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Wie der Klimawandel den Öffentlichen Gesundheitsdienst herausfordert

Mit der Corona-Pandemie bekam der Öffentlichen Gesundheitsdienst viel Aufmerksamkeit, der Bund steckte Milliarden in den Ausbau. Doch die Förderung könnte bald auslaufen, befürchten Amtsärzt*innen. Dabei kündigt sich schon eine neue große Aufgabe an.
von Susanne Dohrn · 26. April 2024
Wo geht´s lang? Auf einem Kongress in Hamburg wird über die Zukunft des Öffentlichen Gesundheitsdienstes diskutiert.

Der Baum mit ausladender Krone muss weg. Er steht im Weg, wo ein neues Wohngebiet entstehen soll. So sehen es die Investor*innen, die nicht um ihn herum planen wollen. Dabei gäbe es gute Gründe, den Baum zu erhalten. Einen zentralen lieferte der Kongress „Der Öffentliche Gesundheitsdienst – Rückenwind für Gesundheit“, der vom 24. bis zum 27. April mit 1.200 Teilnehmenden in Hamburg stattfindet.

Von Hitzeschutz bis Pandemiebekämpfung

Bäume sind zunehmend Teil kommunaler Hitzeschutz-Planung, denn in ihrem Schatten ist es im Freien auch dann noch gut auszuhalten, wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen. Deshalb reichen die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitsdienste (ÖGD) mittlerweile von der Stadt- und Hitzeschutz-Planung über die Gesundheitsvorsorge bis zur Pandemiebekämpfung. Dafür braucht der ÖGD finanzielle Ressourcen, die auf Dauer angelegt sind, forderte Kristina Böhm, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).

Grundsätzliche Zustimmung für „einen modernen, starken Öffentlichen Gesundheitsdienst“ gab es von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. In seinem Grußwort verwies er auf das geplante „Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit“. Es soll sich künftig sowohl um die Gesundheitskommunikation im Allgemeinen als auch um eine schnelle, flexible Einsatzbereitschaft bei Gesundheitskrisen kümmern. „Gleichzeitig werden Krankheitsvorbeugung und Gesundheitskompetenz gestärkt, was mir als Präventionsmediziner ganz besonders am Herzen liegt.“ Lauterbach weiter: „Ziel ist das digitale Gesundheitsamt 2025.“ Die Übermittlung von Infektionszahlen per Fax, wie während der Corona-Pandemie vielerorts geschehen, wird sich dann nicht wiederholen, so der Plan.

Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst

Es war die Corona-Krise, die den ÖGD wieder ins Licht der Öffentlichkeit rückte. Personalmangel und veraltete Kommunikationstechniken standen für das Schattendasein, das er viel zu viele Jahr geführt hatte. Die Bundesregierung reagierte und stellte mit ihrem „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2026 insgesamt vier Milliarden Euro bereit. Im Rahmen des Paktes wurden in Deutschland tausende neue unbefristete Stellen im ÖGD geschaffen, hob Ute Teichert hervor, Abteilungsleiterin „Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit, Nachhaltigkeit” im Bundesministerium für Gesundheit. Allein in Hamburg sind es mehr als 90, darauf verwies der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in seinem Grußwort.

Aber wie geht es weiter? Der Klimawandel ist Realität. „Mit der Physik kann man nicht verhandeln“, so der Klimaforscher Mojib Latif in seinem Vortrag. „Mehr als 40 Grad in Hamburg, wie 2022, das gab es früher nicht.“ Inzwischen würden in manchen Regionen in Deutschland an mehr als 20 Tagen Temperaturen von mehr als 30 Grad erreicht. Latif, der auch Präsident der Akademie der Wissenschaften Hamburg ist, warnte: „Hitze tötet.“ Er erinnerte an den Sommer 2022, der in Europa zu zehntausenden Hitzetoten geführt habe.

Zu viele Aufgaben für zu wenig Personal

Solche Entwicklungen beschäftigen auch den ÖGD. Ihre Mitarbeitenden sind bei kommunalen Hitzeaktionsplänen gefragt. Sie sollen die Gesundheitskompetenz einer vielfältigen und vielsprachigen Einwohnerschaft fördern und auf Pandemien vorbereitet sein. Sie sind Ansprechpartner für Altenheime und Pflegedienste und fragen sich angesichts klammer kommunaler Haushalte, wie es nach 2026 weitergeht, wenn der Pakt für den ÖGD ausläuft und die Bundesmittel versiegen. „Die Gefahr besteht, dass dann die Stellen aufgrund mangelnder Finanzmittel in den Kommunen auslaufen“, befürchtet die BVÖGD-Vorsitzende Kristina Böhm.

Auch mit den zusätzlichen Mitteln gebe es schon jetzt zu wenig Personal für zu viele Aufgaben. Deshalb müsse der ÖGD langfristig gestärkt und ausgebaut werden. Fachpersonal, die Erfahrung machen mittlerweile alle Branchen, bekomme man nur mit langfristigen und attraktiven Perspektiven für die Bewerber und Bewerberinnen. Die werden dringend gebraucht, denn eins ist sicher: Die nächste Pandemie, die nächste Hitzewelle, sie kommen bestimmt. Kritisiert wurde, dass der der ÖGD im Referentenentwurf des „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes“, keine zentrale Rolle mehr spiele. „Allein die Möglichkeit, kommunale Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen, ist im neuen Entwurf übriggeblieben“, so die gemeinsame Stellungnahme des BVÖGD und der Deutschen Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen.

Autor*in
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und SPD-Ratsfrau in Tornesch

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