Wie die Stadt Preetz klimaneutral werden will

Der Teufel steckt im Detail: Wer kommunale Klimaneutralität ins Auge fasst, muss viele Hebel in Gang setzen und braucht einen langen Atem. Das zeigt das Beispiel der Stadt Preetz
von Susanne Dohrn · 8. November 2022
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Das Ziel ist ehrgeizig: Bis 2030 will Preetz in Schleswig-Holstein klimaneutral werden. Das hat die Stadtvertretung im September 2019 fraktionsübergreifend beschlossen. „Der Vorschlag kam aus der Politik“, sagt Jan Steingräber. Er leitet in der 16.000-Einwohner-Stadt den Fachbereich Bauen und Umwelt. Am Anfang stand in Preetz ein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördertes integriertes Klimaschutzkonzept. 2015 wurde es fertig­gestellt und hilft, Prioritäten zu setzen. Dazu gehören außer der Beratung, der Gebäudesanierung und Stärkung des ÖPNV vor allem die Nutzung von Sonnenenergie, ins­besondere zur Stromerzeugung, und die Versorgung mit Nahwärme.

Die Sonne anzapfen

Um die Nutzung von Solarenergie zu vereinfachen, stellt der Kreis Plön allen Kommunen im Kreisgebiet seit Anfang 2021 ein Solarkataster zur Verfügung. Alle Eigentümer und Eigentümerinnen können – ob privat oder kommunal – die Eignung ihrer Dachfläche für die ­Erzeugung von Strom oder Wärme- und Warmwasserversorgung einsehen. Ein Blick auf das Kataster zeigt: Fast alle Dächer in Preetz bekommen genug Sonne. Theoretisch ließen sich laut Klimaschutzkonzept im Bereich der ­privaten Haushalte etwa 49 Prozent des Strombedarfs mit solarer Energie ­(Photovoltaik) decken und 30 Prozent des Wärmebedarfs (Solarthermie). Doch der Teufel steckt im Detail.

„Dächer haben oft gar nicht die ausreichenden statischen Reserven, um das zusätzliche Gewicht einer Solaranlage zu tragen“, sagt Steingräber. Das gilt auch für städtische Liegenschaften. Wo es möglich ist, hat die Stadt sie schon mit Photovoltaik ausgestattet. Bei weiteren Gebäuden wie der Schwimmhalle wird man die Möglichkeit noch intensiver prüfen. Bei der Feuerwehr wird gerade eine Anlage projektiert, ein Kindergarten erhält zusätzlich einen Batteriespeicher für die schon vorhandene PV-Anlage. Das historische Rathaus steht unter Denkmalschutz. Dieser lässt eine solche Anlage auf dem Dach eher nicht zu.

Schule und Photovoltaik kombinieren

Erste Priorität haben Schulen, denn sie sind Multiplikatoren. Deshalb hat die Stadt in den Schulen Displays anbringen lassen. Steingräber: „Die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern sollen sehen und erleben, wie viel Strom produziert wird.“ Photovoltaik und Schule seien auch deshalb eine gute Kombination, weil der produzierte Strom während der Unterrichtszeit sofort wieder verbraucht werde, und kein ­teurer ­Speicher installiert werden müsse. Beim Privathaushalt ist es umgekehrt. Die Sonne liefert den Strom tagsüber, benötigt wird er abends.

Ein Schulquartier mit zwei Schulen und zwei Turnhallen soll künftig zu 100 Prozent mit erneuerbarer Wärme versorgt werden, die vorrangig aus einer Holzpelletheizung stammt. Das rund 2,2 Millionen Euro teure Projekt wird mit 890.000 Euro von der Landesregierung gefördert. Um den Einsatz von Erdgas zu verringern, ist für die Innenstadt eine Untersuchung geplant, ob regenerative Nahwärmeversorgung möglich ist. Dort ist die Bebauung dicht, dort befinden sich viele kommunale Liegenschaften als Abnehmer für regenerativ erzeugte Wärme. Privateigentümer zu überzeugen sei bisher schwierig gewesen, weil die Preise für Energie niedrig waren. Gut möglich, dass sich das gerade ändert.

Sanierungsfahrpläne für Privatleute erstellen

Alle Fäden laufen beim Klimaschutzmanager Klaus Czittrich zusammen. Privateigentümerinnen und Privateigentümern rät er, einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erstellen zu lassen. Der wird für Ein- und Zweifamilienhäuser im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Wohngebäude“ vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gefördert. Er zeigt Einsparungen und sinnvolle Investitionen auf. Zudem beinhaltet er den Anspruch auf eine zusätzliche fünfprozentige Förderung für Maßnahmen, z. B. an der Gebäudehülle. Die Sanierung eines Altbaus sei oftmals ökologischer, so Czittrich, denn „für Neubauten werden unglaublich viele Rohstoffe verbraucht.“ Ob Preetz es schafft, bis 2030 klima­neutral zu werden? „Fragen Sie uns 2028“, sagt der Klimaschutzmanager. Der Bauamtsleiter ist verhalten optimistisch. „Die Verwaltung und ihre Einrichtungen können das bis 2030 schaffen.“

Autor*in
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und SPD-Ratsfrau in Tornesch

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