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Warum die Wohneigentums-Quote in Deutschland gesunken ist

In Deutschland bilden zu wenig Menschen Wohneigentum, warnt die Baustoff-Branche. Eine Studie zeigt: Die Eigentumsquote ist sogar zurückgegangen. Warum das auch für Mieter*innen ein Problem werden kann – und was die Politik dagegen tun könnte.

von Carl-Friedrich Höck · 13. Januar 2025
Neubausiedlung mit Solardächern

Neubausiedlung in Herzogenaurach: Der Traum vom Eigenheim geht für viele Haushalte nicht in Erfüllung.

Deutschland gilt als Land der Mieter*innen. Und das zu Recht: Weniger als 44 Prozent der deutschen Haushalte leben in einer Immobilie, die ihnen gehört. Mit dieser Eigentumsquote liegt die Bundesrepublik im europäischen Vergleich auf den hintersten Plätzen. In Italien und Spanien zum Beispiel liegt die Quote bei weit über 70 Prozent, in der Slowakei sogar bei mehr als 90 Prozent.

In der niedrigen Eigentumsquote hierzulande sehen manche ein Problem. Am Montag hat der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) eine Studie des Pestel-Instituts vorgestellt. Dessen Leiter Matthias Günther sagte: „Eine bezahlte Immobilie ist der beste Schutz vor Altersarmut“. Insbesondere älteren Menschen wachse die Miete schnell über den Kopf. Der Bund müsse Wohneigentum als festen Baustein der Altersvorsorge berücksichtigen.

Eigentumsquote geht zurück

Der Trend zeigt jedoch in eine andere Richtung. Beim Zensus 2022 wurde ermittelt, dass die Wohneigentumsquote in den zurückliegenden zwölf Jahren sogar um zwei Prozentpunkte gesunken ist. Dabei zeigen Befragungen laut Pestel-Institut, dass zwischen 70 und 90 Prozent der jungen Menschen danach streben, Wohneigentum zu bilden. Besonders beliebt sind nach wie vor Einfamilienhäuser. Doch dieser Traum bleibt immer öfter unerfüllt. Im Jahr 2024 sind die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser im Vergleich zum Jahr 2022 um 50 Prozent eingebrochen.

BDB-Präsidentin Katharina Metzger ist überzeugt, dass darunter auch Mieter*innen leiden. Sie spricht von einem „Sickereffekt“: Wenn diejenigen, die sich ein Eigenheim wünschen, nicht aus ihren Mietwohnungen ausziehen könnten, verschärfe das den Mangel auf dem Mietwohnungsmarkt.

Das Pestel-Institut hat sich mögliche Gründe angeschaut, warum es jungen Menschen zu selten gelingt, eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus zu erwerben. Die Hauspreise sind von 2020 bis 2024 im bundesweiten Durchschnitt um rund ein Drittel gestiegen – also fast doppelt so stark wie der Verbraucherpreis. Dazu haben einerseits Inflation und gestiegene Bauzinsen beigetragen. Andererseits hätten sich die Förderbedingungen verschlechtert, kritisiert das Pestel-Institut.

Spitzen- statt Breitenförderung?

Christian Bruch, Geschäftsführer der Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), fand dafür deutliche Worte. Das Baukindergeld sei 2022 weggefallen – damit seien zuvor mehr als 400.000 Wohnungen gefördert worden. Auch die Förderung für energieeffiziente Gebäude sei umgestaltet worden. Statt in der Breite zu fördern, habe der Bund „auf eine ambitionierte Spitzenförderung umgestellt“. Er bezuschusse also nur noch besonders energieeffiziente und damit teure Gebäude (nach Effizienzhaus-40-Standard). Bruch glaubt, dass deshalb nur noch diejenigen ein Haus bauen, die es sich ohnehin hätten leisten können. „Dadurch entstehen nicht mehr Gebäude“, kritisierte er.

Damit sich wieder mehr Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen können, schlägt das Pestel-Institut vier Maßnahmen vor:

  • Der Bund soll in der Wohnungsbaupolitik für Sicherheit und Verlässlichkeit sorgen – mindestens für die nächsten 20 Jahre. „Wer sich bis an die Grenze des Machbaren verschuldet, der will kein Risiko – keine Überraschungen durch zusätzliche Klimaschutzauflagen zum Beispiel“, erklärte BDB-Präsidentin Metzger.
  • Der Bund soll die Bildung von Wohneigentum wieder effektiver und umfangreicher fördern. „Der soziale Wohnungsbau war ursprünglich – von den 50er- bis in die 80er-Jahre – zu rund 40 Prozent Wohneigentumsförderung. In diese Richtung muss es jetzt wieder gehen“, sagte Matthias Günther vom Pestel-Institut.
  • Der Staat soll einer „Starthilfe“ geben, indem er Darlehen mit niedrigem Kredit vergibt, etwa beschränkt auf zwei Prozent Zinsen. Dies könne fehlendes Eigenkapital ersetzen.
  • Viertens schlägt das Institut vor, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum auf die Grunderwerbssteuer zu verzichten. Die Entscheidung hierüber liegt allerdings nicht beim Bund. Die Grunderwerbssteuer fließt in die Kassen der Länder und Gemeinden.

Nicht nur in Richtung Politik empfiehlt das Pestel-Institut ein Umdenken. Auch die Haushalte sollten sich in ihrer Nachfrage anpassen, indem sie kleinere Objekte in preiswerten Lagen in den Blick nehmen. Viele Städte und Gemeinden planten bereits um, berichtete Institutsleiter Günter: Wo zunächst freistehende Einfamilienhäuser vorgesehen waren, würden nun Reihenhäuser geplant.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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