Wohnungen statt Kasernen

Wie Kommunen von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben militärische und andere Liegenschaften verbilligt erwerben können, um Flüchtlinge unterzubringen oder bezahlbare Sozialwohnungen zu bauen.
von Karin Billanitsch · 19. April 2016
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Seit Mitte September 2014 ist die Garnison Schweinfurt Geschichte. Mit dem Abzug der US-Streitkräfte und Rückgabe der Kaserne geht eine 75 Jahre währende Geschichte als Militärstandort zu Ende – zugleich eröffnet sich eine Chance für die Stadt und den Kreis Schweinfurt, die militärischen Liegenschaften für Wohnungen zu nutzen. Heute sind die Ergebnisse der Konversion bereits zu sehen: In den ehemaligen Ladward Barracks ist eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet worden, eine zivile Nachnutzung ist bereits geplant.

Wenn – wie in Schweinfurt – militärische Flächen zurückgegeben werden, dann kommt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ins Spiel. Sie wird Eigentümerin dieser Flächen und ist für deren Verkauf zuständig. Sie ist verpflichtet – so will es das Gesetz – „wirtschaftlich zu handeln und die Liegenschaften zum Verkehrswert zu veräußern.“ Im April 2015 hat der Bundestag der BImA gestattet, Konversitionsgrundstücke verbilligt abzugeben.

Kommunen haben den ersten Zugriff

„Die Kommunen werden durch den Verkauf verbilligter Liegenschaften unterstützt und haben darüber hinaus eine Erstzugriffsoption“, erläutert Axel Kunze, Vorstandsmitglied bei der BImA, während einer Kommunalkonferenz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in Berlin. Das heißt, die Kommunen, in deren Gebiet sich die Grundstücke befinden, haben das Recht, zuerst zu kaufen, bevor es anderen potenziellen Investoren angeboten wird. Sie müssen also kein Bieterverfahren durchlaufen. Wichtig zu wissen für kleinere Kommunen: Käufer kann auch eine Beteiligungsgesellschaft sein, die sie mehrheitlich beherrschen.

Der normale Abschlag auf Konversionsliegenschaften wird auf 350.000 Euro (bisher 250.000) erhöht, begrenzt auf 50 Prozent des Kaufpreises. Oben drauf gibt es einen Kaufpreisabschlag, wenn eine Nutzung zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden geplant ist. Er beträgt 150.000 Euro (bisher 100.000 Euro) pro Kaufvertrag erhöht wird. „Damit wird der Erwerb insgesamt bis zu 500.000 Euro pro Kaufvertrag billiger“, sagt Kunze. Der Abschlag ist allerdings begrenzt auf 80 Prozent des Kaufpreises.

Verbilligter Kaufpreis auch bei sozialem Wohnungsbau

Außerdem macht Kunze auf eine Neuheit aufmerksam:  „Es wird auch der verbilligte Verkauf von Nicht-Konversionsgrundstücken gestattet, wenn der Vertrag mit einer Zweckbindung für den sozialen Wohnungsbau verbunden wird. “ Pro Wohneinheit betrage die Förderung 25.000 Euro pro Wohnung, begrenzt auf 80 Prozent des Gesamtkaupreises. Allerdings „handelt es sich hier um eine Beihilfe, daher ist europäisches Beihilferecht zu beachten“, sagt der Fachmann.

Ziel der Bundesregierung ist es, schnell zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Dabei geht es um die Förderung strukturellen Leerstandes, was so viel bedeutet, dass es keine vermieteten und bewohnten Wohnungen zum verbilligten Preis gibt. „Wir haben vielen Kommunen Listen mit den Grundstücken geschickt, die ihr Gebiet betreffen“, sagt Kunze. Doch es sei von vielen keine Rückantwort  gekommen. Er appelliert an die Kommunen, sich bei der BImA zu melden und den bedarf zu schildern. Ob das angebotene Grundstück sich aber für sozialen Wohnungsbau eignet, muss die Gemeinde selbst prüfen.

In der Praxis bedeuten die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Kommunen, dass beim Kauf das baurechtliche Verfahren schon weit fortgeschritten sein muss. Bereits beim Kauf muss zum Beispiel klar sein, wie viele Sozialwohnungen bei dem Projekt geplant sind, in welchen Zeitraum die Wohnungen gebaut werden, und wie viel Gewinn geplant ist. Spätestens drei Jahre nach Eigentumsübergang müssen die Wohnungen fertig sein. Kunze: „Da die Städte bei diesem Weg gezwungen sind, sich frühzeitig Gedanken zu machen, sollte das kein Problem sein. Alle wollen, dass schnell etwas passiert.“

In Schweinfurt haben die Stadtoberen die Chance, günstig an große Grundstücke zu kommen, genutzt. Im Februar 2015 wurde der Kaufvertrag über den Kauf von 26 Hektar ehemaliges Kasernengelände unterschrieben. Derzeit können mehr als 800 Flüchtlinge aufgenommen werden. In zehn Jahren wird auf dem Areal der neue Campus der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt stehen.

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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