DorfFunk: Digitales Netz der Nachbarschaftshilfe
Während der Corona-Krise sind in ganz Deutschland die Menschen gehalten, auf Abstand zu gehen. Andererseits ist die nachbarschaftliche Hilfe für Andere und Solidarität gerade jetzt besonders wichtig. Deshalb hat die Landesregierung in Rheinland-Pfalz sich entschlossen, die Apps „DorfFunk“ und „DorfNews“ landesweit freizuschalten. „Während der Corona-Krise sind digitale Infrastrukturen gefragter denn je. Mit der landesweiten Freischaltung wollen wir unseren Beitrag leisten, die Menschen digital zusammenzubringen", sagte Innenminister Roger Lewentz.
3,25 Millionen Förderung vom Innenministerium
Hintergrund: Um das Leben auf dem Land durch digitale Anwendungen zu verbessern und herauszufinden, wie ländliche Räume von der Digitalisierung profitieren können, wurde im Jahr 2015 das Projekt „Digitale Dörfer" vom Innenministerium und dem Fraunhofer IESE in Kaiserslautern als Pilotprojekt gestartet. 13 Kommunen gehörten bislang dazu. Das Fraunhofer IESE kümmert sich laut Ministerium um die technische Umsetzung des landesweiten Roll-Outs. Das Innenministerium unterstützt das Projekt „Digitale Dörfer" seit 2015 bis 2021 mit rund 3,25 Millionen Euro.
Über „DorfFunk“ können die Einwohner*innen ihre Hilfe anbieten, Gesuche einstellen oder sich miteinander austauschen. Und über die „DorfNews“ können die Bürger*innen mit aktuellen Meldungen, zum Beispiel von ihrer Kommune, versorgt werden.
Bürgermeister Brato (SPD): „Gelebte Nachbarschaftshilfe“
Die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain im Landkreis Altenkirchen im nördlichen Rheinland-Pfalz ist – über die Alt-Verbandsgemeinde Betzdorf – schon seit dem Jahr 2015 ein „Digitales Dorf“. Den „DorfFunk“ gibt es schon seit 2018 als „weiteren Punkt der digitalen Strategie“ von Bürgermeister Bernd Brato (SPD). Brato ist überzeugt: „Seit zwei Jahren nutzen wir in der Verbandsgemeinde nun schon den DorfFunk und gerade jetzt beweist sich der große Nutzen: Die Bürgerinnen und Bürger rücken noch näher zusammen, unterstützen sich gegenseitig, tauschen sich rege aus. Das ist gelebte Nachbarschaftshilfe."
Sascha Hensel, stellvertretender Vorstand der Regionalen Entwicklungsgesellschaft Betzdorf (AöR) – wo das digitale Projekt betreut wird – registrierte in den vergangenen 28 Tagen einen deutlichen Anstieg der Zugriffe auf „DorfFunk“, nämlich von rund 700 auf 1.100 Downloads nur in dieser Zeit. Er freut sich über die Nachfrage: „Wir haben ja schon recht früh angefangen mit der App und wir haben viel Werbung gemacht. Wir haben das Angebot mit den Bürgern zusammen erarbeitet, deswegen freut es mich, dass sie es sinnvoll einsetzen können”, so Hensel. „Bei den „DorfNews“ seien die Zahlen auch gestiegen, führt er aus, „14.000 Nutzer und 21.000 Sitzungen, das ist ein Plus von 150 Prozent in den vergangenen 28 Tagen“.
Großes Angebot an potenziellen Helfern
Am meisten genutzt wird „DorfFunk“ als eine Art digitales Schwarzes Brett für Hilfsangebote: „Das ist ein richtiger Run geworden“, so Hensel. Die Leute böten an, Einkäufe zu erledigen, mit Hunden rauszugehen, oder sogar eine Art Telefonseelsorge. Manche stellten sich als Gesprächspartner zur Verfügung und böten an: „Sie können mich gerne anrufen, ich lache mit Ihnen, ich weine mit Ihnen, egal was.“
Andere Ideen seien einfach gewachsen: Als die Tafel in Betzdorf wegen der Corona-Krise schließen musste, haben sich die Nutzer überlegt, einen Gabenzaun zu machen. Zusätzlich hat das Team eine Hotline geschaltet, um auch jene zu erreichen, die keine App heruntergeladen haben. „Wir haben gemerkt, dass es ein großes Angebot an potenziellen Helfern gibt – höher als die Nachfrage.” Nun können sich auch Hilfesuchende per Telefon melden und bekommen Helfer vermittelt. Über die App DorfNews kommuniziert die Gemeinde auch während der Corona-Krise wichtige Nachrichten. Die Plattform ist werbefrei.
Tipps für Kommunen
In den letzten Tagen haben sich auch viele Kommunen bei Hensel über die Möglichkeiten und Voraussetzungen informiert. Nach seiner Erfahrung ist es zum Beispiel wichtig, dass ein Ansprechpartner definiert werden sollte, der Kontakt zum Fraunhofer Institut und zu den Bürger*innen hält. Es sei wichtig, dass ein „Kümmerer“ gefunden wird, der gerade in der Anfangszeit die App bewirbt (siehe auch Kasten).
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.