Wie Kommunen sich vor Hochwasser schützen können

Starkregen, Hitze, Stürme: Städte, Landkreise und Gemeinden müssen sich künftig auf immer mehr und immer stärkere Extreme beim Wetter einstellen, warnen Experten. Das erfordert ein Umdenken beim kommunalen Hochwasserschutz.
von Karin Billanitsch · 15. Juni 2016
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Sintflutartige Regenfälle, lokale Sturzfluten, Niederschlags-Tsunami: Diese Begriffe beschreiben die schweren Unwetter der vergangenen Tage und Wochen, die sich vor allem in Kommunen im Süden und Westen Deutschlands abspielten. Dazu noch ein Tornado in Hamburg. Gezeigt haben die extremen Wetterereignisse vor allem eines: Jeder kann betroffen sein. Auch kleine Bäche können sich binnen Stunden zu reißenden Gewässern mit zerstörerischer Kraft verwandeln. Gezeigt hat sich auch, dass der Hochwasserschutz in Deutschland dringend verbessert werden muss. Alle Experten sind sich einig, dass sich die Städte, Landkreise und Gemeinden künftig auf immer mehr und immer stärkere Extreme beim Wetter einstellen müssen – Grund dafür ist insbesondere der Klimawandel.

Diskussion zum kommunalen Hochwasserschutz in Berlin

„Es ist nicht ortsgenau vorhersehbar, wo etwas passieren wird“, warnte Professorin Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, vor Kurzem in Berlin. Anlässlich der „Woche der Umwelt 2016“ diskutierten Experten über Hochwasservorsorge in Kommunen. Klar wurde während der Diskussion, dass „sehr viele Einzelmaßnahmen zur Klimaanpassung nötig sind“, wie Jessel sagte. Sie betonte insbesondere die wichtige Funktion von neuen Auengebieten beim Hochwasserschutz. Beispiel Lenzesser Elbtalaue in Brandenburg im Landkreis Priegnitz: Durch die Deichrückverlegung entsteht ein Auenwaldgebiet von insgesamt rund 400 Hektar Fläche – ein wichtiger Beitrag zur regionalen Hochwasservorsorge.

Dass die Schäden durch Hochwasserereignisse so stark angestiegen sind, liegt auch daran, dass viele natürliche Überflutungsräume verschwunden sind und in gefährdeten Gebieten gebaut wird. „Wir benötigen mehr großflächige Retentionsräume“, betonte Otto Schaaf, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und Vorstand der Stadtentwässerungsbetriebe der Stadt Köln. In den Hochwasserschutz der Stadt Köln sind binnen 20 Jahren rund 430 Millionen Euro investiert worden. Darüber hinaus müsste Bauen in Überschwemmungsgebieten eingeschränkt werden. Helge Wendenburg aus dem Bundesumweltministerium pflichtet Schaaf bei: „Wenn am Fluss gebaut wird, müssen wir dafür sorgen, dass wir kein zusätzliches Hochwasserrisiko schaffen.“ Er sei aber gegen ein rigoroses Bauverbot. Nach geltendem Recht dürfen Kommunen durch Bauleitpläne keine neuen Baugebiete in Überschwemmungsgebieten mehr ausweisen.

Flächen nur versiegeln, wenn unbedingt nötig

Einer der wichtigsten Grundsätze für die Bebauung von Flächen, den Kommunen beherzigen müssen, lautet, Flächen nur dort zu versiegeln, wo das unbedingt nötig ist. Bei Neubaugebieten lässt sich das vorsorglich einplanen. Zusätzlich können versiegelte Flächen reduziert werden und Grünflächen in Siedlungsgebieten entwickelt werden, sagte Professorin Beate Jessel. Planer könnten Fließwege des Wassers identifizieren, den Abfluss lenken und versickern lassen. Zu einem Maßnahmenbündel gehört darüber hinaus auch die Renaturierung von kleineren Fließgewässern, sagte die Expertin weiter.

Doch ebenso wichtig wie der technische Hochwasserschutz sei es, seine Grenzen aufzuzeigen. „Mittelfristig und langfristig ist auch Eigenvorsorge der Bürger notwendig.“ Auch bei kleineren Gewässern sei Vorsorge nötig, wie sich aktuell gezeigt habe.

Solidarische Versicherung gefordert

Der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold (SPD) forderte zudem eine solidarische Elementarschadensversicherung. „Die aktuellen Unwetterschäden in meinem Wahlkreis Rottal-Inn, wie in ganz Deutschland zeigen, dass jeden Hauseigentümer solch ein Unglück treffen kann.“ Schon vor drei Jahren habe er in den Koalitionsvertrag einen Prüfauftrag für eine Elementarschadensversicherung für alle hinein verhandelt. „Die Ereignisse der letzten Woche zeigen, eine solche Versicherung ist genauso notwendig, wie der Schutz bei Brandfällen.“ Der Vorteil einer solidarischen Pflichtversicherung seien niedrige und bezahlbare Beiträge für alle. Denn heute würden viele Menschen keine Elementarschadensversicherung zu bezahlbaren Preisen erhalten.
 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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