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Zeichen für nachhaltige Demokratie und Rechtsstaatlichkeit setzen

In Budapest hat Oberbürgermeister Gergely Karácsony zahlreiche europäische Bürgermeister*innen eingeladen. Bei dem „Budapest Forum“ geht es darum, nachhaltige Demokratie zu stärken. Fünf deutsche Städte schließen sich dem „Pakt der freien Städte“ an.
von Karin Billanitsch · 17. September 2021
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„Denken Sie an die Armut, die es in unseren demokratischen Gesellschaften gibt. Extreme Armut, die Leid und Hoffnungslosigkeit schürt, ist nicht nur ein Versagen der Sozialpolitik. Es ist ein Makel der Demokratie selbst. Demokratie sollte gute und faire Ergebnisse hervorbringen. Und wenn sie es nicht schafft, vermeidbares Leid zu beseitigen, dann ist etwas falsch.” Diese Worte richtete der Oberbürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, an das internationale Publikum auf dem „Budapest Forum“. Er sprach während seiner Keynote-Rede mehrere wichtige aktuelle Herausforderungen für die Demokratien an: Neben Armut, Angst und Unsicherheit hält er den Umgang mit dem Klimawandel für eine Bedrohung.

Plattform für den „Pakt der freien Städte“

Die Stadt Budapest ist gemeinsam mit dem CEU Democracy Institute der Veranstalter des Kongresses, der künftig jährlich stattfinden soll. Um Budapest „wieder auf die fortschrittliche intellektuelle Landkarte der Region“ zu setzen, sollen regelmäßig „Denker in die Stadt geholt werden, die innovative, ungewöhnliche, mutige Ideen und Vorschläge formulieren“, heißt es in einer Mitteilung.

Darüber hinaus dient das Treffen europäischer Bürgermeister*innen, Gemeindevertreter*innen und Vertreter*innen von Organisationen auch als eine Plattform für das „Bündnis der freien Städte“. 2019 gründeten die vier Visegrad-Hauptstädte Budapest, Prag, Warschau und Bratislava das Bündnis. Den Kreis erweitern jetzt auch Paris, Barcelona, Zagreb, Wien, Danzig, Los Angeles und Taipeh. Außerdem haben sich der Initiative auch fünf deutsche Stadtoberhäupter aus Frankfurt am Main, Mannheim, Stuttgart, Ulm und Neu-Ulm angeschlossen.

Deutscher Städtetag unterstützt den Pakt

Der Deutsche Städtetag unterstützt den „Pakt der freien Städte“. „Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die Grundwerte des friedlichen Zusammenlebens und des Zusammenhalts in Europa. Der ‚Pakt der Freien Städte‘ zeigt, was Städten und den Menschen, die dort leben, wichtig ist und wofür sie sich einsetzen. Diese städtische Diplomatie kann zusammenhalten, was zusammengehört, gerade in Zeiten zunehmender Differenzen auf nationaler Ebene“, sagte Städtetags-Präsident Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. Er freue sich, dass der Deutsche Städtetag als weltweit erster kommunaler Spitzenverband den „Pakt der freien Städte” unterstützt.

„Beim Klimawandel, der nachhaltigen Stadtentwicklung und Integration kommen wir nur gemeinsam voran. Nationalistische Tendenzen oder das Beschneiden der freien Meinungsäußerung gefährden diese Ziele“, betonte Jung. Die deutschen Städte unterstützten deshalb das starke Zeichen für die europäischen Werte, das vom „Pakt der Freien Städte” ausgehe.

Karácsony: „Vorreiterrolle der Städte“

Karácsony hieß die Neuzugänge via Twitter willkommen: „Städte müssen eine Vorreiterrolle bei der Verteidigung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und einer vielfältigen Gesellschaft einnehmen, die für alle offen ist.“

Der Bürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski, erklärte: „Wir als Bürgermeister haben viele Dinge gemeinsam und wir machen viele Sachen zusammen. Vor allem schützen wir unsere Werte, wir kommen aus offenen, toleranten Städten. …“ „Und wie es aussieht, gewinnen die Populisten nicht in den Städten“, fügte er hinzu. Bratislavas Bürgermeister Matus Vallo meldete sich auf Facebook zu Wort: „Ich freue mich sehr, dass immer mehr Städte demokratische Werte berichten und zu einem echten Epizentrum der Veränderung werden.“

Mehr Gehör finden

Die Metropolen könnten gemeinsam als Stimme mehr Gehör finden, wenn sie ihre politischen Werte kommunizieren. Vor allem in Ländern, wo die Regierungen ihnen Steine in den Weg legen könnten, könnte das strategische Vorteile bringen, wenn sie eine eher urbane, liberalere Politik durchsetzen wollen. Die Bemühungen der Städte zielen zum Beispiel gegenüber „gegenüber den wichtigsten Institutionen der EU auf eine direkte Finanzierung der Städte“, sagte Katarina Rajčanová von der Stadtverwaltung in Bratislava vor gut einem halben Jahr dem Deutschlandfunk.

Außerdem können Spitzen der Hauptstädte für die Regierungen unbequem werden: So ist zum Beispiel Gergely Karácsony politischer Konkurrent von Ministerpräsident Viktor Orbán und will, ­ wenn er in den Vorwahlen als gemeinsamer Kandidat aller Oppositionsparteien gewählt wird – in den Parlamentswahlen 2022 gegen Viktor Orbán antreten. Bei der Oberbürgermeisterwahl Ende 2019 hatte er den amtierenden Fidesz-Konkurrenten István Tarlós mit 50,9 Prozent besiegt. Tarlos kam auf 44,1 Prozent.

Treffen mit Olaf Scholz

Im Juni hatte der Budapester Oberbürgermeister in Berlin SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz getroffen. Nach dem Gespräch strich der Ungar heraus, wie wichtig die deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen seien, die für die Arbeitsplätze in Ungarn eine große Rolle spielten.

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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