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Die Deutschen rücken stärker zusammen

Studie sieht wachsenden Zusammenhalt in Deutschland. Auch das Vertrauen in die Bundesregierung und die Kommunen ist gestiegen. Doch Corona lässt bestehende Verwerfungen deutlicher zum Vorschein kommen.
von Karin Billanitsch · 12. August 2020
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Die Deutschen rücken in der Corona-Krise offenbar enger zusammen: der gesellschaftliche Zusammenhalt ist seit dem Frühjahr gewachsen. Noch im Februar sahen 46 Prozent der Befragten den Zusammenhalt in Deutschland als gefährdet an. Dieser Anteil reduzierte sich bereits im März auf 40 Prozent und sank im Mai und Juni weiter auf 36 Prozent ab. Das teilte die Bertelsmann-Stiftung mit, als sie die neue Umfrage „Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt 2020“ vorstellte.

„Viele Menschen sind zunächst erleichtert, dass die ersten Auswirkungen der Pandemie in ihren Augen bisher so glimpflich ausgefallen sind. Zugleich haben sie mehrheitlich große Solidarität und Rücksichtnahme erfahren“, interpretierte Kai Unzicker, Experte der Bertelsmann-Stiftung diese Beobachtung. Abgenommen hat auch die Angst der Menschen, dass die Leute sich nicht um ihre Mitmenschen kümmern. Dachten das im Februar noch über 40 Prozent der Befragten, waren es später nur noch die Hälfte davon.

Vertrauen in Regierung und Kommunen gewachsen

Deutlich gewachsen ist in diesen Monaten der Corona-Pandemie das Vertrauen in die Bundesregierung: von 19 Prozent zunächst auf 30 Prozent im März und schließlich bis auf 45 Prozent beim dritten Befragungszeitpunkt. Auch die Kommunen haben offenbar mehr Menschen von ihrer Leistungsfähigkeit überzeugt: Von 37 auf 47 Prozent legte das Vertrauen zu.

Die Gütersloher Stiftung sieht in der Studie Anlass zu Optimismus: Im Vergleich zu der Vorgängeruntersuchung hätten sich die Durchschnittswerte stabil gehalten, in den westdeutschen Bundesländern sogar etwas angestiegen. „Auch wenn viele Bürgerinnen und Bürger sich um das Miteinander Sorgen machen, zeigen unsere Daten: Der Zusammenhalt in Deutschland ist insgesamt weiterhin robust", resümiert Unzicker.

Unterschiede in bestimmten sozialen Gruppen

In der Corona-Krise zeigen sich aber auch bestehende Verwerfungen deutlicher: Etwa, wenn Menschen mit niedrigem Einkommen, geringerer Bildung oder mit Migrationshintergrund angeben, weniger Solidarität erlebt zu haben. Auch Singles und Alleinerziehenden geht es häufig so, außerdem haben sie mehr Angst vor der Zukunft.

Die Autoren appellieren an die Politk, diesen Menschen, die weniger Zusammenhalt spüren und über eine schlechte Infrastruktur in ihrem Umfeld berichten, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. „Sollte sich beispielsweise die Situation bei der Kinderbetreuung oder dem Homeschooling in nächster Zeit nicht deutlich verbessern oder gar wieder verschärfen, so geht dies vor allem zu Lasten dieser Gruppen", sagt Kai Unzicker. Notwendig seien daher gezielte Anstrengungen, die Versorgungs- und Unterstützungsangebote vor Ort auszubauen.

Politische Überzeugung spielt eine Rolle

Die Studienautoren erkennen auch Unterschiede, je nach der politischen Orientierung der Befragten:  Die Anhänger von Bündnis90/Die Grünen, CDU, CSU, SPD und FDP bewerten den Zusammenhalt deutlich positiver als die Anhänger der Linkspartei und insbesondere der AfD sowie politisch ungebundene Personen. AfD-Anhänger haben geringe Werte beim generellen Vertrauen, der Akzeptanz von Diversität und dem Vertrauen in Institutionen aus. Anhänger der Linkspartei bemängeln im Vergleich am häufigsten Defizite bei der sozialen Gerechtigkeit.

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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