Bundesregierung beschließt Reform des Baugesetzbuches
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf „zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung“ auf den Weg gebracht. Es soll den Wohnungsbau beschleunigen und die Klimaanpassung stärken. Mieter*innen und Musikclubs könnten von der Novelle profitieren.
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Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, vor der entscheidenden Kabinettssitzung am Mittwoch.
Die Bundesregierung plant umfangreiche Änderungen im Baugesetzbuch. Diese seien „ganz wesentlich, damit in Deutschland schneller und einfacher gebaut werden kann“, sagte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) nach der Kabinettssitzung am Mittwoch. Dort wurde der Gesetzentwurf von den Regierungsmitgliedern beschlossen.
Mehr Dachgeschossausbau und Bau-Turbo
Ein Kernstück der Reform: Sie soll mehr Wohnungen ermöglichen, ohne dass dafür aufwendige Bebauungspläne eingeleitet werden müssen. Zum Beispiel wird das „Bauen in der zweiten Reihe“ erleichtert. Das soll es Familien mit Einfamilienhaus und großem Gartengrundstück ermöglichen, dort noch ein zweites Gebäude zu errichten. Und es soll in größerem Umfang als bisher erlaubt werden, bestehende Häuser zu erweitern, insbesondere durch den Ausbau der Dachgeschosse.
Die Regierung will beim Wohnungsbau auch das Tempo verschärfen. Geplant ist ein „Bau-Turbo“. Das ist eine Sonderregelung für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt. Der Bau von Wohnungen wird dort beschleunigt, indem kein gesonderter Bebauungsplan mehr erstellt werden muss. Voraussetzung ist, dass die Kommune zustimmt. Die Sonderregelung soll bis 2027 befristet werden. Wo neue Bebauungspläne notwendig sind, sollen diese in Zukunft spätestens ein Jahr nach Abschluss der Beteiligungsverfahren vorliegen. Wenn bereits ein Bebauungsplan existiert, dieser aber aus rechtlichen Gründen aktualisiert werden muss, soll dies dank einer „Innovationsklausel“ schneller möglich werden. Das bedeutet: Die Kommunen können auf eine erneute Umweltprüfung verzichten und Beteiligungsverfahren straffen.
Mehr Grün in Städten
Geplant sind außerdem neue Vorgaben zur Klimaanpassung. Bauministerin Geywitz erklärte dazu: „Wir begrünen unsere Städte, helfen, Flächen zu entsiegeln, und schützen so die Menschen vor schlimmen Hitzetagen und Überflutungen, indem wir die Fassadenbegrünung leichter ermöglichen und künftig Fristen einführen, bis wann die Bauträger die Hecke gepflanzt oder die Versickerungsmaßnahme vorgenommen haben müssen.“
Der Deutsche Mieterbund hatte zuletzt gefordert, in die Baurechts-Novelle auch eine Regelung aufzunehmen, die das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten wiederherstellt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die bisher gängige Praxis im Jahr 2021 für rechtswidrig erklärt. Auf Nachfrage erklärte Geywitz, das Thema werde weiter diskutiert und befinde sich in der Ressortabstimmung. Ihr Gesetzentwurf stärkt die Position der Kommunen allerdings an einer anderen Stelle: Künftig kann eine Gemeinde ein bestehendes Vorkaufsrecht auch dann nutzen, wenn alle Eigentumswohnungen auf einem Grundstück in einem gemeinsamen Vertrag verkauft werden. Denn de facto werde damit auch das Grundstück als Ganzes verkauft, erklärte Geywitz.
Sonderstellung für Musikclubs
Von den Neuerungen profitieren könnten sogar Musikclubs. Im Städtebaurecht will die Regierung für sie eine eigene Nutzungskategorie einführen. Damit wären sie rechtlich nicht mehr mit anderen Vergnügungsstätten gleichgestellt. Gemeinden sollen in Zukunft eigenständige Sondergebiete für Musikclubs ausweisen können, beispielsweise innerhalb eines Gewerbegebietes. Geywitz hofft, dass die Clubs dort dann nicht mehr so leicht verdrängt werden können. „Musikclubs sind Kultur“, betonte sie.
Mit dem Entwurf soll sich nun der Bundestag befassen. Bis Ende 2024 solle das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein, hieß es am Mittwoch aus dem Bauministerium. Auch Bernhard Daldrup, stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, mahnte zur Eile: „Bauwirtschaft, Wohnungsuchende und Kommunen warten auf die Baurechtsnovelle. Wir wollen zu einer schnellen Verabschiedung kommen und appellieren an alle Beteiligten, keine Rosinenpickerei zu betreiben, sondern das Gemeinwohl in den Vordergrund zu stellen.“ Die Novelle des Bauplanungsrechtes sei keine Kostentreiberin, sondern ein Baubeschleuniger.
Weiterführende Informationen:
Auf der Internetseite des Bundesbauministeriums ist die Kabinettsfassung veröffentlicht.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.