Rezension

Städte als Zukunftslabore

Technologie kann der Schlüssel zu einer besseren Gesellschaft sein, meinen Georg Diez und Emanuel Heisenberg. Dafür müsse sie richtig eingesetzt werden. Der Schlüssel liege in den Kommunen.
von Carl-Friedrich Höck · 1. September 2020
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Neue Technologie kann ein Monster sein, das uns beherrscht – oder eine Chance, vieles besser zu machen. Es liegt an uns. Das ist eine Kernbotschaft des Buches „Power to the people“, das der Journalist Georg Diez gemeinsam mit dem Start-up-Gründer Emanuel Heisenberg geschrieben hat. Denn die Technologie sei nur ein Werkzeug. Wie wir es nutzen und damit die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten, gelte es jetzt zu diskutieren.

Als Beispiel nennen sie die Vision der „Smart City“: Im schlimmsten Fall könne sie uns zunehmend abhängig machen von großen Technologie-Unternehmen, die als Monopolisten über unsere Daten herrschen. Für Diez und Heisenberg sind Daten aber öffentliches Gut, ein „Teil der öffentlichen Infrastruktur“. Wer nämlich die Daten kontrolliere, bestimme auch politische und wirtschaftliche Prozesse. In einer Demokratie müsse diese Macht in die Hände der Bürger*innen gelegt werden. Wie es besser gemacht werden kann, habe Barcelona gezeigt. Dort sei es gelungen, „eine Stadt, eine Verwaltung, eine Zivilgesellschaft mit digitalen Mitteln so zu modernisieren, dass sie tatsächlich humaner wird, transparenter, dass sich das Verhältnis zwischen Behörden und Bürger*innen entscheidend ändert, dass die kleinen und mittleren Unternehmen profitieren, wenn sie die Ressource der Daten nutzen können, die sich sonst die Monopolisten aneignen.“

Überhaupt liege der Schlüssel für die Gesellschaft der Zukunft im Lokalen, meinen Diez und Heisenberg. Städte seien Labore, in denen experimentiert werden könne und wo die Politik zugleich pragmatischer agiere als auf nationaler Ebene. Hier würden die Pariser Klimaziele mit Leben gefüllt, dank Kreislaufwirtschaft oder Urban Gardening. Hier könnten Daten und Software genutzt werden, um Frühwarnsysteme gegen Gentrifizierung zu etablieren oder Radwege besser zu planen. Und auch für die demokratische Mitbestimmung eröffne die Digitalisierung neue Möglichkeiten, die im Lokalen erprobt werden.

Den beiden Autoren ist ein anregendes Buch gelungen, auch wenn ihre Ausführungen teils sehr theoretisch und abstrakt ausfallen. Nicht alle Gedanken werden stringent zu Ende geführt. Die spannenden Praxisbeispiele reißen Diez und Heisenberg oft nur kurz an und erläutern sie wenig. Ziel der Autoren ist aber auch nicht, die Welt zu erklären – sondern die Leser*innen zum Nachdenken anzuregen, wie die demokratische Gesellschaft der Zukunft aussehen könnte.

Georg Diez, Emanuel Heisenberg:
Power to the people.
Wie wir mit Technologie die Demokratie neu erfinden
Hanser Berlin 2020, 176 Seiten, 18,00 Euro, ISBN 978-3-446-26417-5

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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