Kirchen und Kommune

Gemeinsam für die Menschen aktiv: Gastautor Herbert Schmalstieg über das Zusammenwirken von Kirchen und Gaubensgemeinschaften in unseren Städten und Gemeinden.
von Herbert Schmalstieg · 14. Dezember 2021
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Christentum und Sozialismus stehen sich gegenüber wie Feuer und Wasser.“ Das, was August Bebel 1874 formulierte, hat die SPD sehr schnell korrigiert. Heute stehen Kirchen und SPD und natürlich die staatlichen Ebenen mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften in ständigem Dialog. In unseren Städten und Gemeinden wären wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge ohne die Kirchen oftmals nicht zu erfüllen. Bezeichnend ist auch, dass die Basis des Staates und die der Kirchen in den Gemeinden liegt. Nicht umsonst haben beide ihren Sockel in den Gemeinden.

Sockel in den Gemeinden

Hier erleben die Menschen, wie ihre Lebensbedingungen sind, hier entscheidet sich, ob es ausreichende Angebote in den Kindertagestätten, den Alteneinrichtungen, in Krankenhäusern und Sozialstationen und in der Kultur gibt – und auch wie mit denen umgegangen wird, die am Rand der Gesellschaft stehen. In der Gemeinde erfahren sie Hilfe und Trost. Hier treffen sich Kirche und Kommune. Sie sorgen gemeinsam für das Zusammenleben der Menschen.

Kirchen prägen durch ihre Bauten das Stadtbild, die Verantwortlichen jedoch bringen sich aktiv in den Stadtdialog ein. Und sie haben eine gemeinsame Grundlage. Gern greift man auf die Bergpredigt zurück. Für die Mitmenschen da zu sein; einander zu lieben; sich mit Respekt zu begegnen; Gutes zu tun; sich zu helfen, den Benachteiligten und den Schwachen. Und dazu gehört auch Frieden zu stiften. Frieden, wenn es um den sozialen Ausgleich in der Stadt geht, um den Frieden beim Erhalt unserer Umwelt oder um den äußeren Frieden. In diesen Tagen wird oft an die Ostpolitik Willy Brandts erinnert. An die Versöhnung mit dem polnischen Volk. Es war die Weitsicht und Vision Willy Brandts, diesen Weg zu gehen. Ich behaupte aber, ohne die vorausgehende Denkschrift der EKD zur Ostpolitik und die Erklärung der polnischen Bischöfe wäre dieser Versöhnungsschritt 1972 nicht oder noch nicht möglich gewesen.

Getragen von Grundwerten

Und die sozialdemokratischen Kommunalpolitiker und -politikerinnen sind getragen von den Grundwerten der SPD. Was generell gilt, ist auch die Grundlage für die Arbeit in den Kommunen. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind die tragenden Säulen unserer Arbeit. Solidarität ist tätige Nächstenliebe. Es geht in der Kommune darum, den Ausgleich zu schaffen zwischen Arm und Reich, Jungen und Alten, behinderten und nichtbehinderten Menschen, zwischen denen mit und ohne Migrationshintergrund. Wir leben nicht nur auf der einen Welt, wir leben gemeinsam in unserer Gemeinde. Dass jede und jeder sich frei entfalten kann, sie gleiche Bildungschancen haben, sie geachtet werden und ihre Würde unantastbar ist, gehört zu diesen Grundwerten.

„Kommunen und Kirchen, das ist schon ein Erfolgsprojekt“

Ohne Städte ist kein Staat zu machen, aber ohne die Arbeit der Kirchengemeinden wäre auch die Kirche nicht das, was sie ist. Und hier zeigt sich ihre Präsenz in den Kommunen. Sie leistet nicht nur ergänzende Arbeit in den Sozialstationen oder den Alten- und Pflegeheimen, nein, sie und ihre karitativen Organisationen stehen ein für die soziale Stadt. Und immer wieder stehen Kommunen wie Kirchen vor neuen Herausforderungen. Sie kümmern sich um die Zugewanderten, helfen Flüchtlingen, wenden sich aktiv gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass. Und helfen Obdachlosen und Nichtsesshaften auch dadurch, dass im Winter die Kirchen für sie – wie die hannoversche Marktkirche – auch nachts geöffnet bleiben.

Kommunen und Kirchen, das ist schon ein Erfolgsprojekt. Das muss so bleiben und sollte ausgebaut werden.

Autor*in
Herbert Schmalstieg

Oberbürgermeister von Hannover a.D.,

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