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Jugendparlamente: über Parteigrenzen hinweg

Jugendparlamente und -foren bilden sich in vielen Städten und Gemeinden. Der Zugang zur Kommunalpolitik wird dadurch leichter.
von Ulf Buschmann · 13. April 2023
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Das WLAN: In Schulen und der City sollte es funktionieren und frei zugänglich sein. Das wünschen sich Jugendliche und junge Erwachsene für den Bremer Stadtteil Vegesack. Darum werden sich die Mitglieder des Jugendbeirates auf jeden Fall in den kommenden Wochen kümmern. Erst einmal aber ist ihnen daran gelegen, bekannter zu werden. Deshalb nimmt die Diskussion über Marketingmaßnahmen und Merchandising-Artikel breiten Raum ein. An der Sitzung an diesem Abend sind sieben von acht Mitgliedern anwesend – und die Ideen sprudeln.

Den Jugendbeirat Vegesack gibt es seit November 2022. Er ist eines von neun sogenannten Beteiligungsprojekten für Kinder- und Jugendliche in der Stadt Bremen. Diese teilen sich auf in Jugendbeiräte und Jugendforen. „Ein ­Jugendbeirat ist ein Gruppe Jugendlicher, die von anderen Jugendlichen gewählt wurden, um ihre Interessen im Stadtteil zu vertreten“, informiert das Portal „Jugendinfo.de“ der ­Stadtgemeinde Bremen: „Ein Jugendforum ist ebenfalls eine Gruppe Jugendlicher, die sich zusammengeschlossen haben, um in ihrem Stadtteil etwas zu verändern. Sie werden nicht gewählt.“

Bundesweites Projekt

Sinn und Zweck der Gremien ist es, Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Weg in die Kommunalpolitik zu ebnen. Allerdings ist es nicht eine Bremer Idee, sondern Bestandteil eines bundesweiten Projekts der „Akademie für Kinder- und Jugendparlamente“. Diese „unterstützt bundesweit mit politischer Bildung den Aufbau, das Wirken und die Kontinuität von Kinder- und Jugendparlamenten und stärkt somit demokratische ­Teilhabe“, heißt es auf der Web­seite. Träger wiederum ist der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB). Gefördert wird das Ganze bis einschließlich 2024 vom Bundesministerium für ­Familie, Frauen, Senioren und Jugend.

Angebunden sind die Jugendbeiräte und Jugendforen an die Ortsämter der Stadt Bremen. Von dort und aus den Stadtteilbeiräten gibt es wertvolle Ratschläge. Diese ermöglichen es den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sich untereinander sowie mit Einrichtungen vor Ort wie Schulen oder Trägern der Jugendarbeit zu vernetzen. Und geht den kommunalpolitisch engagierten Jugendlichen etwas gegen den Strich, lassen sie es unter anderem die zuständigen Stellen spüren. So hat sich erst kürzlich der Jugendbeirat ­Horn-Lehe scharf gegen eine Kürzung der Jugendglobalmittel ausgesprochen. Aus diesem Topf wird die Arbeit der ­Jugendbeiräte und Jugendforen bezahlt.

Wachsendes Interesse an Politik

Auch wenn es – wie in Bremen üblich – wegen des knappen Geldes kräftig im Gebälk knarzt, sind die Gremien für junge Leute der richtige Weg, um Zugang zur Kommunalpolitik zu bekommen, findet Jolina Wolf. Sie und Koray Köroglu sind Sprecher des Vegesacker Jugendbeirats. Jolina Wolf hat festgestellt, dass das kommunalpolitische Interesse nicht nur bei ihr selbst, sondern auch bei den Menschen in ihrer ­Altersgruppe größer geworden sei. Jolina Wolf ist 16 Jahre alt. Allerdings haben die jungen Engagierten ein anderes Verständnis von Kommunalpolitik. „Man sollte über ­Parteigrenzen hinweg an Themen ­herangehen“, sagt Jolina Wolf.

Mit diesem Blick auf die Kommunalpolitik steht die Vegesacker Jugendbeiratssprecherin nicht allein da. Dass sich Politik für die Stadt machen lässt, zeigen auch die Mitglieder des Bremerhavener Jugendparlaments (JUPA), das seit Dezember 2022 besteht. Wer sich dort engagiere, habe überhaupt keine Parteigrenze im Kopf, verdeutlichten die stellvertretende JUPA-Sprecherin Rojin Delal Karakaya und Pressesprecher Benedikt Fincke bei einer Diskussion anlässlich des 75. Geburtstages der Bremerhavener Stadtverfassung.

Die Leute des JUPA hätten sich für Arbeitsgruppen entschieden. Jeder könne sich auf diese Weise nach seinen jeweiligen Interessen und Neigungen einbringen, erläuterten Rojin Delal ­Karakaya und Benedikt Fincke. Natürlich diene die Tätigkeit in den JUPA-Arbeitsgruppen auch dazu, sich zu orientieren und zusammenzufinden. Die beiden engagierten Jugendlichen hoffen, dass sie für die Zukunft weitere junge Leute begeistern können, ließen sie doch keinen Zweifel daran, dass sich das Interesse ihrer Altersgenossen an Politik in Grenzen halte. Rojin Delal Karakaya forderte denn auch, Politik nicht erst in Klasse 9 oder 10, sondern „ab der 6. oder 7.  Klasse“ zu unterrichten.

„Jukunft“ in Rotenburg (Wümme)

Einen anderen Weg, Jugendliche und junge Erwachsene kommunalpolitisch einzubinden, geht die Stadt Rotenburg (Wümme). Der Rat der Kreisstadt zwischen Bremen und Hamburg hat jüngst einstimmig grünes Licht für sein Jugendgremium mit dem Namen „Jukunft“ gegeben. Es habe aktuell zwölf feste Mitglieder, erklärt Ann-Christin Beims, Pressesprecherin der Stadt: „Sie sollen und wollen ganz viel selbst machen.“ Erste Projekte seien bereits angeschoben worden.

Organisatorisch ist „Jukunft“ an Bürgermeister Torsten Oestmann (parteilos) und die Erste Stadträtin Bernadette Nadermann angebunden. Außerdem ist ein hinzugewähltes Mitglied mit beratender Stimme im Ausschuss für Jugend und Soziales vertreten.

Autor*in
Ulf Buschmann

Ulf Buschmann ist freier Journalist in Bremen. Für die DEMOKRATISCHE GEMEINDE ist er seit 1998 als Autor tätig.

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