Doppelt hält besser
Albert Bandura hatte eine Erkenntnis. Der amerikanische Psychologe kam zu der Einsicht, dass ein Mensch die Überzeugung besitzen sollte, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Bandura prägte dafür den Begriff des „self-efficacy beliefs“, auf Deutsch Selbstwirksamkeit. Dieser Begriff ist heute Bestandteil der kognitiven Psychologie.
Mehr Jugendbeteiligung
Die Selbstwirksamkeit von Jugendlichen zu fördern, ist das Ziel eines Projekts, das im kommenden Jahr in der Stadt Göttingen stattfinden soll. Ebenso vorgesehen sind: Workshops über das Thema strukturelle Diskriminierung und Benachteiligung ganzer gesellschaftlicher Gruppen. Beide Angebote werden zur Zeit noch in der Verwaltung abgestimmt.
Schon weiter in der Planung sind die Macher an anderen Stellen: Es soll ein generationsübergreifendes Projekt zum Miteinander von Alt und Jung sowie Diskussionen über Umweltthemen in Schulen geben. Darüber hinaus lädt „Fridays for Future“ für ein Wochenendseminar ein. Andere laufende Projekte, die Jugendliche zu mehr Beteiligung animieren sollen, sind etwa Radiosendungen im Rahmen des Göttinger Stadtradios oder ein Theaterworkshop, der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fit machen soll gegen jede Form von Diskriminierung.
Dass die Stadt Göttingen solch ein breites Angebot machen kann, macht Dieter Majdcinsky vom Fachdienst Jugendarbeit und Jugendförderung stolz. Das Geld für die diversen Aktivitäten kommt vom Bund, und zwar aus dem Programm „Demokratie leben!“. Das gibt es seit dem Jahr 2015. Die südniedersächsische Kommune beteiligt sich an „Demokratie leben!“ beziehungsweise am Bundesprogramm „Partnerschaft für Demokratie“. Dafür laufen in der Kommune alle Fäden bei Majdcinsky zusammen. Mit im Boot ist auch der Verein „Jugendhilfe Göttingen“ wo die Koordinierungs- und Fachstelle für das Projekt „Partnerschaft für Demokratie“ angesiedelt ist.
Zum Auftakt eine Demokratiekonferenz
Den Ausschlag dazu, sich wie zahlreiche andere Kommunen an „Demokratie leben!“ zu beteiligen, haben laut Majdcinsky das Erstarken des Extremismus sowie eine wahrgenommene „Demokratiemüdigkeit“ in der Bevölkerung gegeben. Den Auftakt machte eine Demokratiekonferenz, die Ende April stattfand. Erste Überlegungen gab es jedoch schon im Rahmen des Vorgängerprogramms vor zehn Jahren, ergänzt Majdcinsky. Bereits damals seien beim Verein „Jugendhilfe Göttingen“ angesiedelte Modellprojekte gefördert worden.
Aus der Demokratiekonferenz ist nun ein Jugendforum hervorgegangen. Es ist offen für alle Interessierten bis 25 Jahre und steht monatlich im Kalender. Hier sollen noch weitere Impulse und Ideen für das „Demokratie leben!“-Programm geboren werden. „Da läuft auch schon einiges“, freut sich Majdcinsky. Das Jugendforum ist eines von zwei Gremien von „Demokratie leben!“ vor Ort. Das zweite ist der sogenannte Begleitausschuss mit Vertretern der Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung. Er liefert das institutionelle Gerüst, um über die konkrete Verteilung der Mittel zu entscheiden.
Wahlen für ein Jugendparlament geplant
Göttingen setzt jedoch nicht nur darauf, Jugendliche im Rahmen des Bundesprogramms mitentscheiden zu lassen. Wie in anderen anderen Kommunen haben sich junge Leute schon vor einigen Jahren für die Schaffung eines Jugendparlaments stark gemacht. Erste Überlegungen dazu gehen drei Jahre zurück. Wie ein Jugendparlament organisiert sein könnte, haben sich die Göttinger in den vergangenen drei Jahren intensiv angeschaut. Denn: Da das Jugendparlament ein Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist, müssen eine Satzung und eine Geschäftsordnung her. Darin ist unter anderem der Ablauf der Wahlen festgehalten, die laut Majdcinsky für Ende 2019 geplant sind.
Wenn sich das Gremium konstituiert hat, wird es von der Stadtverwaltung begleitet. Jugendparlament hier, „Demokratie leben!“-Projekte dort – das erweckt den Eindruck von doppelten Strukturen. Die sieht Majdcinsky jedoch nicht, im Gegenteil: Über das Jugendforum beziehungsweise „Demokratie leben!“ könne die Kommune viel weitreichendere Finanzierungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für junge Leute realisieren. Ihre konkreten Interessen würden im Jugendparlament vertreten. „Wir bemühen uns, beides miteinander zu verweben“, sagt Majdcinsky. Und: „Ich halte das für eine Möglichkeit, die Partizipation Jugendlicher voranzubringen.“