Thomas Keck ist der neue Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen. Das „SPD-Urgestein“, so der Südwestrundfunk zu seinem Sieg am vergangenen Sonntag, setzte sich gegen seinen Konkurrenten von der CDU im zweiten Wahlgang durch.
SPD in Großstädten stark
Mit seiner Wahl ist die Mehrzahl der Rathäuser baden-württembergischer Großstädte erneut in sozialdemokratischer Hand. Mannheim (Peter Kurz), Karlsruhe (Frank Mentrup) und Heilbronn (Harry Mergel) haben fast traditionell einen SPD-Oberbürgermeister. Der in Freiburg regierende, parteilose Martin Horn kam mit starkem Rückenwind der SPD an die Spitze der Verwaltung. In den neun Großstädten des Bundeslandes (mit mehr als 100.000 Einwohnern) stellt die CDU zwei OBs, die Grünen mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister einen.
Warum es für die SPD in den Städten vergleichsweise gut läuft erklärt sich Keck so, dass „die Partei mit ihren Themen in den Städten an den Bürgerinnen und Bürgern sehr nah dran ist“. Der 56-Jährige nennt als drängende Probleme mangelnden Wohnraum und fehlende Kita-Plätze. Auch in Reutlingen herrscht an beidem großer Mangel. Die Stadt mit rund 116.000 Einwohnern ist verkehrsgünstig gelegen, hat eine attraktive Innenstadt und gleichzeitig eine Umgebung mit hohem Freizeitwert.
Keck kennt sich in der Reutlinger Politik aus
Keck ist in Reutlingen geboren und aufgewachsen. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Dass er mit den Themen Wohnen und Kitas gepunktet hat, wundert ihn nicht: Seit mehr als 20 Jahren ist er Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Reutlingen-Tübingen. Bereits 30 Jahre ist er in der Kommunalpolitik, seit 1994 sitzt Keck im Gemeinderat und seit 1999 im Kreistag. In einem Stadtbezirk ist er seit 15 Jahren Bürgermeister. Die Bevölkerung kennt ihn auch als Vizepräsident des Schwäbischen Albvereins. Es ist der größte Wanderverein Europas.
Im Wahlkampf hat Keck Beruf und Politik vereint: Er ging durch die Fußgängerzone seiner Stadt, den Blick nach oben gerichtet. Dabei registrierte er über der Ladezeile viel ungenutzten Wohnraum. Er sprach die Eigentümer an und überzeugte einige, leerstehende Stockwerke zu vermieten. Einmal ist er dabei von einem Kamerateam begleitet worden. Das Wohnraumpotenzial kann er bislang nur abschätzen. „Für ein paar Hundert Leute reicht es aber sicher.“ Als Oberbürgermeister will er die Angelegenheit mit seinen künftigen Mitarbeitern systematisch angehen.
Beschäftigen wird ihn auch „die gewaltige Verkehrsproblematik“. Reutlingen ist von Dieselfahrverboten bedroht. „Ein völlig neues Buskonzept“ soll Abhilfe schaffen. In seine Amtszeit wird 2022 die Inbetriebnahme der Regionalstadtbahn fallen, die den ländlichen Raum enger an Reutlingen anbinden wird.
Auf den Wahlsieg folgen schwere Herausforderungen
„Es werden keine leichten Jahre werden“, weiß der Frischgewählte heute schon. Im Amt will er seine politischen Überzeugungen nicht aufgeben, auch wenn diese ihn als Rathauschef vor anderen Herausforderungen stellen. In der Stadt müssen rund 900 Kinderbetreuungsplätze geschaffen und Schulen saniert werden. Ein sechstes Gymnasium und eine zweite Realschule sind in der Planung. „Das sind hohe Investitionen.“ Dennoch unterstütze er die Initiative der Landes-SPD „ausdrücklich“, Kitaplätzen kostenfrei zu machen, wie er betont. Das entlaste junge Familien.
Ein weiteres Projekt wird ihn ebenfalls einige Energie kosten. Seine Vorgängerin Barbara Bosch ist mit dem Plan an der Landesregierung gescheitert, Reutlingen zu einem Stadtkreis zu machen. „Reutlingen passt nicht mehr zum Landkreis und muss endlich selbständig werden“, bekräftigt Keck, der als Kreisrat mit dieser Überzeugung oft genug angeeckt ist. Beharrlichkeit sei eine Charaktereigenschaft, mit der er seine Ziele anstrebe. „Ich bin ein schwäbischer Brettlesbohrer“, bekennt er.
ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu