Wie umgehen mit der AfD in demokratischen Körperschaften?
IMAGO/Sebastian Gabsch
Die AfD ist weiter auf dem Vormarsch in die demokratisch gewählten Körperschaften. Ihre zunehmende Präsenz in den Kommunen und die damit aufgeworfene Frage des Umgangs der SPD mit dieser bedrohlichen Entwicklung ist Anlass für eine Positionsbestimmung und Handlungsempfehlung für die Aktiven in der Kommunalpolitik.
In der öffentlichen Diskussion um den Umgang mit der AfD auf Kommunal- oder Regionalebene wird immer wieder behauptet, Kommunalpolitik sei in großen Teilen lediglich „Sachpolitik“ und folglich könne man hier mit dieser Partei auch zusammenarbeiten bzw. zusammen abstimmen. Auch der Umstand, dass die Vertreter in den öffentlichen Körperschaften demokratisch gewählt und daher nicht übergangen werden können, wird genannt.
Strategie der Unterwanderung
Diese Sichtweise übersieht jedoch, dass die Ausweitung der Präsenz der AfD auf Kommunal-, Regional- und Landesebene Bestandteil einer Strategie der Normalisierung ist. Die AfD bekundet in ihren Programmen und Reden eine Ausgrenzung von Personengruppen und eine Verachtung grundlegender demokratischer Umgangsformen und Prinzipien. Um ihre antidemokratischen Vorstellungen politisch legitimiert durchsetzen zu können, strebt die AfD danach über die Kommunalpolitik zu einem akzeptierten politischen Akteur und damit zu einem Teil der politischen „Normalität“ zu werden. Die Kommunalpolitik dient für die AfD lediglich als Zugang zu demokratischen Institutionen um sie – demokratisch legitimiert – zu zerstören. Diese Strategie der Normalisierung und Unterwanderung ist daher von Seiten der SPD in aller Schärfe abzuwehren!
Für die Sozialdemokratie gilt grundsätzlich, dass der Rechtsextremismus von Beginn an bekämpft werden muss und eine Kooperation auch auf kommunaler Ebene inakzeptabel ist. Wer danach strebt die Demokratie zu zerstören, darf nicht in demokratische Verfahren einbezogen werden. Soweit wie es die formalen Regeln zulassen wird dringend empfohlen alle Formen der Zusammenarbeit mit der AfD zu verweigern.
Inhaltlich abgrenzen
Aus der konsequenten Ablehnung von AfD-Positionen folgt für die Sozialdemokratie eine ebenso konsequente Verweigerung einer populistischen Annäherung an oder Übernahme von rechtem Gedankengut. Im Kontrast zu autoritären und antidemokratischen Positionen der AfD muss die SPD ihre Vorstellungen von Gleichheit, Freiheit, Solidarität und sozialer Gerechtigkeit – auch in der Kommunalpolitik – stärker hervorheben. In der Kommunalpolitik werden die Grundlagen für eine sozial gerechte Gesellschaft gelegt, sie ist daher auch politischer als vielfach angenommen wird.
Aus dieser Positionsbestimmung folgen Empfehlungen für den praktischen Umgang mit der AfD in der Kommunalpolitik: Es ist deutlich zu unterscheiden zwischen Zusammenarbeit bzw. Kooperation und Abstimmungsverhalten. Zusammenarbeit im kommunalpolitischen Alltag bedeutet gegenseitige Konsultation, für die politische Unterstützung für Vorhaben (z.B. Anträge, Stellungnahmen) zu werben oder im Zuge von Haushaltsberatungen gegenseitige Unterstützung aushandeln. Auch gemeinsame öffentliche Auftritte auf Diskussionspodien ist jeweils Kooperation bzw. Zusammenarbeit. Diese Formen der Zusammenarbeit mit der AfD sind generell auszuschließen.
Abstimmungsverhalten
Was in der öffentlichen Diskussion aber von dieser Zusammenarbeit nicht sorgfältig getrennt wird, ist das Abstimmungsverhalten. Es kann nicht verhindert werden, dass die AfD einem SPD-Antrag zustimmt, bzw. ein SPD-Antrag die entscheidende Mehrheit durch die Stimme(n) der AfD bekommt.
Wenn die AfD einen Initiativantrag stellt und z.B. den Bau eines tatsächlich notwendigen Kindergartens beantragt, ist ein derartiger Antrag ebenfalls generell abzulehnen. Um dennoch zu den erforderlichen praktischen Lösungen zu kommen, sollen in diesen Fällen jeweils eigene Anträge formuliert werden, die durch entsprechende Formulierungsänderungen vom AfD-Antrag unterscheidbar gemacht werden.
In der Öffentlichkeit muss diese Ausgrenzung als Schutz demokratischer Körperschaften vor Unterwanderung durch Rechtsextreme kommuniziert werden.
Eine entsprechende Handlungsempfehlung wurde im Oktober 2023 vom Landesparteitag der SPD-Baden-Württemberg auf Initiative des Kreisverbandes Rhein-Neckar verabschiedet: