So bereiten sich Kommunen auf den Klimawandel vor
Ute Grabowsky/photothek.de
„Wir müssen unsere Städte umbauen“, erklärte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Montag im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin. Dorthin waren Vertreter*innen von Kommunen aus ganz Deutschland gekommen, um ihre Förderurkunden entgegenzunehmen. Mit dem Programm „Anpassung Urbaner Räume an den Klimawandel“ unterstützt der Bund Stadtentwicklungsprojekte. Seit dem Start der Förderung im Jahr 2020 hat der Bundestag dafür 676 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für die aktuelle Förderrunde hatten sich rund 250 Kommunen beworben, 64 wurden ausgewählt.
Ein Paradigmenwechsel
Die geförderten Maßnahmen sollen den Kommunen und ihren Bewohner*innen ermöglichen, sich auf die Folgen des Klimawandels einzustellen. Also auf stärkere Hitzewellen, längere Trockenperioden oder auch Starkregenfälle. Von einer großen Herausforderung für die Infrastruktur sprach Bauministerin Geywitz. Klimaanpassung sei auch eine Frage der Baukultur: Im Süden Europas seien zum Beispiel die Bordsteine höher als in Deutschland, weil manchmal in kurzer Zeit große Wassermengen kämen.
Ein typischer Ansatz für die Klimaanpassung sind Schwammstadt-Konzepte. Damit soll Regenwasser möglichst lange in der Stadt gespeichert werden, statt es einfach abzuleiten. Einen Paradigmenwechsel nennt das Robert Kaltenbrunner, Abteilungsleiter im Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR). Seiner Beobachtung nach befassen sich vor allem größere Städte schon intensiv mit Klimaanpassung. In kleineren Gemeinden sei das Thema weniger angekommen, besonders dort, das Personal knapp ist. Das Förderprogramm sei ein Schritt, um neue Ansätze in der Praxis zu etablieren.
Flächen werden entsiegelt und aufgewertet
Wie vielfältig diese sind, zeigen einige Beispiele:
Im Cottbuser Stadtteil Branitz entsteht auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei eine Baumuniversität. Dort sollen klimaresistente Gehölze erforscht und erprobt werden. Geplant ist auch ein Kompetenzzentrum.
In Erfurt wird die vierspurige Clara-Zetkin-Straße umgebaut. Es entsteht die „Grüne Clara“. Zwei Fahrspuren werden entsiegelt und begrünt. Das soll die Lebensqualität der Anwohnenden und das Mikroklima verbessern.
In Ludwigsburg wird ein Parkplatz in der Innenstadt entsiegelt. Dazu wird eine Rasenfläche neu geschaffen und mit einem „intelligenten Regenwassermanagement“ ausgestattet. Bei Hitze soll die Fläche als neuer kühler Ort im Stadtkern dienen. Zisternen im Untergrund können dann Regenwasser zwischenspeichern.
Um Entsiegelung geht es auch in der Ortsgemeinde Waldsee in der Pfalz. Der zentrale Dorfplatz ist in seiner heutigen Form in den 1990er Jahren entstanden. Damals wollte man den Pflege-Aufwand geringhalten. Mit dem Ergebnis, dass drei Viertel der Fläche versiegelt sind, wie Ortsbürgermeisterin Claudia Klein (CDU) bei der Urkunden-Übergabe am Montag erklärte. „Die Aufenthaltsqualität besonders in heißen Sommern ist natürlich sehr schlecht.“ Nun wird der Platz umgestaltet. Geplant ist unter anderem ein Urban-Gardening-Projekt.
In Hettstedt fördert der Bund einen neuen Quartierspark. „Ein multifunktionales Projekt“ nannte das Bürgermeister Dirk Fuhlert (parteilos). Der Park solle nicht nur dem Klimaschutz dienen, sondern auch helfen, einen Plattenbau-Komplex aufzuwerten.
In Herford werden die Werregärten umgestaltet: Ein Park aus den 1970er Jahren, der zwischen zwei Schulen liegt. „Die Idee ist, diesen Park zu begrünen, ans Wasser wieder heranzubringen, aber auch zu einem Lernpark für die Schülerinnen und Schüler zu machen“, sagt Bürgermeister Tim Kähler (SPD). Beide Schulen würden wieder miteinander verbunden „durch eine grüne Oase, die auch für das Klima in der Stadt relevant ist“.
Klimaanpassung wird Pflicht
Um das Thema Klimaanpassung wird in Zukunft keine Kommune mehr herumkommen. Der Bundestag hat im vergangenen November ein Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, Strategien zur Klimaanpassung zu erarbeiten.
Bauministerin Geywitz sprach sich am Montag für eine gute Finanzausstattung der Kommunen aus. Der Bund fördere zwar die Investition in neue Projekte, die Kommunen müssten aber noch etwas drauflegen und zum Beispiel die Unterhaltung bezahlen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium Sören Bartol (SPD) merkte dazu an: „Das sind Projekte, die am Ende auch Zusatzkosten in der Zukunft verhindern.“
Mehr Informationen:
Die 64 ausgewählten Projekte der dritten Förderrunde hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unter diesem Link veröffentlicht.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.