Einigung über Gewalthilfegesetz
Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen sowie CDU/CSU haben sich im Familienausschuss auf das Gewalthilfegesetz geeinigt. Damit rückt die Verabschiedung im Bundestag näher.
Imgao/Guido Schiefer
Plakate, die über Femizide in Deutschland aufklären, hängen in einem Kölner Stadtteil.
„Nach langen, intensiven und konstruktiven Gesprächen wurde zwischen SPD, Union und Grünen eine Einigung erreicht“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Ariane Fäscher, der zuständigen Berichterstatterin.
Rechtsanspruch für Frauen und Kinder
„Das Gewalthilfegesetz kommt und damit auch der Rechtsanspruch auf Schutzplätze und Beratung. Der Bund beteiligt sich erstmalig an der Finanzierung des Gewalthilfesystems in einer Höhe von 2,6 Milliarden Euro“, teilten die Sozialdemokratinnen mit.
Breymaier und Fäscher machten deutlich, dass der Rechtsanspruch einen „Paradigmenwechsel für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder“ bedeutet. Der Bund übernehme Verantwortung und werde die Länder in der Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen finanziell unterstützen. Das Verhandlungsergebnis wurde in der zuständigen Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend erzielt.
Dass der Rechtsanspruch nur für Frauen und Kinder gelten soll, schränkt den Anwendungsbereich im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf allerdings ein. Das bestätigten mit den Verhandlungen vertraute Kreise. Dort waren gewaltbetroffene „Personen“ addressiert. Dieser Passus wurde dem Vernehmen nach auf Drängen der Unionsparteien verändert.
„Sternstunde“ für den Gewaltschutz
Der Verein Frauenhauskoordinierung (FHK), der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen unterstützt, begrüßte „diesen wichtigen Schritt“. Wie angespannt die Situation in den Frauenhäusern und Beratungsstellen seit Jahren ist, wurde in einer Anhörung zum Gesetzentwurf am 27. Januar deutlich, wo es große Zustimmung und einen dringlichen Appell gab, das Vorhaben noch in dieser Legislatur zu verabschieden. Es mangelt an einer auskömmlichen Finanzierung von Beratungsstellen ebenso wie an ausreichend Schutzplätze in Frauenhäusern, berichteten Experten übereinstimmend. Laut Angaben der Frauenhauskoordinierung fehlen 14.000 Plätze bundesweit.
Der Deutsche Frauenrat lobte das Ergebnis als „Sternstunde“ für den Gewaltschutz. „Wir sind erleichtert, dass die Parteien dem Recht auf ein Leben frei von Gewalt den Stellenwert eingeräumt haben, den es verdient“, sagt Sylvia Haller, Vorstandsmitglied des Deutschen Frauenrats und Leiterin des Fachausschusses „Gewalt gegen Frauen beenden”. Es sei lange und hart für diese Einigung gekämpft und an die politischen Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien appelliert worden.
Gleichzeitig nannte der Frauenrat es einen Rückschritt, dass trans*, nicht-binäre und inter Personen nicht mehr einbezogen seien. „Diese Gruppen sind besonders von Gewalt betroffen und bisher unzureichend geschützt“, so Haller.
Bundesrat muss zustimmen
Dass der Handlungsbedarf extrem groß ist, darauf wiesen auch Breymaier und Fäscher in der Mitteilung eindringlich hin: „Laut dem Lagebild Geschlechtsspezifische Gewalt von 2023 begeht in Deutschland fast jeden Tag ein Mann einen Femizid. Knapp 400 Frauen am Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt.“ In den vergangenen Jahren sind diese Zahlen deutlich gestiegen.
Das Gesetz soll noch in dieser Woche auf die Tagesordnung gesetzt werden. Nach der geplanten Verabschiedung im Bundestag muss der Bundesrat dem Gesetz in seiner Sitzung am 14. Februar 2025 noch zustimmen – quasi auf den letzten Metern vor den Bundestagswahlen am 23. Februar 2025.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.