Wie Olaf Scholz 80 Prozent Erneuerbare bis 2030 schaffen will
Nach Ansicht vieler Stadtwerke läuft die angestrebte Energiewende zu schleppend. Um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, müsse das Tempo erhöht werden, mahnte am Montag Ingbert Liebing, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). „Die Windräder und Solaranlagen, die wir heute und morgen brauchen, hätten gestern gebaut werden müssen.“
Scholz: „We can make it”
Dagegen versprühte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag auf der VKU-Verbandstagung Optimismus. „We can make it“, lautete seine Botschaft an die kommunalen Unternehmen. „Die Energiewende kann und wird uns auch gelingen.“ Die Bundesregierung setze auf sichere, bezahlbare und nachhaltige Energie. Die Erneuerbaren versprächen auf Dauer auch bessere Renditen. Bis zum Jahr 2030 würden sie 80 Prozent des Energiebedarfs decken, erklärte der Kanzler. Gleichzeitig werde der Strombedarf in Deutschland zunehmen, von heute 600 auf dann 750 Terrawattstunden.
Scholz kündigte an: „Wir müssen ganze Wertschöpfungsketten umstellen oder sogar neu schaffen.“ Bis 2030 wolle man in Deutschland zehn Gigawatt Elektrolyseleistung aufbauen, also doppelt so viel wie in der Nationalen Wasserstoffstrategie ursprünglich vorgesehen waren. Ab 2024 sollen laut Scholz jedes Jahr 500.000 neue Wärmepumpen installiert werden.
„Wir werden das neue Deutschland-Tempo verstetigen“, fügte er hinzu. Was beim schnellen Aufbau von LNG-Flüssiggasterminals gelungen sei, müsse man auch bei den Anlagen für Erneuerbare Energien, Stromnetzen und dem Wasserstoff-Ausbau erreichen. „Der zügige Markthochlauf von Wasserstoff ist eine zentrale Säule unserer Transformation“, unterstrich Scholz. Wasserstoff werde Erdgas, Öl und Kohle ersetzen.
Bezahlbarkeit im Blick
Energie müsse aber auch bezahlbar bleiben, sagte der Bundeskanzler. Deshalb müsse man einen guten Rahmen schaffen für Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Der Bund werde sogenannte Power Purchase Agreements fördern. Das sind langfristige Stromlieferverträge, mit denen Großabnehmer den Ökostrom direkt bei den Kraftwerksbetreibern einkaufen können.
Die Bundesregierung sorge für mehr Strom- und Gasleitungen, zählte Scholz eine weitere Maßnahmen auf. „Wir sind dabei, eine Wasserstoffleitung von Spanien nach Deutschland zu planen; die Stromtrasse nach Belgien wird gestärkt.“ Um die Versorgung zu stabilisieren, werde man in kurzer Zeit neue Gaskraftwerke zubauen, die künftig mit Wasserstoff betrieben werden könnten.
„Wir haben ein klares Ziel“, fasste der Regierungschef zusammen. Bis zum Jahr 2045 werde die Energieversorgung Deutschlands fast ausschließlich aus grüner Elektrizität, Wärme und Wasserstoff stammen. „Investieren Sie in die grüne Zukunft Ihrer Unternehmen“, forderte der Bundeskanzler die Stadtwerke auf und versprach: „Wir werden Sie dabei unterstützen.“ Die Fördermöglichkeiten in Deutschland und auf EU-Ebene seien noch nie so attraktiv gewesen. Allein für den Umbau der Wärmenetze stelle die Bundesregierung mehrere Milliarden Euro zur Verfügung.
Dezentralität als Vorteil
Die Bundesregierung werde für mehr Fachkräfte sorgen, beteuerte Scholz. Als konkrete Maßnahmen nannte er den Kita-Ausbau, Investitionen in Qualifizierung und neue gesetzliche Regelungen für die Zuwanderung.
Bei der Energiewende seien die kommunalen Unternehmen ein „Ass im Ärmel“, kommentierte der SPD-Politiker. Ihre zentrale Stärke sei ihre dezentrale Struktur. Niemand kenne die Gegebenheiten vor Ort besser. Daher könnten sie am besten entscheiden, ob sie auf Biomasse oder Windkraft, Geothermie oder Photovoltaik setzen.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.