Europäischer Ausschuss der Regionen

Der AdR ist seit dem Jahr 1993 institutionelles Sprachrohr für Gemeinden, Städte und Regionen im europäischen Entscheidungsprozess.
von Justus Schönlau · 10. Mai 2019
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Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1993 als beratendes Organ für die Belange der Gemeinden, Städte und Regionen im Rahmen der europäischen Integration geschaffen. Mit seinem Sitz in Brüssel im Herzen des Europaviertels – in unmittelbarer Nähe zum Europäischen Parlament und in Sichtweite zur EU-Kommission und zum Ministerrat – vertreten die 350 Mitglieder und ebenso viele stellvertretende Mitglieder im Ausschuss die Interessen der Regierungsebenen unterhalb der Mitgliedstaaten.

Denn die in Brüssel verabschiedeten Initiativen, Richtlinien und Verordnungen betreffen zu einem Großteil Politikfelder, die auch das Handeln der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, in den Stadträten und oder den Landesverwaltungen und -regierungen bestimmen. Ob im Bereich Umweltpolitik bei Grenzwerten für Wasser- oder Luftqualität, im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe oder bei den Regeln für die Asylpolitik, und nicht zuletzt im Bereich der Fördermittel für Sozial- und Strukturpolitik oder Landwirtschaft, überall setzt die Europäische Union den Rahmen, während die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten und zu wesentlichen Teilen vor Ort stattfindet.

Unterschiedliche Mandate

Aus diesem Grund und nicht zuletzt auf Betreiben der deutschen Bundesländer und anderer Regionen aus Mitgliedstaaten mit starken regionalen oder kommunalen Gebietskörperschaften, wurde mit dem Vertrag von Maastricht deshalb der Ausschuss geschaffen, um die unteren Ebenen frühzeitig in die europäische Politikgestaltung einzubeziehen. Der AdR, der 1994 seine erste Sitzung abhielt und deshalb in diesem Dezember sein 25. Jubiläum feiert, bildet in seiner Zusammensetzung die Vielfalt der innerstaatlichen Organisationsformen der EU-Mitgliedstaaten ab: Alle Mitglieder haben gemeinsam, dass sie ein Wahlmandat in ihrem Mitgliedstaat innehaben müssen, auf dessen Grundlage sie für fünf Jahre in den AdR entsandt werden, und dass sie sich in derzeit fünf politischen Fraktionen der europäischen Parteifamilien organisieren. Darüber hinaus reicht die Mitgliedschaft von fünf Mitgliedern für die kleinsten EU-Staaten bis 24 für die größten.

Die Mandate der einzelnen Vertreter und Vertreterinnen sind so unterschiedlich wie ihre Regionen oder Kommunen: Gemeinde- oder Stadtratsmitglieder, Landräte oder Provinzialpräsidenten, Mitglieder von Regionalparlamenten, Landesminister oder sogar Ministerpräsidenten sitzen gemeinsam im AdR und beraten in sechs thematischen Fachkommissionen die Vorschläge der EU-Kommission für neue oder zu überarbeitende Gesetzgebung. Dabei geht es sowohl darum, im Vorfeld neuer Initiativen Akzente und Themen zu setzen und die anderen EU-Institutionen für Anliegen, Bedenken oder Ideen aus der kommunalen Wirklichkeit zu sensibilisieren, als auch darum, durch konkrete Vorschläge für Änderungen am Gesetzestext sicher zu stellen, dass die gesetzten Ziele so effektiv und unbürokratisch wie möglich erreicht werden können. Dazu treffen sich die AdR-Mitglieder in Brüssel oder andernorts in der EU zu jeweils fünf oder sechs Sitzungen pro Fachkommission und Jahr, sowie fünf Plenarsitzungen.

Kontakt mit der EU-Kommission und den EU-Parlamentariern

Da der AdR als beratendes Organ auf die enge Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern der EU angewiesen ist, liegt ein zentrales Augenmerk auf den Kontakten mit der EU-Kommission sowie den EU-Parlamentariern, die im Gesetzgebungsverfahren mit dem Ministerrat gemeinsam entscheiden. Insofern ist der Ausschuss der Regionen ein wichtiges „Rädchen“ in der Brüsseler Maschinerie, denn er bietet die institutionelle Plattform, um die Erfahrungen aus der täglichen Arbeit mit europäischen Finanzmitteln und europäischer Gesetzgebung in den politischen Entscheidungsprozess einfließen lassen zu können. In Ergänzung zu den verschiedenen nationalen und europäischen Verbänden, u.a. der Gebietskörperschaften, für die Vertretung von Interessen aller Art, aber ausgestattet mit dem Privileg, dass eine Stellungnahme des AdR bei fast allen wichtigen Themen der EU-Gesetzgebung inzwischen vertraglich vorgeschrieben ist, trägt der Ausschuss damit zu einer demokratischeren und bürgernäheren Politik bei.

Dabei haben die in ihren Kommunen und Regionen verankerten AdR-Mitglieder, die zusätzlich zu ihrem Wahlmandat zu Hause die Arbeit im Europäischen Ausschuss der Regionen leisten, eine doppelte Brückenfunktion: Sie speisen die Vorschläge und Ideen aus der Fläche und den unterschiedlichsten geographischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Situationen der Gemeinden und Regionen in das europäische Projekt ein, und berichten gleichzeitig vor Ort darüber, was in „Brüssel“ gerade geplant und entschieden wird.

Den Bürgerinnen und Bürgern die Politiken näher bringen

Über die reine beratende Funktion im Gesetzgebungsprozess hinaus versucht der Ausschuss, mit einem Verwaltungsapparat von circa 250 Mitarbeitenden (und weiteren 250, die sich als Übersetzer darum kümmern, dass die Arbeiten des Ausschusses in den 24 offiziellen EU-Sprachen ablaufen können), die Mitglieder darin zu unterstützen, den Bürgerinnen und Bürgern die EU und ihre Politiken näher zu bringen. So unterhält der Ausschuss eine Reihe von Netzwerken zu bestimmten Themen von aktueller Bedeutung, zum Beispiel zur Erhaltung der europäischen Kohäsionspolitik als einem zentralen Instrument für sozialen und territorialen Zusammenhalt in Europa (#CohesionAlliance), zur Vernetzung von Städten und Regionen, die ambitionierte Klimapolitik betreiben (den Konvent der Bürgermeister, siehe Artikel S. 8), oder die neu geschaffene „Initiative Städte und Regionen für die Integration von Migranten“.

Der Ausschuss, seine Fachkommissionen und die politischen Fraktionen veranstalten eine Vielzahl von Seminaren, Konferenzen, Exkursionen und Kommunikationsaktivitäten, alle mit dem Ziel, die komplexe Vielfalt in Europa mit den notwendigen gemeinsamen Anstrengungen für gemeinsame Ziele im Interesse aller Europäerinnen und Europäer zusammen zu bringen – und zwar dort, wo sie leben, also in Dörfern, Städten und Regionen von Nordlappland bis Sizilien, von den griechischen Inseln bis zur Algarve.

Mehr Informationen:
https://pes.cor.europa.eu/
https://cor.europa.eu/de

Autor*in
Justus Schönlau

ist SPE-Fraktionsreferent im Ausschuss der Regionen.

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