Studie: Armut ist mehr ein Großstadtproblem

Armut ist in Deutschland nach wie vor ungleich verteilt. Besonders in den deutschen Großstädten ist die Armutsquote höher als im Bundesdurchschnitt. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann-Stiftung.
von Karin Billanitsch · 2. April 2019
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Armut ist in Deutschland vor allem ein Problem in den Großstädten. So betrug der Anteil der Sozialleistungsempfänger an der Bevölkerung deutschlandweit 10,1 Prozent. In den Großstädten, also den Städten über 100.000 Einwohnern, lag er dagegen bei 14,0 Prozent, also knapp vier Prozentpunkte höher. Das ist das Ergebnis einer neuen Bertelsmann-Studie „Monitor nachhaltige Kommune“. Es geht im Rahmen der Adenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Developement Goals (SDG)) schwerpunktmäßig um das Nachhaltigkeitsziel 1: „Keine Armut“. Die Studie nutzt Zahlen aus dem Jahr 2016.

Ruhrgebiet besonders betroffen

Die Armut zeigt sich laut der Studie besonders im Ruhrgebiet: Unter den Großstädten, in denen die Armut zugenommen hat, befinden sich alle 13 Ruhrgebietskommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern; Zum Vergleich: in allen zehn ostdeutschen Großstädten gibt es eine geringere Armutsquote als noch vor zehn Jahren.

 „Der Anstieg der Armut im Ruhrgebiet lässt sich vor allem auf den noch nicht vollständig bewältigten Strukturwandel zurückführen“, heißt es in einer Mitteilung der Bertelsmann-Stiftung. Da aktuell nur Daten bis 2016berücksichtigt wurden, konnten die Auswirkungen der starken Zuwanderung ab 2015 auf die Armutssituation in den Großstädten nur zum Teil erfasst werden, heißt es.

Befragung der Verwaltungschefs

Darüber hinaus hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Stiftung kommunale Verwaltungschefs befragt. 66 Prozent der Befragten sagen, dass die Armut vor Ort in den letzten 10 Jahren inetwa gleich geblieben sei. 11 Prozent der Verwaltungschefs gehen von einer gestiegenen Armut aus. Und 23 Prozent berichten, dass die Armut gesunken sei.

Nimmt man die Großstädte besonders unter die Lupe, ergibt sich folgendes Bild: Während über alle Kommunen betrachtet die Armut vor Ort nur für sechs Prozent der Verwaltungschefs „ein großes“ oder „sehr großes Problem“ darstellt, ist dies in Großstädten über 100.000 Einwohner für fast jeden Vierten der Fall (22 Prozent).

Viele Maßnahmen werden ergriffen

Alle befragten Verwaltungschefs von Großstädten geben an, dass sie bereits vielfältige Maßnahmen ergriffen haben, um Armut zu bekämpfen und zu vermeiden. Vor allem die Umsetzung der Sozialgesetze des Bundes und der Länder, aber auch freiwillige Aufgaben, wie zum Beispiel die Förderung von Kinder- und Jugendeinrichtungen oder von Sport-, Kultur- und Verkehrsangeboten, wurden hier genannt. Allerdings sehen die Verwaltungschefs noch weiteren Verbesserungsbedarf: bei der Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung sowie bei freiwilligen sozialen Leistungen, die vielfältig, gut zugänglich und gezielt auf einzelne Stadtteile angepasst sind.

In Ballungsräumen Quartiere betrachten

„Großstädte sollten vor allem für mehr Transparenz darüber sorgen, wie Armut in der jeweiligen Kommune verteilt ist. Dies kann in Form von kleinräumigen Armutsberichten geschehen", sagt Kommunal-Expertin Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung. So zeige sich immer öfter, dass es in Ballungsräumen einzelne Quartiere gibt, in denen sich soziale, aber auch wirtschaftliche und umweltbezogene Problemlagen bündeln.

Transparenz über die Gesamtsituation in einzelnen Stadtteilen sei eine Grundvoraussetzung dafür, so Kirsten Witte weiter, dass Großstädte eine integrierte Strategie für die nachhaltige Bekämpfung und Vermeidung von Armut entwickeln könnten.“ Hierzu böte sich vor allem der Aufbau eines kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements an, das auf die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen ausgerichtet ist.

Gute Beispiele für ein integriertes Monitoring im sozialen Bereich, das auch auf das Thema „Armut“ eingeht, nennt die Studie auch: die Städte Düsseldorf, Gelsenkirchen, Stuttgart oder Freiburg

 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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