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Wie Gesundheitskioske die Versorgung in Thüringen verbessern

Auf dem Land ist der Weg zum nächsten Facharzt oft weit. In Thüringen sollen Gesundheitskioske helfen, die Versorgungslücke zu füllen. Das Besondere: Auch Telemedizin wird hier angeboten.
von Carl-Friedrich Höck · 18. August 2023
Beraterin Carolin Anders (li.) spricht vor der Eröffnung des ersten Thüringer Gesundheitskiosks mit einer Interessentin.

Der erste Gesundheitskiosk in Thüringen eröffnete im vergangenen November. Es ist ein kleiner Holzbau direkt an einer Bushaltestelle in Urleben, einer 400-Einwohner-Gemeinde.

Hier finden die Menschen einen Mix aus Informationen, individueller Betreuung und Präventionsangeboten, erklärt Cornelia Klisch. Sie ist gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Gesundheitskioske gibt es auch in anderen Bundesländern, etwa in den Großstädten Hamburg und Essen. Thüringen hat sich bewusst für einen anderen Weg entschieden und legt den Fokus auf ländliche Regionen.

„Niedrigschwellige Angebote”

Eine weitere Besonderheit: In Thüringen werden auch telemedizinische Video-Sprechstunden mit Ärzt*innen angeboten. „Es geht darum, niedrigschwellige Angebote zu schaffen“, sagt Klisch. Ein Gesundheitskiosk ersetze keine Arztpraxis. Doch vielen älteren Menschen auf dem Land falle es schwer, zum Arzt zu gehen. Die neuen Strukturen könnten diesen Menschen unter die Arme greifen und ihnen in Gesundheitsfragen Orientierung geben. Besetzt werden die Kioske mit nichtärztlichem Gesundheitsfachpersonal. Darunter fallen in Thüringen zum Beispiel sogenannte „Gemeindeschwestern”.

Mittlerweile gibt es drei weitere Gesundheitskioske in dem Bundesland. Auch sie liegen in kleinen Gemeinden, alle Standorte gehören zum Unstrut-Hainich-Kreis. Landrat Harald Zanker (SPD) unterstützt das Projekt aktiv. Trägerin ist die Gesellschaft „Gesundes Landleben”, die von der Stiftung Landleben und dem Unternehmen OptiMedis gegründet wurde.

Finanziert werden die Thüringer Gesundheitskioske zu zwei Dritteln vom Land und aus EU-Mitteln. Der Rest komme hauptsächlich von den Krankenkassen, teilt Cornelia Klisch mit. Sie hält es für wichtig, dass auch die Kommunen mit im Boot sind und zum Beispiel die Suche nach einem geeigneten Standort unterstützen. Und es brauche jemanden, der sich verantwortlich fühlt.

Lauterbach plant 1.000 Gesundheitskioske

Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), soll es in Deutschland langfristig 1.000 Gesundheitskioske geben. „Selbst in strukturell schwachen Gebieten sollen alle die Möglichkeit haben, schnell und kompetenz in Gesundheitsfragen beraten zu werden und unbürokratisch Hilfe zu erhalten“, wird er auf der Website seines Ministeriums zitiert.

Lauterbach plant ein Initiativrecht für Kommunen: Sie sollen eigenständig entscheiden dürfen, wo ein Kiosk errichtet wird. So sieht es das geplante „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“ vor. Ein Referentenentwurf liegt seit Juni vor.

Wenn eine Kommune ihr Initiativrecht ausübt, sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, 80 Prozent der Kosten zu tragen. Die restlichen 20 Prozent sollen die Kommunen selbst übernehmen. Das Gesundheitsministerium rechnet mit einem finanziellen Aufwand von rund 400.000 Euro pro Jahr.

Beratung, Netzwerkarbeit und medizinische Routineaufgaben

Insbesondere in sozial benachteiligten Regionen und Stadtteilen sollen die Gesundheitskioske niedrigschwellige Beratung anbieten, informiert das Bundesgesundheitsministerium. Sie sollen auch koordinierende Funktionen übernehmen und sektorenübergreifende Netzwerke aufbauen. Pflegefachkräfte können in den Kiosken auch einfache medizinische Routineaufgaben durchführen: etwa Blutdruck und Blutzucker messen oder einen Verband wechseln.

In Thüringen komme mit Lauterbachs Vorstoß ein neuer Aspekt hinzu, sagt die Landtagsabgeordnete Klisch: der Blick auf die Städte. Dafür müsse man das Projekt modifizieren. Die Landvariante des Gesundheitskioskes sei immerhin schon gut angelaufen.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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