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Warum dem Bürgermeister von Sylt die vorzeitige Abwahl droht

Die Gemeindevertretung von Sylt hat ein Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Nikolaus Häckel eingeleitet. Über dessen Zukunft werden nun die Bürger*innen abstimmen. Der Amtschef ist seit Langem erkrankt, die Gemeindevertretung nennt jedoch andere Gründe.

von Carl-Friedrich Höck · 19. Juli 2024
Rathaus Sylt

Rathaus der Gemeinde Sylt

Dem Bürgermeister der Gemeinde Sylt Nikolaus Häckel (parteilos) droht die vorzeitige Abwahl. Am Donnerstag hat die Gemeindevertretung für die Einleitung eines Abwahlverfahrens gestimmt. Das Ergebnis fiel deutlich aus: 26 Gemeindevertreter*innen stimmten für das Verfahren, drei dagegen, bei einer Enthaltung.

„Schwere Mängel in der Amtsführung”

Der Antrag war von allen Fraktionen mit Ausnahme des SSW eingebracht worden. Beteiligt waren CDU, SPD, Grüne, Sylter Wählergemeinschaft und Die Insulaner. Nachdem die Gemeindevertretung das Abwahlverfahren beschlossen hatte, veröffentlichte der Bürgervorsteher eine schriftliche Begründung via Pressemitteilung.

„Bei der Abwahl geht es nicht um die Person Nikolaus Häckel, sondern um schwere Mängel in der Amtsführung“, heißt es darin. Diese Klarstellung war notwendig, weil der Bürgermeister seit Februar krankgeschrieben ist und auch im vergangenen Sommer lange ausgefallen war. Die Verwaltung begründete dies damals mit einer belastungsbedingten seelischen Erkrankung.

Nothaushalt trotz guter Kassenlage

Die Erkrankung sei aber nicht der Grund für die Abwahl, betonte der Sylter SPD-Vorsitzende und Gemeindevertreter Peter Marnitz. „Wenn wir die Hoffnung gehabt hätten, dass er nach einer Gesundung die Verwaltung anders führen würde, hätten wir es nicht gemacht“, sagte er im Gespräch mit der DEMO.

Die Gemeinde habe aber seit drei Jahren keinen genehmigungsfähigen Haushalt, weil der Bürgermeister die nötigen Voraussetzungen nicht geschaffen habe. Er bekomme die Anlagenbuchhaltung „nicht auf die Reihe“, so Marnitz. Dabei sei die Gemeinde wohlhabend. Trotzdem ist ihre finanzielle Handlungsfähigkeit mittlerweile stark eingeschränkt, wie Marnitz erklärte: „Wir können nur mit einem Nothaushalt arbeiten.“

Im Schreiben der Fraktionen werden noch weitere Gründe für das Abwahlverfahren genannt. Der Bürgermeister habe wichtige Entscheidungen getroffen, ohne die Gemeindevertretung zu informieren oder einzubinden. Teilweise sei er zu diesen Entscheidungen auch gar nicht befugt gewesen. Der aktuelle Prüfbericht des Kreises Nordfriesland für die Jahre 2010 bis 2022 führe „eine Fülle von Unzulänglichkeiten im Verwaltungshandeln unter der Verantwortung des hauptamtlichen Bürgermeisters auf“. Dieser nehme „die notwendige Repräsentanz“ der Gemeinde nicht wahr und fehle oft in Ausschüssen oder Gremiensitzungen. Die am Antrag beteiligten Fraktionen werfen den Bürgermeister Mängel in der Personalführung vor und stellen fest: „Das Vertrauen zwischen dem Bürgermeister und den Beteiligungsunternehmen sowie dem Eigenbetrieb der Gemeinde Sylt ist zerrüttet.“

Häckels Amtszeit läuft noch drei Jahre 

Nikolas Häckel ist seit 2015 Bürgermeister der Gemeinde Sylt. Im Jahr 2021 wurde er wiedergewählt. Damals unterstützte auch die SPD den Amtsinhaber. Doch mit den Haushaltsschwierigkeiten sei auch die Zusammenarbeit in den vergangenen drei Jahren schwieriger geworden, berichtete Marnitz der DEMO. Wegen der verfahrenen Situation habe die SPD-Fraktion vergeblich das Gespräch mit dem Bürgermeister gesucht. Mitmenschlichkeit sei ihm wichtig, betonte der SPD-Vorsitzende. Aber: „Was will man machen, wenn die Gemeinde den Bach runtergeht?“

Nach der Entscheidung der Gemeindevertretung haben nun die Bürger*innen das Wort. Am 29. September sollen sie über die Abwahl abstimmen. Diese kommt zustande, wenn sich mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen und eine einfache Mehrheit für die Abwahl stimmt.

In diesem Fall rechnet die Gemeindevertretung mit Folgekosten von 120.000 Euro für das Ruhegehalt des abgewählten Bürgermeisters.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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