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Für eine sozialere Bodenpolitik

Bezahlbares Bauland sei notwendig, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen. Im Gastbeitrag erklärt sie die wichtigsten Punkte des geplanten Baulandmobilisierungsgesetzes.
von Ulli Nissen · 5. März 2021
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Der größte Hemmschuh für mehr bezahlbare Wohnungen ist nach wie vor der Mangel an bezahlbarem Bauland. Wie sieht also eine soziale Bodenpolitik im 21. Jahrhundert aus? Um Antwort auf diese Frage zu finden, haben wir eine Expertenkommission „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ eingesetzt.

Nach neun Monaten intensiver Arbeit hat die Bodenkommission am 2. Juli 2019 Handlungsempfehlungen vorgelegt. Es konnten seither bereits viele Maßnahmen umgesetzt werden. Das Herzstück der Empfehlungen der Baukommission war jedoch die Novellierung des Baurechts. Am 4. November 2020 hat das Bundeskabinett endlich den Entwurf eines Baulandmobilisierungsgesetzes verabschiedet und dem Deutschen Bundestag (BT-Drs. 19/24838) zur weiteren Beratung zugeleitet. Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion sind die wichtigsten Punkte:

Der sektorale Bebauungsplan

Nach dem heutigen § 34 des BauGB kann in Ortsteilen, die im Zusammenhang bebaut sind, alles gebaut werden, was sich in die nähere Umgebung einfügt. Bei Investor*innen erfreut sich dieser Paragraf großer Beliebtheit, denn die Einflussmöglichkeiten der Kommunen sind gering. Zudem ist eine beschleunigte Bauplanung möglich. Mit dem neuen Baulandmobilisierungsgesetz (§ 9 Abs. 2d BauGB) wird die Möglichkeit für Kommunen geschaffen, einen Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung in bestimmten Gebieten aufzustellen. Mit diesem Bebauungsplan können Kommunen nun verpflichtend einen Anteil an bezahlbaren Wohnungen festlegen. Kommunen können somit wieder mehr Einfluss darauf nehmen, was und für wen gebaut wird.

Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts

Kommunen müssen Bauland leichter erwerben und für den Bau bezahlbarer Wohnungen bereitstellen können. Wenn es der angespannte Wohnungsmarkt erfordert, sollen Kommunen ihr Vorkaufsrecht für Grundstücke leichter ausüben können. Zudem soll in Gebieten mit angespannter Wohnungsmarktlage ein neues besonderes Vorkaufsrecht an brachgefallenen, unbebauten oder geringfügig bebauten Grundstücken eingeführt werden (§§ 24, 25, 28 BauGB).

Baugebot

Das bisherige Baugebot (§ 176 BauGB) wird in der kommunalen Praxis aus verschiedenen Gründen kaum angewandt. Es wird daher vereinfacht und verbessert. Künftig wird das Vorliegen einer angespannten Wohnungsmarktlage als Begründung eines Baugebotes anerkannt. Mit diesem neuen Baugebot können Kommunen künftig Eigentümer*innen einfacher verpflichten, Wohnungen zu bauen. Bodenspekulationen können so besser verhindert werden. Wenn die Eigentümer*innen nicht bauen wollen, kann die Stadt das Grundstück übernehmen – auch zugunsten ­einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft oder einer Genossenschaft, die dort bauen will. Es sind Ausnahmen für Familienmitglieder der Grundstückseigentümer*innen vorgesehen. Wenn etwa die Tochter ­­eines Grundstückseigentümers künftig ein Haus auf dem Grundstück bauen möchte, soll das möglich ­bleiben.

Umwandlungsschutz

Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nimmt besonders in den Großstädten zu. In Frankfurt sind innerhalb der letzten fünf Jahre 4.000 Wohnungen umgewandelt worden. Das ist ein ganzer Stadtteil. Die Folge ist, dass preiswerte Mietwohnungen verloren gehen und die Mieter*innen aus den Stadtvierteln verdrängt werden. Ein neu eingefügter Paragraf (§ 250 BauGB) soll es den Ländern ermöglichen, Gebiete zu bestimmen, in denen Mietwohnungen nicht einfach in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können. Die entsprechende Verordnung soll bis maximal 31. Dezember 2025 gelten. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird dann in diesen Gebieten genehmigungspflichtig und könnten somit auch verhindert werden. Städte können also künftig Mieter*innen besser vor Umwandlung schützen.

Dörfliches Wohngebiet

In der vergangenen Legislaturperiode wurde die Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ neu eingeführt. Um das Nebeneinander von Wohnen und landwirtschaftlichen Betrieben und gewerblicher Nutzung in Dörfern zu erleichtern, wird nun eine neue Gebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ eingeführt.

Parlamentarisches Verfahren

Das Baulandmobilisierungsgesetz ist innerhalb der Großen Koalition ­äußerst umstritten. Insbesondere der Umwandlungsschutz und das Baugebot sind der Union ein Dorn im Auge. Daher verzögert die Union immer wieder das parlamentarische Verfahren. Nun war die erste Lesung des Baulandmobilisierungsgesetzes im Deutschen Bundestag am 28. Januar 2021. Danach starteten die parlamentarischen Beratungen. Ich persönlich fände es wichtig, dass wir im parlamentarischen Verfahren eine Verlängerung des Zeitraums für den Umwandlungsschutz erreichen. Außerdem sollte die Befristung mit einer Evaluierung versehen werden, um auf ­einer fachlichen Grundlage über eine mögliche Verlängerung entscheiden zu können.

Ulli Nissen ist Bundestagsabgeordnete (SPD) und Mitglied im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen.

Dieser Beitrag stammt aus dem „Landes-SGK EXTRA Hessen” der DEMO und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Hessen.

Autor*in
Ulli Nissen

ist SPD-Abgeordnete im Deutschen Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen

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