch sechs Prozent erwarten einen Überschuss.
Befragt wurden insgesamt 300 Kommunen mit jeweils mindestens 20.000 Einwohner*innen. Durchgeführt wurde die Umfrage im November 2020, also vor dem neuerlichen „harten“ Lockdown. Einige Ergebnisse dürften damit schon wieder überholt sein. So gaben in der Umfrage zumindest noch 32 Prozent der Kommunen an, dass sie im Jahr 2021 Gewerbesteuereinnahmen auf dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019 erwarten. Die große Mehrheit erwartete aber bereits damals Mindereinnahmen auch in diesem Jahr.
Auffällig ist, dass die Kommunen ihre Investitionen trotz der Krise nicht zusammengestrichen haben. 61 Prozent haben sogar ihre Investitionsausgaben für Schulen erhöht oder planen dies für 2021. Auch bei der IT-Infrastruktur hat die Mehrheit der Kommunen (57 Prozent) ihre Investitionen hochgefahren.
Spielraum fürs Sparen fehlt
Einsparungen sind auch bei den kommunalen Angeboten kaum geplant – nur 23 Prozent der Kommunen wollen hier Abstriche machen. Nach Einschätzung des EY-Experten Bernhard Lorentz liegt das unter anderem daran, dass viele klamme Kommunen ihre freiwilligen Leistungen sowieso schon auf ein Minimum reduziert haben. „Ein Schwimmbad oder eine Bibliothek lässt sich nur einmal schließen“, kommentiert er.
Eine finanzielle Stellschraube sind die Steuern und Abgaben. Hier planen 64 Prozent der Städte und Gemeinden eine Erhöhung. Trotz Corona-Krise ist das sogar ein etwas geringerer Wert als im Vorjahr – damals gaben 68 Prozent an, Steuern oder Abgaben erhöhen zu wollen. Eine mögliche Erklärung: Mit ihren Gebühren reagieren die Kommunen auch auf die Inflation. Die ist während der Corona-Krise geringer ausgefallen als üblich. 2019 lag sie bei 1,4 Prozent, 2020 laut Prognosen nur bei rund 0,5 Prozent.
Jeweils 33 Prozent der Kommunen haben in der EY-Umfrage angegeben, mehr Geld für die Müllabfuhr und für die Straßenreinigung zu verlangen. Auch die Wasserversorgung (32 Prozent) und die Parkgebühren (29 Prozent) sollen in vielen Kommunen teurer werden. Die Grundsteuer soll bei jeder fünften Kommune steigen, die Gewerbesteuer bei jeder neunten.
Mehr Informationen:
Hier finden Sie den EY-Bericht zur Umfrage
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.