Stolz aufs frische Gemüse
Erdbeeren, Äpfel, Gemüse der Saison – das Foyer wirkt heimelig. Und wer die Tür zum eigentlichen Geschäft öffnet, wird durch ein Glockenspiel begrüßt. Dieses „Bimbam“ kommt einem ein bisschen wie aus der Zeit gefallen vor. Aber rückwärtsgewandt ist hier gar nichts, im Gegenteil: Das alles ist ein Stück Zukunft von Bendingbostel und der Lintler Geest im Landkreis Verden. Dafür steht der Lintler Laden. Es ist nach eigener Darstellung auf der Internetseite „einer der letzten bestehenden ,Tante-Emma- Läden’ in der Region und wird mit viel Freude und Herzblut (...) betrieben“.
Laden listet 3.000 Artikel für den Grundbedarf
Es ist ein ganz gewöhnlicher Nachmittag in der Woche: Kinder kaufen sich zusammen mit Oma eine kleine Süßigkeit, andere Kunden besorgen sich das, was vielleicht gerade in der Küche fehlt. Vier Vollzeit-Mitarbeiterinnen sorgen dafür, dass die Menschen aus der Gegend alles
das bekommen, was sie benötigen. Zusätzlich gibt es eine Mitarbeiterin in Teilzeit – zum Beispiel für die notwendigen Urlaubsvertretungen.
Der Lintler Laden könne und wolle nicht mit den großen Discountern mithalten, erklärt Cord Wahlers. Er ist zweiter Vorsitzender des wirtschaftlichen Vereins, der das Geschäft betreibt. Der Lintler Laden mit seinen rund 3.000 Artikeln sei ausdrücklich dafür da, den Grundbedarf der Kunden abzudecken. Zum Vergleich: Die großen Discounter führen 12.000 bis 15.000 Artikel.
Spezialisiert ist der Lintler Laden auf frisches Gemüse, erzählt Wahlers. „An- sonsten sind uns regionale Produkte sehr wichtig. Was wir beziehen können nehmen wir.“ Zu Wahlers’ Auflistungen ge- hören neben Biogemüse auch Eier, Kartoffeln und hausgemachte Suppen. „Wir sind froh über die sehr gute Qualität unseres Gemüses und unseres Obstes.“ Eine Schlachterei aus der Region liefert für die Kunden überdies zwei Mal wöchentlich vorbestellte Ware – „in Pfandboxen“, wie Wahlers anmerkt.
Forschungen zur Nahversorgung
Der wirtschaftliche Verein hat nach Auskunft von Wahlers rund 100 Gesellschafterinnen und Gesellschafter. Damit gilt das Geschäft nicht mehr nur als Dorfladen. Vielmehr ist es auch ein sogenannter Bürgerladen, der auch von einer Genossenschaft getragen werden kann. Diese Abgrenzung haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts für ländliche Räume vorgenommen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Dynamik der Nahversorgung in ländlichen Räumen“ wurden die Funktionen von mehr als 100 Geschäften abgefragt. Zwar gebe es die komplette Auswertung erst Ende Juli, doch erste Erkenntnisse liegen laut Patrick Küpper, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Thünen-Instituts, bereits vor. Auf der Angebotsseite zeige sich grundsätzlich bei den Dorf- beziehungsweise Bürgerläden ein Trend zur Regionalität, es gebe Mittagstische und die Betreiberinnen und Betreiber würden Kooperationen für besondere Waren eingehen.
Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler indes verwundert habe: Anders als vermutet, spiele das Thema Regionalität bei der Kundenseite als Umsatzbringer keine wesentliche Rolle. Dafür achteten die Kundinnen und Kunden darauf, alles Benötigte dort einkaufen zu können. Die ursprünglich hohe Bedeutung der Preise nehme bei der Kaufentscheidung etwas ab, erläutert Küpper.
Entgegen der Thünen-Ergebnisse spielt indes im Lintler Laden Regionalität eine große Rolle – gerade auch für den Umsatz, betont Vereinsvize Wahlers. Er und seine Mitstreiter passen hingegen in Sachen Funktion als Kommunikationstreffpunkt für das Dorf und die Umgebung voll ins Raster der Wissenschaftler. „Das kann man viel deutlicher feststellen“, sagt Küpper.
Wahlers setzt noch eins drauf: „Der Schnack bei Kaffee und Kuchen ist extrem wichtig.“ Deshalb gibt es gleich links vom Eingang des Lintler Ladens eine gemütliche Sitzecke. Mit der Treffpunkt-Funktion der Dorf- und Bürgerläden einher geht laut Küpper der Umstand, dass sie wichtig sind für das soziale Gefüge. „Man könnte es auch soziales Verantwortungsbewusstsein nennen“, sagt der Wissenschaftler. Seine Aussage untermauert er mit einem Beispiel: Wenn ein Familienmitglied auf den Einkauf im Dorf- oder Bürgerladen angewiesen ist, motivierte das auch die anderen, ebenfalls dort einzukaufen. Auch dies geschieht in Bendingbostel.
Laut Wahlers ziehen die Kunden aller Alters- und Gesellschaftsschichten an einem Strang. Am Wochenende seien es mehr Familienväter, die zum Beispiel frische Brötchen kaufen. Unter der Woche kommen eher die Berufstätigen sowie die Schülerinnen und Schüler.