Feldhamsterzucht statt Gewerbegebiet

Fragwürdige Geschäfte mit Luxuswasser, ein teures Feldhamsterkonzept und eine rostige Riesenparkbank: ein Ausriss der 100 angeprangerten Fälle, die als Verschwendung von Steuergeld angeprangert werden.
von Karin Billanitsch · 27. Oktober 2020
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Jahr für Jahr schaut der Bund der Steuerzahler Ämtern, Verwaltungen und Behöden auf allen Ebenen auf die Finger und veröffentlicht Fälle, die er als Steuerverschwendung einstuft. Am heutigen Dienstag hat er das diesjährige Schwarzbuch medienwirksam vorgestellt, querbeet mit Beispielen für unnötig befundener Ausgaben. Allerdings sieht sich der Bund der Steuerzahler trotz grundsätzlich eigentlich richtiger Kritik an Verschwendung – immer wieder auch selbst Kritik ausgesetzt: Mit seinen Forderungen nach Bürokratieabbau und einem „schlanken Staat“ geht der Lobbyverband über das Anliegen, Anwalt der Steuerzahler, weit hinaus. Er hat allerdings einige skurrile Fälle im Gepäck, die angeprangert werden.

Feuerwehrwagen zu schwer

Eine Totholz-Hecke muss abgerissen werden, weil keine Baugenehmigung vorlag – 30.000 Euro verschwendet. Eine historische Brücke wird aufwendig saniert, obwohl sie keinen Nutzwert mehr hat – macht 200.000 Euro. Beispiele von vielen Fällen im gesamten Bundesgebiet.Erst gar nicht zum Einsatz kam ein neuer Feuerwehrwagen im hessischen Eschborn moniert der  Die Stadt hatte das Fahrzeug für knapp 680.000 Euro für die freiwillige Feuerwehr angeschafft – doch das Gerät war zu schwer. Mit 17 Tonnen überschreitet der Wagen das zulässige Gewicht um eine Tonne. Weil der Wagen somit nutzlos war, gab die Stadt ihn schließlich für 440.000 Euro zurück.
 
Die Stadt Parchim mit einer Beteiligung baden gegangen: Die städtischen Wasserwerke wollten Wasser aus einer Quelle in 181 Metern Tiefe vermarkten. Das Luxuswasser „Minus 181“ rief den Landesrechnungshof auf den Plan, berichtet der Bund der Steuerzahler: Er konnte einen öffentlichen Zweck, der eine solche Beteiligung rechtfertigt, nicht erkennen. Die Beteiligung sei nach Kommunalverfassung rechtswidrig. Die Stadt machte weiter. Zum 1. Juli 2020 dann das Aus, die Gesellschaft wurde liquidiert, und die Stadt verlor damit ihren Anteil von 24.000 Euro. Für das Stadtsäckel zumindest indirekt verloren sind auch die hohen Verluste, die die städtischen Wasserwerke gemacht haben, schimpft der Steuerzahlerbund.

Groschengrab im Kindergarten

In Schleswig-Holstein wurde „eine Räuberhöhle zum Groschengrab“, wie der Steuerzahlerbund formulierte. Ein vom Roten Kreuz im Auftrag der Gemeinge Seth betriebene Kindergarten sollte für 300.000 Euro umgebaut werden. Doch weder die Verantwortlichen für den Brandschutz noch die Unfallkasse genehmigten die Arbeiten. Zudem fiel der Bestandsschutz weg, nun gelten für den gesamten Kindergarten die neuesten Vorschriften, es muss nachgebessert werden. Statt mehr Raum gibt es künftig sogar noch weniger Platz, merkt der Verband an.
 
Richtig skurril ging es in Sachsen-Anhalt in der Stadt Sangerhausen zu. Ursprünglich sollte dort ein Gewerbegebiet erweitert werden - doch nun muss sich die Stadt statt dessen mit dem Feldhamster beschäftigen. Zehn Hektar des Gebiets sollen von den Tierchen besiedelt gewesen sein. Nun soll es laut dem Feldhamsterkonzept es zuständigen Landkreises eine Hamsterzuchtstation geben. Der Bund der Steuerzahler hat ausgerechnet, dass bei allen Kosten für die Hamsterzuchtstation und die mindestens 10-jährige Bewirtschaftung von insgesamt ca. 2,3 Mio. Euro dies pro „Ziel-Hamster“ einen Aufwand von fast 20.000 Euro bedeutet. Dazu kämen noch Betriebskosten bei der Stadt. Diese will nun die Reissleine ziehen. Es bleibt aus Sicht des Steuerzahlers zu hoffen, dass sie damit Erfolg hat, so dee Verband.

Rostige Riesenparkbank

In Hessen stieß dem Steuerzahlerbund eine Parkbank sauer auf: Der Hanauer „Hafenbalkon“, ein 4,80 mal 5,50 m großes Sitzobjekt am Mainufer im Stadtteil Steinheim. Dafür wurden insgesamt 80.650 Euro ausgegeben. Der „große rostige Koloss“ sei völlig überdimensioniert, hieß es.
 
Rund 100 Fälle wurden vorgestellt, die hier einsehbar sind.
Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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