Bausteine für die Kommune von morgen

Mehr umweltschonender Verkehr, weniger Müll, grüner und bürgernah: Wie Gewinner des Nachhaltigkeitspreises punkteten. Beispiele aus Kiel und Buxtehude.
von Susanne Dohrn · 28. Oktober 2020
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Sie ziehen an einem Strang und sie sind damit erfolgreich. Beim ­Klimaschutz in Kommunen ist es ein entscheidendes Erfolgsrezept. Dabei ist es egal, wie groß eine Stadt ist oder wo sie liegt, um ihre Visionen zu verwirklichen. Das zeigen die Preisträger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises (DNP) der Allianz Umweltstiftung. Zu den Siegern in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Städte und Gemeinden“ gehören 2020 die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel und die Hansestadt Buxtehude in Niedersachsen. Gemeinsam ist den Sieger-Kommunen, dass sie auf eine starke bürgerschaftliche Beteiligung setzen, sagt Stefan Schulze-Hausmann, Initiator des Deutschen Nachhaltigkeitspreises.

Kiel: Mit dem Meer verbunden

„Der Preis ist eine tolle Anerkennung für das, was wir hier in den vergangenen Jahren angestoßen haben. Er ist aber vor allem ein Auftrag, dass wir uns weiterhin mit Mut, Klarsicht und Leidenschaft den großen Herausforderungen der Zukunft stellen“, freute sich Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer, als er von der Auszeichnung erfuhr. Gegen die Finalisten München und Stuttgart punktete Kiel mit der Verbindung von lokaler und globaler Verantwortung. Die ergibt sich aus der Lage an der Ostsee, die Kiel mit der Welt verbindet. „Alles was wir waren, was wir sind und sein werden, wird durch dieses Meer geprägt“, so OB Ulf Kämpfer. Seit 1996 ist Kiel Klimaschutzstadt, beschloss 2017 mit dem „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ ein Konzept, das Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung einbindet, rief als erste deutsche Landeshauptstadt den Klimanotstand aus und will noch deutlich vor 2050 klimaneutral werden.

Bürgerplattform „MokWi“

Auf der Bürgerplattform „MokWi“ können sich Kielerinnen und Kieler mit ihren Ideen, Projekte und Initiativen vernetzen: Fahrradschnellwege erleichtern den Umstieg auf das Rad. Mit dem Bau von Ladesäulen unterstützen die Stadtwerke Kiel Carsharing-Angebote mit Elektrofahrzeugen. 2018 beschloss die Stadt „Zero.Waste.City“ zu werden und den Verpackungsmüll deutlich zu verringern. Die Volkshochschule informiert über Einkaufen ohne Verpackungsmüll. Im Kieler Hafen produzieren Photovoltaikanlagen jährlich 200.000 Kilowattstunden Sonnenenergie, werden Schiffe mit Landstrom versorgt und Güter vom Lkw auf die Schiene verlagert. Ein neues mit Gasmotoren betriebenes Kraftwerk liefert Strom und Wärme, nutzt Primärenergie zu 90 Prozent und kann in kürzester Zeit auf steigenden Energiebedarf oder das Angebot von Windenergie reagieren. Zu den Projekten auf „MokWI“ gehört auch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Grünflächenamtes im Moshi-Distrikt in Tansania geholfen haben, eine Baumschule mit aufzubauen.

Das Preisgeld von 30.000 Euro für den DNP will die Stadt nutzen, um ein Kieler Netzwerk zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung aufzubauen. Es soll die Stadtgesellschaft – von Bürgerinnen und Bürgern, über Schulen, Hochschulen, und Stiftungen bis zur Volkshochschule – zusammenbringen und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit schaffen – und alle zusammen nach vorn bringen.

Buxtehude: Ressortübergreifend handeln

Buxtehude zeigt, wie sich Klimaschutz und Nachhaltigkeit vorausschauend in mittelgroßen Städten umsetzen lassen. Dabei geht es um mehr, als die Senkung von CO2-Emissionen. 2014 hat die Stadt mit Hilfe von Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) ein zukunftsweisendes Klimaschutzkonzept erstellt. Seit 2018 nimmt die Stadt am Pilot­projekt „Global Nachhaltige Kommune Niedersachsen“ der Servicestelle Kommunen für eine Welt (SKEW) und dem Land Niedersachsen teil. So will sie ihr künftiges Handeln an den ökonomischen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ausrichten. Die Bewerbung für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis war eine logische Konsequenz. „Der Preis macht uns stolz und ist Ansporn für zukünftiges Handeln“, freut sich Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos).

Klimaschutz und Nachhaltigkeit kosten Geld. Buxtehude gehört zum Einzugsgebiet Hamburgs und ist keine arme Stadt. Aber das allein erklärt das erfolgreiche Engagement nicht. Nachhaltigkeit ist eine Haltung, die von allen getragen werden muss, von der Leitung der Kommunalverwaltung über die Wirtschaft, die Kommunalpolitik bis zu den Bürgerinnen und Bürgern, beschreibt Ann-Kathrin Murphy, Klimaschutzmanagerin der Stadt die Situation. Zudem nutzt die Kommune geschickt vorhandene Fördermittel, wie beim Projekt „ener:kita“, das zu 65 Prozent vom Bundesumweltministerium gefördert wird.

Das Ökologische und das Soziale gehen Hand in Hand

Die Kitas sparen Energie, begrünen Hauswände, kaufen regional und saisonal ein, bauen mit den Kindern Obst und Gemüse an, das in den Kitas zubereitet wird und dort auf den Tisch kommt. „Hier ist das Ökologische und das Soziale wunderschön verbunden“, sagt Murphy. Ressortübergreifendes Handeln steht im Vordergrund. Etwa bei weniger Müll: Um den ökologischen Fußabdruck zu verringern, ist die Stadt erste Schritte gegangen und hat eine Reihe nachhaltiger Produkte eingeführt: einen Buxbüdel für den Einkauf auf dem Markt, den Mehrweg-Kaffeebecher „Buxpott“ oder eine Mehrweg-Eierbox.

Auf der jährlichen Verbrauchermesse „Vor Ort Fair-Ändern“ präsentieren Ausstellerinnen und Aussteller nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, sie werben für regionale und saisonale Produkte und Lebensmittel sowie einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung. Die ­Messe verbindet Wirtschaftsförderung mit Nachhaltigkeit und lockt bis zu 2.000 Besucher in die Stadt. Wegen ­Corona fand „Vor Ort Fair-Ändern“ in diesem Jahr digital statt. Murphy: „Wir haben mit einem Kamerateam Betriebe und Initiativen besucht, sie zu nachhaltigem Konsum interviewt und die Beiträge ins Netz gestellt.“

 

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