Umfrage zum Gesundheitswesen: Medizinische Zentren kommen gut an
Die Bosch Health Campus GmbH hat die Umfrage beim Forsa-Institut in Auftrag gegeben. Die Einrichtung mit Sitz in Stuttgart gehört zur Robert-Bosch-Stiftung und hat sich 2018 zur Aufgabe gemacht, „eine Reformwerkstatt für unser Gesundheitswesen“ zu entwickeln. Die Zielrichtung ist eindeutig: Um dem Mangel an Hausärzt*innen zu begegnen, sollen leere Praxen nicht unbedingt mit einem hohen finanziellen Aufwand durch die Kommune wiederbelegt, sondern medizinische und pflegerische Angebote in einem Gebäude gebündelt werden. Der Alles-in-einer-Hand-Ansatz soll dem Gesundheitssystem zudem Kosten sparen.
80 Prozent der Befragten unterstützen den Ansatz
Das Projekt wird im Frühjahr abgeschlossen. Die Ergebnisse der Umfrage sind ein Teil der Forschungsarbeit. Forsa hat dazu Anfang des Jahres bundesweit 1.850 Personen über 18 Jahre befragt. Alles in allem bestätigen diese den Ansatz: Geht es nach den Antworten, wäre für eine breite Mehrheit in der Bevölkerung eine Versorgung aus einer Hand eine ideale Lösung, das medizinische Angebot am Wohnort zu verbessern. Knapp 80 Prozent der Befragten fänden solche Angebote vorteilhaft. Bosch Health Campus sieht darin den Vorschlag bestätigt, sogenannte multiprofessionelle Primärversorgungszentren einzurichten.
Darin sollen Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen, Pflegekräfte und Gesundheitsberufe zusammenarbeiten. Dafür müsste jedoch die Ausbildung der Gesundheitskräfte gestärkt werden, sagten so ziemlich alle Befragten auf die entsprechenden Fragen des Forsa-Instituts. Eine schrittweise Stärkung des Pflegeberufs durch eine Akademisierung und Erweiterung des Verantwortungsbereichs ist erwünscht. Aber immerhin ein Viertel der Befragten sehen ein Pflegestudium als nicht unbedingt notwendig an. Acht Prozent sagten, eine Änderung diesbezüglich sei nicht nötig.
Hausarztversorgung der Befragten ist immer noch gut
Die Ärzteversorgung an den Wohnorten der Befragten ist wohl nicht so trostlos, wie vielleicht von den Auftraggebenden erwartet. Nur sieben Prozent verneinten die Frage, ob es in ihrer Nähe eine Hausarztpraxis gebe. Knapp 80 Prozent sagten, dass sie bei Bedarf ohne längere Wartezeit einen Termin beim Hausarzt erhielten. Etwas ungünstiger fällt das Bild mit Blick auf die Bewertung der Versorgung mit Fachärzten aus. 57 Prozent verneinten die Frage, ob in ihrer Nähe ein ausreichendes Angebot an Fachärzt*innen zu finden sei. Nur ein Viertel der Befragten stimmt der Aussage zu, dass sie, wenn sie einen Termin beim Facharzt benötigen, diesen ohne längere Wartezeiten erhielten. 39 Prozent stimmen dieser Aussage eher nicht zu und weitere 35 Prozent gar nicht.
Aus Sicht von Bosch Health Campus stagniert in Deutschland die Entwicklung zu einem zukunftsfähigen Gesundheitssystem. Die Bosch-Stiftungstochter macht die Einschätzung an diesen Zahlen fest: Nur drei Prozent der Befragten hätten angegeben, dass sich die gesundheitliche und medizinische Versorgung bei ihnen vor Ort im vergangenen Jahr verbessert habe. 55 Prozent der Befragten meinten, sie sei gleichgeblieben und vier von zehn Befragten (39 Prozent) sagten, diese habe sich eher oder sogar stark verschlechtert. Befragte, die in mittelgroßen Orten von 20.000 bis unter 100.000 Einwohnern leben, beklagten vergleichsweise häufig, dass sich die gesundheitliche und medizinische Versorgung bei ihnen vor Ort im vergangenen Jahr verschlechtert habe. Chronisch Kranke gaben häufiger an, dass sich die Versorgung vor Ort im vergangenen Jahr verschlechtert habe.
Pragmatischer Umgang mit digitalen Angeboten
Nimmt man die Befragung als repräsentativ, ist die Bevölkerung digitalen Angeboten nicht abgeneigt: Ein Großteil der Befragten (80 Prozent) findet es demnach wichtig, dass die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung ergeben, stärker genutzt werden als bisher. Als Beispiel genannt wurden die digitale Patientenakte oder der Einsatz von Computern bei Operationen. Drei Viertel der Befragten hätten gerne eine zentrale Anlaufstelle für gesundheitliche Fragen, die sie langfristig begleitet und einen Überblick über ihre Krankheitsgeschichte hat. 83 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bereit wären, mehr gesundheitsrelevante Daten mit ausgewählten gesundheitlichen Einrichtungen zu teilen, um selbst eine bessere Versorgung zu erhalten – beispielsweise in Form von langfristigen Behandlungs- und Medikationsplänen bei chronischer Erkrankung oder zur besseren Überwachung ihrer Gesundheitswerte, um Krankheiten besser vorbeugen zu können. 15 Prozent stimmen dem nicht zu.
Bosch Health Campus erinnert mit Blick auf die Befragungsergebnisse an das Konzept des Community Health Nursing, dessen Einführung im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampel angekündigt worden war: Nach dem Vorbild anderer Länder wie Kanada oder Skandinavien werden pflegerische Ansprechpersonen ausgebildet, die akademisch qualifiziert sind und für den Einsatz in der primären Gesundheitsversorgung im urbanen und ländlichen Raum vorbereitet werden. Dort stehen die sogenannten Community Health Nurses für Gesundheitsfragen aller Art bereit und unterstützen Menschen jeglichen Alters bei der Bewältigung des Alltags mit Erkrankungen und helfen, die zunehmenden Versorgungslücken auch im ärztlichen Bereich aufzufangen.
ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu