Feuerwehrunterricht in der Schule

Der Landkreis Uckermark will das Schulfach Feuerwehr auf alle Oberschulen ausweiten. Vorreiter ist eine Schule in Angermünde, wo Schüler*innen schon seit Jahren zu fertigen Feuerwehrleuten ausgebildet werden – eine Idee macht Schule.
von Karin Billanitsch · 27. Oktober 2021
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Die Welk-Oberschule in Angermünde macht es vor: Seit einigen Schuljahren gibt es dort bereits das Wahlpflichtfach „Feuerwehrunterricht.“ Im Jahr 2015 wurde das Projekt aus der Taufe gehoben vom damaligen Schulleiter Frank Bretsch. Schüler der 9. und 10. Klassen werden dabei zum Truppmann ausgebildet und sind am Ende ausgebildete Feuerwehrleute bei der freiwilligen Feuerwehr.

Auf der Suche nach Nachwuchs für die Wehren

Damals war die Idee noch neu. Bretsch, heute Bildungsdezernent und stellvertretender Landrat in der Uckermark, war neben seinem Beruf als Pädagoge auch lange Jahre als Kommunalpolitiker aktiv. „In meiner 27-jährigen Zeit als Kreistagsabgeordneter für die SPD und als Fraktionsvorsitzender habe ich sehr häufig an den Jahreshauptversammlungen der Feuerwehrverbände teilgenommen“, erzählt der Sozialdemokrat. Dabei ging es immer wieder um eine Problematik, umreißt der Sozialdemokrat die Situation: der Nachwuchs für die Wehren.

Es mangelt an jungen Leuten im ländlichen Raum, die sich für ein Ehrenamt im Allgemeinen und die Feuerwehr im Besonderen begeistern. Das ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass viele Eltern nicht mehr im Ort arbeiten und pendeln. Den Pendlern fehlt indes die Zeit, um sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr zu engagieren. „Natürlich hat dann das Vorbild der blauen Uniform im Dorf gefehlt,“ betont Bretsch.

An der Schule hatte er schon Erfahrung mit besonderen Wahlfächern und Angeboten für Schüler gemacht: So verbrachte zu Beginn der 2000er Jahre etwa jede 8. Klasse zehn Tage auf dem Schulbauernhof, wo die Jugendlichen zum Beispiel lernten, Kühe mit der Hand zu melken. „Wir waren als Schule offen für neue Ideen“, erzählt der ehemalige Schulleiter.

Truppmannausbildung auf dem Lehrplan

Dann sei ihm der Gedanke gekommen, ob sich zwei Dinge verbinden ließen: die Notwendigkeit der Feuerwehren, ihren Nachwuchs selbst auszubilden, und die Möglichkeit der Schule, den Schüler*innen berufsbegleitende Angebote zu unterbreiten „über die sonst üblichen Praktika hinaus“. Gemeinsam mit dem Stadtbrandmeister in Angermünde und der Stadt als örtlichem Träger des Brandschutzes sprach er über eine Kooperation. Bei den Wehren sah man eine Möglichkeit, mehr Jungen und Mädchen in die Freiwilligen Feuerwehren zu bekommen.

Seither überreichen Feuerwehrmänner in Uniform den stolzen Absovent*innen persönlich das Zertifikat zum fix und fertig ausgebildeten Feuerwehrmann oder -frau. Grundsätzlich orientieren sich der Lehrplan und das Curriculum, das Bretsch geschrieben hat, inhaltlich an den Anforderungen der Truppmannausbildungen Teil 1 und Teil 2. „Alle Schwerpunkte, die in der Truppmannausbildung eine Rolle spielen, sind im Unterricht mit dabei. Das geht von Brandverhütung bis hin zu den Themen Bergen, Schützen und Retten – mit allen Feinheiten und aufgeschlüsselt auf die Unterrichtsstunden“, erklärt Bretsch. Theorie – wie Chemie und Physik – wird mit Praxis bei der Feuerwehr kombiniert.

Doch bleibt es nach der Schule auch dabei? Im ländlichen Brandenburg kehren junge Leute ihrer Heimat nicht selten den Rücken, sei es um anderswo zu studieren oder in die Lehre zu gehen. „Wir möchten natürlich junge Feuerwehrleute ausbilden, die dann auch tatsächlich bereit sind, Dienst zu tun.“ Bretsch ist jedenfalls „zutiefst davon überzeugt“, dass junge Leute, wenn sie im Alter von 14 bis 16, 17 Jahren den Wert ehrenamtlicher Tätigkeit erfahren, auch eine wesentlich größere Bereitschaft entwickeln, ehrenamtlich zu arbeiten.

Vorteile bei Bewerbungen

Die Idee macht mittlerweile bundesweit Schule – von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Bayern unterrichten Feuerwehrleute die Jugendlichen und vermitteln grundlegendes Wissen in punkto Brandschutz und -bekämpfung. Im Landkreis Uckermark werden künftig alle Oberschulen das Wahlpflichtfach einführen: Der Kreistag hat dafür sogar eine eigene Stelle bewilligt.

Außerdem hat Bretsch tolle Effekte beobachtet, die das Schulfach Feuerwehr mit sich gebracht hat: die kleinen Wehren in der Region wurden gestärkt, manche jungen Leute haben in der Feuerwehr sogar ihre berufliche Zukunft gefunden. Außerdem habe sich das auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz positiv ausgewirkt: „Wer ein Zertifikat vorweisen kann, muss sich selten zwei Mal bewerben“, sagt Bretsch. Die Tugenden, die ein ausgebildeter Feuerwehrmann oder -frau haben, seien auch für die Unternehmen interessant, zumal diese auch oft Brandschutzverantwortliche haben müssen. Vorteil: Viele bleiben dadurch auch in der Heimatregion, statt abzuwandern.

 

 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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